Oberster Bahnaufseher Bau neuer Tramlinien und U-Bahnen hat in der Schweiz «zu geringen Stellenwert»

sda/dor

11.4.2024 - 05:30

Die S-Bahn ist für Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamts für Verkehr, kein Allheilmittel. (Archivbild)
Die S-Bahn ist für Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamts für Verkehr, kein Allheilmittel. (Archivbild)
Bild: Keystone

Die Schweiz erschliesst nach Ansicht von Peter Füglistaler zu viel mit S-Bahnen. Zudem bemängelt der abtretende Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV) in einem Interview, dass die Schweizer Bahnen sich daran gewöhnt hätten, auf hohem Niveau zu jammern.

11.4.2024 - 05:30

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Schweiz erschliesst nach Ansicht des abtretenden Direktors des Bundesamts für Verkehr (BAV) Peter Füglistaler zu viel mit S-Bahnen.
  • Die Finanzierung von Tramlinien oder U-Bahnen durch den Bund müsse politisch geprüft werden, sagte Füglistaler in einem Interview

Die Finanzierung von Tramlinien oder U-Bahnen durch den Bund müsse politisch geprüft werden, sagte BAV-Vorsteher Peter Füglistaler in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Der Bau von neuen Tramlinien oder von U-Bahnen habe hierzulande einen zu geringen Stellenwert, sagte Füglistaler weiter.

Zu prüfen gelte, ob der Bund auch grössere Tramtunnel oder U-Bahnen vollständig über den Bahninfrastruktur finanzieren könnte. «Das würde ein offeneres Denken ermöglichen», sagte Füglistaler.

Eine S-Bahn brauche eine gewisse Distanz, Geschwindigkeit und Kapazität, um ihre Stärke auszuspielen. «Mit dem Bau zusätzlicher Haltestellen gehen wir in die gegenteilige Richtung», sagte der BAV-Direktor.

Deutsche Bahn träumt davon, so viel Geld wie SBB zu haben

Füglistaler drosselte im Interview auch die Erwartung von Kantonen an nächste Ausbauprojekte im öffentlichen Verkehr. «Wir werden Geld für erste Etappen von Grossprojekten haben, aber nie im Umfang, wie es Ideen und Wünsche gibt», sagte er. Unbestritten sei, dass es in Basel und Luzern einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs brauche. «Ich bin aber skeptisch, ob es immer die perfekte Lösung braucht, die man jetzt andenkt.» Deshalb würde nach Etappierungen gesucht.

Auf den Hinweis der «NZZ», dass der Chef der Südostbahn (SOB), Thomas Küchler, und der SBB-Chef Vincent Ducrot vor deutschen Verhältnissen warnen und dass bald Geld für den Bahnunterhalt fehlen werde, sagte Füglistaler: «Wir haben uns in der Schweiz daran gewöhnt, auf hohem Niveau zu jammern.» Die SOB habe einen «sehr guten Job gemacht» und den Zustand ihrer Anlagen in den letzten Jahren stark verbessert. Deshalb habe das BAV bei ihr die Mittel für den Unterhalt und die Erneuerung stabilisiert. Das Geld werde anderen Bahnen zur Verfügung gestellt.

«Ich bin häufig in Deutschland – die Schweizer Bahnen verfügen über viel mehr Mittel für den Unterhalt des Netzes», sagte Füglistaler. «Die Deutsche Bahn träumt davon, so viel Geld wie die SBB zu haben. Die Vergleiche mit Deutschland sind daher abstrus.»

PostAuto-Managerin übernimmt 

Füglistaler wird Ende Juli in den Ruhestand treten. Seine Aufgabe zur Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs und des Güterverkehrs in der Schweiz übergibt er dann Christa Hostettler, die das Bundesamt für Verkehr am 1. August übernimmt. Hostettler ist Leiterin Markt und Kunden bei der PostAuto AG und Mitglied der Geschäftsleitung.

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