«Dotcom-Blase 2.0»Fallende Aktien, drohende Zölle: Kommt es jetzt zum grossen Tech-Crash?
Pascal Landolt
3.8.2018
Die Aktienkurse der US-Tech-Riesen scheinen seit Jahren nur eine Richtung zu kennen: Stark nach oben. Doch nun gerät der Wachstumsmotor bei Facebook ins Stottern, Apple befürchtet derweil hohe Zölle. Befinden wir uns gerade in einer «Dotcom-Blase 2.0» – und kommt es jetzt zum grossen Tech-Crash?
Mark Zuckerberg hat gerade keine gute Woche hinter sich: Schwächer als erwartete Quartalszahlen und ein trüber Ausblick hatten Facebook an der Börse auf Talfahrt geschickt. Der Aktienkurs des weltweit grössten sozialen Netzwerks fiel zeitweise um 24 Prozent, über Nacht verpufften somit über 150 Milliarden US-Dollar an Marktkapitalisierung.
Der geschockte Aktienmarkt reagierte gar mit einer Klage gegen Firmenchef Zuckerberg und seinen Finanzchef David Wehner.
Hat Facebook dringend Geld nötig?
Zu diesem Umstand kommt jetzt noch die Nachricht hinzu, dass Facebook-Tochter WhatsApp seine Prinzipien über Bord wirft und beginnen wird, in seiner populären Messenger-App ab 2019 auch Werbung anzubieten – etwas, was Firmengründer Jan Koum lange für ausgeschlossen hielt. Doch auch hier steht Facebook unter Druck, mit WhatsApp Geld zu verdienen. Das Unternehmen gab im Jahr 2014 19 Milliarden für den Messenger aus und steht seitdem vor der Frage, wie es das Geld über seine 1,5 Milliarden Nutzer wieder reinbekommt.
Solche Konstellationen von «Bad News» und zukünftigen Herausforderungen führen bei Anlegern, Investoren und Medien oft zu «Fear, Uncertainty and Doubt», also «Furcht, Unsicherheit und Zweifel» oder kurz «FUD», was dann beispielsweise Publikationen wie die «Bild» zur Spekulation verleitet: «Stehen Google, Facebook & Co. vor dem Absturz?».
Wie steht es wirklich um «FAAMG»?
Die Leistung der US-Tech-Titel an der Technologiebörse NASDAQ wird oft nach der Performance seiner grossen Player Facebook, Amazon, Apple, Microsoft und Google – kurz «FAAMG» gemessen.
Und hier schwächelt momentan nur ein Titel – und das ist Facebook. Denn bei den Nutzerzahlen scheint die Spitze erreicht. Stellt sich die Frage, wie der Konzern in Zukunft weiter wachsen will und ob Zuckerberg wirklich das Zeug hat, das Ruder herumzureissen um die Firma in die Zukunft zu segeln. Bei Facebook scheint es momentan also um existentielle Fragen zu gehen.
Anders sieht es bei Amazon aus: Der Online-Riese unter Jeff Bezos (54) blieb beim Umsatz im letzten Quartal zwar leicht unter den Erwartungen, dafür konnte der Profit verdoppelt werden – auf über zwei Milliarden Dollar und damit 13 Mal so viel wie im selben Quartal im Vorjahr. Damit streift Amazon auch sein Image ab, mit hohen Umsätzen immer nur geringe Gewinne einzufahren. Die Firma des reichsten Menschen der Welt entwickelt sich zum Top-Performer. So beschwingt hat sich auch der Aktienkurs von Amazon innert eines Jahres verdoppelt, dank der guten Zahlen an der Gewinnfront deutet auch nicht auf einen Gegentrend hin.
Branchenprimus Applelegt aktuell glänzende Geschäftszahlen vor und hat als erstes US-Unternehmen die Marke von einer Billion Dollar Börsenwert geknackt. Das Unternehmen steigerte seinen Gewinn im abgelaufenen Quartal um mehr als 30 Prozent auf 11,5 Milliarden Dollar und erreichte einen Umsatz von 53,3 Milliarden Dollar – was einem Plus von 17 Prozent zum Vorjahr entspricht. Das Einzige, was Apple jetzt noch einen Strich durch die Rechnung machen könnte, sind die Schutzzölle durch die Trump-Regierung.
Der Softwareriese Microsoftübertraf mit seiner Bilanz zum dritten Quartal des laufenden Fiskaljahres deutlich die Erwartungen der Wall Street. Die Umsätze zogen um 17 Prozent an, während die Nettogewinne sogar um 10 Prozent zulegten. Treiber der Geschäftsdynamik war erneut das Cloud-Geschäft, das auf Jahressicht um 23 Prozent wuchs. Damit befindet sich die Microsoft-Aktie momentan auf Rekordhoch.
