Smartwatch Nun auch in Europa nutzbar: Wie gut ist das EKG der Apple Watch? 

Henning Steier

28.3.2019

Zwei Funktionen, die bisher US-Nutzern vorbehalten waren, sind nun auch in der Schweiz verfügbar. Was aber halten Experten von der Apple Watch Series 4 als Diagnose-Uhr?

Die seit Herbst erhältliche Apple Watch Series 4 hat im Unterschied zu ihren Vorgängerinnen nicht nur einen optischen Pulssensor, sondern auch einen elektrischen Sensor auf der Unterseite sowie eine Elektrode in der digitalen Krone. Legt man auf letztgenannte einen Finger, wird der Kreis geschlossen und Träger der Smartwatch können ein 1-Kanal-EKG anfertigen.

Es dauert jeweils 30 Sekunden, bis einem die EKG-App mitteilt, ob Hinweise auf Vorhofflimmern entdeckt oder ein normaler Sinusrhythmus gemessen wurde. Es kann aber auch sein, dass keine verlässliche Messung möglich war, weil man zum Beispiel die Uhr nicht am Handgelenk getragen hat. Man erhält auf dem gekoppelten iPhone eine Benachrichtigung, dass das EKG abgeschlossen wurde. Die Resultate sind der Health-App auf dem Smartphone zu finden. Die Ergebnisse kann man dem Arzt als PDF senden.  

Fünf Messungen 

Für alle Apple Watches verfügbar ist eine Funktion, die im Hintergrund Herzrhythmusstörungen erkennen und somit bei Vorhofflimmern eine Warnung ausgeben soll. Diese wird aber erst angezeigt, wenn es Auffälligkeiten bei fünf Messungen gab. Die beiden Funktionen waren bisher nur in den USA verfügbar. Ab sofort kann man sie nach dem Update auf watchOS 5.2 auch in Europa und Hongkong nutzen. Denn die zuständigen Gesundheitsbehörden haben grünes Licht gegeben. In folgenden europäischen Ländern ist die Funktion ab sofort nutzbar: Schweiz, Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien und Ungarn.

Randnotiz: Für Anbieter von EKG-Armbändern für die Apple Watch, etwa AliveCor (KardiaBand), dürfte die Luft nun dünner werden.  

Apple Watch mit EKG-App: Die Daten landen in der Health App auf dem iPhone.
Apple Watch mit EKG-App: Die Daten landen in der Health App auf dem iPhone.
Bild: PD

Apple führt den Nutzer bei der erstmaligen Anwendungen mit zahlreichen Hinweisen durch die neuen Funktionen. Wiederholt wird betont, dass die EKG-App gesundheitliche Probleme wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte nicht erkennen kann. 

Kein Arztbesuchersatz

Dazu passt die Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie: Die Apple Watch sei kein Ersatz für einen Besuch beim Arzt, sondern nur eine Unterstützung der Diagnostik des Mediziners. Die EKG-App sei aber ein «wertvolles Monitoring-Tool zur Etablierung wichtiger Informationen für Patienten und Ärzte». Pascal Meier, Chefarzt Kardiologie am Kantonsspital Graubünden (KSSGR), war im Test von der neuen Funktion durchaus angetan (siehe Video oben). Er sieht das Apple-EKG als nützlichen Helfer für Ärzte, der aber natürlich ein klassisches Mehrkanal-EKG, das  viel genauer sei, nicht ersetzen könne. 

Kürzlich ergab eine Studie der Universität Stanford, dass die Apple Watch recht zuverlässig Vorhofflimmern erkennen kann. Johnson & Johnson erforscht mit Apple derzeit, ob eine Medikations-App des Pharmakonzerns in Kombination mit den EKG-Funktionen der Apple Watch die Diagnose und Behandlung der Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern verbessern könnte. Die Studie und ist auf mehrere Jahre angelegt.

Apple versucht seit längerem, die Apple Watch als Gesundheitsgadget zu positionieren. Denn als Fitnessuhr und Smartphone am Handgelenk ist sie offenbar nicht attraktiv genug, um dauerhaft Verkaufszahlen zu erreichen, die Apples Vorstellungen und denen der Aktionäre entsprechen.

Hinzu kommt, dass sich mit Gesundheitsdiensten Geld verdienen lässt und das Servicesgeschäft für Apple auch deshalb immer wichtiger wird, weil die grossen Absatzzeiten des iPhone vorerst vorbei sein dürften. Auch deshalb hat Apple diese Woche den Einstieg ins Kreditkarten verkündet und mit Apple TV+ einen Streamingdienst für eigenproduzierte Filme und Serien angekündigt. 

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