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Bötschi fragt Stefanie Heinzmann: «Sex hatte ich bisher in normalem Mass»
Von Bruno Bötschi
17.9.2019
Seit sie 18 ist, steht sie im Rampenlicht. Stefanie Heinzmann, 30, spricht über ihren ersten Kuss, sagt, warum ihre Eltern Vorbilder sind – und verrät, an welchen Tagen sie sich besonders schwach fühlt.
Seeparksaal, Arbon am Bodensee, kurz vor 14 Uhr: Die Mehrzweckhalle ist leer, nur ein schwarzes Ledersofa steht einsam vorn neben der Bühne. Dahinter eine Plakatwand.
Der Journalist setzt sich und wartet. Zunächst kommt ihr Manager, Minuten später dann sie: Stefanie Heinzmann. Die Sängerin aus dem Kanton Wallis ist pünktlich wie eine – sagen wir – Schweizer Uhr.
In zwei Stunden wird Heinzmann am SummerDays Festival auftreten, danach will sie «in den Bodensee springen». 30 Minuten Interview. 30 Minuten mit der wohl berühmtesten Sängerin der Schweiz. Vorab sei erwähnt: Fragen zum Privatleben sind nicht ausdrücklich verboten, aber sie mag sie nicht besonders.
Ruckeln auf dem Sofa, die Beine nochmals neu falten. Und los geht die Fragerei.
Frau Heinzmann, wissen Sie, um was es geht?
Nein, aber stellen Sie doch einfach Ihre Fragen.
Wir machen heute ein Frage-Antwort-Spiel: Ich stelle Ihnen in den nächsten 30 Minuten möglichst viele Fragen, und Sie antworten möglichst schnell und spontan. Passt Ihnen eine Frage nicht, sagen Sie einfach «weiter».
Schiessen Sie los.
Stehen Sie morgens mit Musik auf?
Mein Wecker holt mich mit irgendeiner klassischen Melodie aus meinen Träumen.
Irgendwelche Tipps, um ganz, ganz schnell wach zu werden?
Verschlafen (lacht) – dann komme ich am allerschnellsten in die Gänge.
Gut performt. Die Frau ist hellwach, momoll.
Mit wem würden Sie gern einmal frühstücken?
Keine Ahnung, ich frühstücke fast nie.
Irgendwelche tollen Sexspielzeuge in der Kommode?
Nein.
Ihr Lieblingssportgerät?
Hantel, aber bitte nicht mit zu viel Gewicht.
Ihre Lieblingsjoggingstrecke?
Direkt vor meiner Haustüre im Wallis gibt es eine gemütliche, vier Kilometer lange Laufstrecke.
Blockflöte – ja oder nein?
Als Kind liebte ich Blockflöte – seit damals hatte ich aber nie mehr eine in den Händen.
Erinnern Sie sich an Ihren allerersten Konzertbesuch?
Mit sieben sah ich DJ Bobo in Naters.
Sie lächelt. Feenhaft. Mann, Stefanie Heinzmann. Man tut ihr nur ungern weh. Aber ein bisschen näher ran müssen wir schon noch. Na dann, bald kommt der Angriff!
Ihr erster Kuss?
Mit 13. Ich weiss allerdings nicht mehr, wie der Typ geheissen hat.
Welches Hobby aus der Teenagerzeit hat überlebt?
Singen.
Wo ist das Wallis am meisten Wallis?
In den Bergen oben.
Ab 2’000 Meter über Meer?
1’500 Meter reichen bereits. Meine Familie besitzt oberhalb von Visp eine Alphütte. Das ist mein Lieblingsplatz im Wallis.
Die schlechteste Seite der Schweizer?
Die schlechteste Seite der Schweizer ist wahrscheinlich, dass man sich aus allem möglichst raushalten möchte, aber trotzdem möglichst überall die Vorteile geniessen will.
Eine überraschend gute Seite der Schweizer?
Die Schweizer sind wahnsinnig freundliche Menschen.
Was hat Ihnen Ihre Mutter über Männer beigebracht?
Da kommt mir konkret nichts in den Sinn. Meine Mutter und mein Vater sind gute Vorbilder – insbesondere beziehungstechnisch. Sie sind seit 48 Jahren verheiratet und leben bis heute in Frieden zusammen. Meine Eltern haben mir gezeigt, dass es gut und wichtig ist, jemanden an der Seite zu haben, der die Stärken und Schwächen des anderen zu schätzen und damit umzugehen weiss.
Gut. Schöner wird es wohl kaum werden. Das totale Familienglück!
