«Zu lange zugeschaut»Zürcher Justizdirektorin übt Selbstkritik im Fall Brian
sda
16.11.2023 - 06:25
Die Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr hat im Fall Brian Keller Selbstkritik geübt: «Rückblickend habe ich wohl zu lange zugeschaut und mich zu lange beschwichtigen lassen.»
16.11.2023 - 06:25
SDA
Sie gebe niemandem die Schuld daran, sagte Fehr in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». «Ich trage die Verantwortung.»
Fehr verteidigte allerdings das Vorgehen des Justizvollzugs gegenüber Brian. «Was soll man tun mit einem gewaltbereiten Häftling, wenn er nicht kooperiert? Das konnte den Aufseherinnen und Aufsehern bisher niemand sagen», so die Justizdirektorin des Kantons Zürich. «Das hat zu dieser schwierigen Situation geführt. Klar ist: Es darf nie mehr so weit kommen.»
Fehr: «Haben rekordtiefe Rückfallquote»
Der Justizvollzug könne nicht frühere Erlebnisse zurechtrücken, sagte Fehr. Sei ein Häftling renitent aufgrund früherer Erfahrungen, sei es für den Justizvollzug nicht möglich, diese Realität aus der Welt zu schaffen. Dazu hätten auch die Mitarbeitenden ein Recht auf körperliche Unversehrtheit. «Ich sage nicht, dass es keine Fehlleistungen gab», so Fehr. «Aber ich bin davon überzeugt, dass die allermeisten, die mit Brian Keller beruflich zu tun hatten, das Beste für ihn wollten.»
Fehr glaubt, dass durch den Fall Brian der Zürcher Justizvollzug zu Unrecht in ein schiefes Licht gerückt wird: «Wir haben eine rekordtiefe Rückfallquote, wir haben ein gutes Gefängnisklima, wir beanspruchen nur 1,9 Prozent des kantonalen Budgets», sagte sie. «Der Fall Brian Keller ist eine Ausnahme.»
Idee spezialisierter Einrichtungen für Ausnahmefälle
Die Zürcher Justizdirektorin brachte die Idee kleiner, spezialisierter Einrichtungen für die ganze Schweiz ins Spiel, die sich etwaiger Ausnahmefällen annehmen könnten. «In grossen Anstalten sind massgeschneiderte Vollzugssettings nur beschränkt möglich.»
Der 28-jährige Brian war am Freitag aus der Sicherheitshaft im Gefängnis Zürich entlassen worden. Er lebte bis dahin seit Jahren wegen zahlreicher Delikte in Gefangenschaft. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er nach einem DOK-Film des Schweizer Fernsehens im Jahr 2013 bekannt, damals noch unter dem Namen «Carlos».
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O-Ton Wolodymyr Selenskyj
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