Strategie gegen schärfere Regeln? Apple redet seine eigene Messenger-App schlecht

Von Dirk Jacquemien

5.9.2023

Europäer*innen mögen iMessage nicht, sagte Apple.
Europäer*innen mögen iMessage nicht, sagte Apple.
Imago

Gar nicht zum üblichen Marketing-Hype von Apple passen seine Aussagen zum Nachrichtendienst iMessage. Der sei in Europa überhaupt nicht beliebt, behauptet der Tech-Gigant – wohl nicht ohne Hintergedanken.

Von Dirk Jacquemien

5.9.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Apple sagt, sein Nachrichtendienst iMessage habe in Europa nur weniger Nutzer*innen.
  • Grund für die Apple-untypische Aussage ist, dass Dienste ab einer bestimmten Zahl von Nutzer*innen strengeren EU-Regulierungen unterliegen.
  • Ob die EU den Apple-Zahlen Glauben schenken wird, ist noch offen.

Apple sagt, dass iMessage gar nicht beliebt sei und den Nachrichtendienst zumindest in Europa nur wenige Leute nutzen. Die eher untypische Beschreibung des eigenen Angebots machte Apple im Rahmen von Verhandlungen mit der Europäischen Union, wie die «Financial Times» berichtet.

Denn dessen bald in Kraft tretender Digital Markets Act stellt grossen Internet-Plattformen zusätzliche Bedingungen. So darf ein Dienst etwa nicht mehr gegenüber den Angeboten der Konkurrenz bevorzugt werden. Das Vorinstallieren von iMessage auf iOS wäre Apple dann nicht mehr erlaubt. Ein als «Gatekeeper», also als Türsteher identifizierter Dienst muss auch die Interoperabilität sicherstellen, was Apple bei iMessage konsequent verweigert, indem es etwa keine Android-App anbietet.

Weniger als 45 Millionen Nutzer*innen?

Und so setzt Apple alles daran, iMessage kleinzureden. Um als «Gatekeeper» kategorisiert zu werden, muss ein Unternehmen mehr als 7,5 Milliarden Euro Umsatz in der EU machen, einen Marktwert von mindestens 75 Milliarden Euro haben und ein betroffener Dienst mindestens 45 Millionen Nutzer*innen haben. Die ersten beiden Bedingungen erfüllt Apple locker, aber es bestreitet, mehr als 45 Millionen iMessage-Nutzer*innen in der EU zu haben.

Ob das stimmt, ist nicht ganz einfach zu sagen. Nutzungszahlen für iMessage veröffentlicht Apple nicht. Unabhängige Analyst*innen gehen von knapp einer Milliarde iMessage-Nutzer*innen weltweit aus.

iMessage ist zwar in Europa unbestritten nicht so beliebt wie etwa in den USA, hierzulande bevorzugen die meisten schliesslich immer noch Whatsapp. Allerdings: Apple hat am europäischen Smartphone-Markt einen Anteil von knapp 30 Prozent, sodass deutlich mehr als 45 Millionen EU-Bürger*innen ein iPhone besitzen dürften.

Eine einzige iMessage-Nachricht im Monat abzuschicken oder zu empfangen, würde jemanden schon zu einem oder einer aktiven Nutzer*in nach der Definition der EU machen. Dass so viele europäische iPhone-Besitzer*innen das bei iOS vorinstallierte iMessage überhaupt nicht verwenden, erscheint daher schwer vorstellbar.

Andere Apple-Dienste definitiv betroffen

Zweifelt die EU an Apples Darstellung, kann sie eine Untersuchung einleiten. Andere Apple-Dienste werden aber definitiv vom Digital Markets Act betroffen sein, etwa der App Store.

Hier kann Apple nicht plausibel argumentieren, weniger als 45 Millionen EU-Nutzer*innen zu haben. Apple soll daher schon an einer Möglichkeit arbeiten, mit der europäische Nutzer*innen einen alternativen App Store auf ihrem iPhone installieren können.

Definitiv als «Gatekeeper» mit zusätzlichen Auflagen eingestuft werden auch viele Angebote von anderen Tech-Giganten. So fallen etwa Metas Facebook, Instagram und Whatsapp unter den Digital Markets Act, ebenso die Google-Suche, Microsoft Windows oder Tiktok.