Eine Einschätzung der Zahlen durch die «Financial Times» kommt zum Schluss: «Das ist keine Blase». Grund sei, dass die Bewertung der Aktien heutzutage ein besseres Kurs/Gewinn-Verhältnis («P/E-Ratio») aufweisen als bei der grossen Dotcom-Blase 2000. Will heissen: Der Wert, der den Tech-Firmen attestiert wird, orientiert sich mehr an ihrer tatsächlichen finanziellen Leistung als an eventuellen «Vorschusslorbeeren». Wo die grossen Tech-Titel heute einen Börsenwert von im Schnitt dem 22-Fachen ihres Gewinns aufweisen, hatten sich diese Verhältnisse vor dem Platzen der Blase teilweise auf das über 100-Fache aufgebläht, beispielsweise bei Oracle und Cisco.
Ist die US-Wirtschaft also zu abhängig von den Tech-Titeln? Das hätte bei einem Crash ihrer Aktien an der Börse noch schlimmere Implikationen. Auch diese Gefahr sei eher gering, wie Financial Times sagt. Technologie-Aktien seien zwar der momentan grösste Sektor an der US-Börse – noch vor Energie, Transport oder Finanzen und Immobilien – hätten gemeinsam allerdings nur um 25% Gewicht. Historisch ist das sehr tief, der US-Markt gilt entsprechend als diversifiziert.
Strategen sehen Jahrzehnte lange Tech-Dominanz voraus
Die Dominanz des Tech-Sektors sei noch lange nicht vorbei, solange traditionellere Industrien wie Verkauf und Dienstleistungen darauf angewiesen sind, ins Internet vorzustossen und ihre Ausrüstung entsprechend aufzuwerten, so die Strategen. Gleichzeitig bieten Innovationsfelder wie die künstliche Intelligenz neue Wachstumsmöglichkeiten.
Sie schliessen mit der Aussage: «Dieser 'Schneeballeffekt' ist vergleichbar mit der Erfahrung während der industriellen Revolution, wo eine Technologie zur anderen geführt hat und traditionelle Industrien zwang, mehr in Technologie zu investieren, um marktfähig zu bleiben.»
Das verdienen Mitarbeiter bei Tesla, Google und Co.
Das verdienen Mitarbeiter bei Google, Tesla oder Facebook
Sich einen Job bei einem grossen US-Unternehmen angeln und dann mit einem hohen Salär das Leben geniessen? Also los - bei diesen Firmen sollten Sie sich bewerben:
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Google: Medianlohn 197'000 Franken, CEO-Gehalt von Larry Page 1.- Dollar. Dazu die bekannt entspannte Arbeitsatmosphäre. Tönt nach einem guten Deal.
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Facebook: Medianlohn 240'000 Franken, CEO-Gehalt von Mark Zuckerberg 8,8 Millionen. Zwar bezieht «Zuck» als Chef nur ein Salär von einem Dollar, doch beteiligt sich Facebook mit knapp 9 Millionen an seinen Reise- und Sicherheitskosten.
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Tesla: Medianlohn 54'800 Franken, CEO-Gehalt von Elon Musk 49'920 Dollar. Weil bei der Fertigung von Autos auch viele Fliessbandjobs dazukommen, sinkt der Medianlohn. Lohn-Exzesse gibt es hier aber auch in der Führungsetage nicht. Das Budget ist eng.
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Amazon: Medianlohn 28'000 Franken, CEO-Salär von Jeff Bezos 1,68 Millionen. Viele Päckli-Jobs in den Verteilzentren von Amazon drücken den Medianlohn nach unten, auch wenn die Software-Ingenieure deutlich mehr verlangen können.
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McDonald's: Medianlohn 7'000 Franken, CEO-Salär von Steve Easterbrook 21,7 Mio. (mit Boni). Hier klafft die Lohnschere so richtig auseinander: Wenige US-Firmen haben so grosse Unterschiede zwischen «Low-Wage»-Salären und ihrem CEO. Hier verdient der Chef das 3100-Fache eines «Burger Flippers».
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Hinweis: Der Autor ist kein Finanzberater. Alle Aussagen sind seine rein subjektive Meinung und ohne Gewähr. Der Autor hält keinerlei Positionen oder Beteiligungen an erwähnten Aktien oder Finanztiteln.