Mit Dybala gegen Juventus Sehnsucht in der Ewigen Stadt – in Rom träumen sie vom Scudetto

Von Andy Jucker

27.8.2022

Paulo Dybala stürmt heute für die Roma gegen Ex-Klub Juventus.
Paulo Dybala stürmt heute für die Roma gegen Ex-Klub Juventus.
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Seit 21 Jahren wartet die AS Roma auf einen Meistertitel. Jetzt scheint der stolze Klub bereit für den grossen Wurf. Heute um 18:30 Uhr steht der erste grosse Test gegen Juventus an. Wir blättern in den Geschichtsbüchern und suchen Parallelen zur Gegenwart.

Von Andy Jucker

Es ist der 17. Juni 2001. Die italienische Hauptstadt erwacht, die Spannung in Rom ist greifbar. Gegen Mittag ziehen die ersten Fans in Richtung Olimpico. Das altehrwürdige Stadion ist längst ausverkauft, 75'000 Fans träumen vom Scudetto. Die Roma hat es in den eigenen Füssen. Ein Sieg gegen Parma und der dritte Meistertitel der Geschichte ist Tatsache. Bald löst sich die Anspannung und verwandelt sich in pure Ekstase. Die Roma lässt nichts anbrennen, führt schon zur Pause mit 2:0. Getroffen hat unter anderem ein gewisser Francesco Totti. Kurz vor 17 Uhr ist es amtlich – Die Roma besteigt den Thron des italienischen Fussballs, die Stadt wird zum Tollhaus. Keiner ahnt, dass sich dieser Moment bis heute nicht mehr wiederholen wird.

Der letzte Meistertitel der Roma.

Francesco Totti. Kultfigur. Es gibt kaum einen Spieler, auf den die Beschreibung Vereinslegende besser passt, als auf ihn. Als er als Jugendlicher von Rivale Lazio umworben wird, jagt die Familie Totti dessen Berater mit Schimpf und Schande aus dem Haus. Totti läuft 785 Mal für die Roma auf, nie hat er für einen anderen Klub gespielt. An jenem historischen 17. Juni 2001 ist Totti erst 24. Und trotzdem soll es der grösste Erfolg bleiben, den er mit seinem Herzensklub feiern wird. Totti ist die Überfigur, «Il capitano», des Vereins. Nach seinem Karriereende vor fünf Jahren wechselt er in die Klubführung, tritt aber wenig später zurück. Trotzdem: Sein Name ist auch heute noch allgegenwärtig.

Francesco Totti bei seiner Verabschiedung im Mai 2017.
Francesco Totti bei seiner Verabschiedung im Mai 2017.
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Der neue Hoffnungsträger

Vor einem Monat dreht sich das römische Fussballleben dann aber für einmal um einen anderen. Die Hauptstadt begrüsst Paulo Dybala. Der 28-jährige Argentinier ist soeben ablösefrei verpflichtet worden, nachdem sein Vertrag bei Juventus ausgelaufen ist. Mitten in der Stadt wird Dybala vorgestellt, Tausende feiern ihn, singen die Vereinshymne der Roma – Gänsehaut. Auf dem Argentinier ruhen die Hoffnungen der Tifosi. Er soll den Scudetto endlich wieder in die Hauptstadt holen.

In den ersten beiden Saisonspielen steht Dybala in der Startelf. Zusammen mit Zaniolo spielt er hinter Sturmspitze Abraham. Hochtalentierte Spieler allesamt, aber die beiden Startsiege verdankt die Roma nicht der kreativen Offensive, sondern der Defensive. Zweimal reicht ein Tor zum Vollerfolg, weil hinten die Null steht. Wenig überraschend. Seit einem Jahr steht José Mourinho an der Linie. Für viele ein Trainergott, allerdings nicht bekannt für sprühendes Offensivspektakel. Trotzdem beginnen hier die Parallelen zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Mourinho will tun, was Capello vorgemacht hat. Der war der letzte Meistertrainer der Roma. Wie Mourinho war er zur Roma gekommen, nachdem er zuvor schon die Champions League gewonnen hatte. Eine Erfolgsgarantie auf der Bank sozusagen. Und dann wäre da der bereits erwähnte Argentinier Paulo Dybala. Klar, dass bei den Roma-Fans Erinnerungen wach werden. Den letzten Meistertitel verdanken sie nämlich ebenfalls einem Argentinier, der damals ebenfalls neu gekommen war. Gabriel Batistuta, mit 20 Treffern der beste Torjäger 2001.

Der Saisonstart ist geglückt. Zwei Spiele, zwei Siege. Der erste echte Prüfstein allerdings, der wartet am Samstag auf die Roma. Gegen Juventus Turin muss sich ein erstes Mal zeigen, ob die Tifosi in der Hauptstadt berechtigten Grund zum Träumen haben. Die Sehnsucht nach dem Scudetto, sie ist in der Ewigen Stadt gross.