Der Hauptunterschied zwischen Ihnen und Pink?
Ich komme aus der Schweiz, sie nicht (lacht schallend).
Woran erkennt man, dass Sie im nächsten Moment explodieren?
Ui, ich explodiere höchst selten. Ich kann mich nicht erinnern, wann es das letzte Mal passiert ist. Werde ich sehr still, wissen meine Freunde, dass etwas nicht gut ist.
Wer muss anwesend sein, damit das Kafikränzli perfekt ist?
Meine vier besten Kolleginnen.
Wann ist Ihnen zuletzt etwas passiert, das Sie Sexismus nennen würden?
Vor wenigen Tagen bin ich in Brig auf einen Parkplatz gefahren. Nachdem ich aus dem Auto gestiegen war, meinte ein Autofahrlehrer: «Hey Wiberli, das nächste Mal singst du mir eines vor.»
Sind Sie gut im Entschuldigen?
Ich bin schon fast zu gut im Entschuldigen. Ich entschuldige mich oft auch, wenn mich gar keine Schuld trifft.
Glauben Sie, dass der Geist von Woodstock die Gesellschaft verändert hat, wie es gerne beschworen wird?
Es war eine spezielle Zeit damals – und ich glaube, wir sind jetzt gerade wieder in einer ähnlich speziellen Zeit. Liebe und Toleranz sind heute auch wieder grosse Themen. Ich denke, es wäre gut, wenn demnächst wieder so ein Festival stattfinden könnte.
Sie wurden am 10. März 30 Jahre alt. Ein Slogan der 1968er-Bewegung lautete «Trau keinem über 30». Ist Ihnen noch zu trauen?
(Lacht) Ich glaube, früher war das wirklich anders. Ab 30 waren damals Familie, Kinder und Job die Norm. Die heutigen 30-Jährigen sind ganz andere Menschen als jene, die vor 50 Jahren 30 waren. Und deshalb: Ja, man kann mir trauen.
Im Januar 2008 gewannen Sie das Musikcasting SSDSDSSWEMUGABRTLAD in der Sendung «TV Total» von Stefan Raab. Wirklich wahr, dass er Sie damals zuerst gar nicht anhören wollte?
Davon weiss ich nichts.
Sie haben das selber einmal in einem Interview erzählt.
Ach, stimmt. Stefan Raab meinte, ich sei zu jung. Das habe ich total vergessen.
Wie schafften Sie es trotzdem in die Sendung?
Die Redaktoren der Sendung konnten Raab überzeugen, dass ich wirklich schon 18 sei.
Ihre Erklärung, warum Hits so einen schlechten Ruf haben?
Die Radiostationen penetrieren einen mit Hits – bis die Zuhörerinnen und Zuhörer irgendwann nur noch genervt sind von einem Song.
Welche überraschende Wahrheit hat ein Kritiker über Sie geschrieben?
Hmmm ... meinen Sie negative Schlagzeile?
Es kann auch eine positive Kritik sein.
Die negativen Schlagzeilen über mich waren alle nicht richtig. Aber es gibt natürlich auch viele schöne Presseartikel – zum Beispiel jene über unsere Liveshows im vergangenen Sommer. Aber ehrlich gesagt, ich lese Kritiken über mich nur ganz selten.
Sex, Drugs und Rock'n'Roll: Wie viel Erfahrung haben Sie damit in den letzten Jahren gemacht?
Alkohol habe ich noch nie getrunken, vor Drogen habe ich viel zu viel Respekt, und Sex hatte ich bisher in normalem Mass.
War Ihr Aussehen für Ihre Karriere eher hinderlich oder förderlich?
Sehr förderlich. Als ich mit 18 entdeckt wurde, entsprach ich nicht dem typischen Schönheitsideal. Eine Sängerin, die emo-haft aussieht und Soul singt, gab es damals noch nicht.
Wann zuletzt die Haare gefärbt?
Ich färbe meine Haare alle zwei Monate.
Ihr persönlicher Fashion-Gau?
Ach, ich habe in meinem Leben schon so viele schlimme Kleider getragen. Ich muss mich in meinen Klamotten wohlfühlen, wenn ich sie trage. Was ich eine Woche oder einen Monat danach über mein Outfit denke, ist mir egal (lacht schallend).
Machen sich die Menschen zu viele Gedanken über Mode?
Na ja, das würde ich nicht so grundsätzlich sagen. Ich persönlich mache mir zwar über Klamotten nicht sehr viele Gedanken. Aber ich habe kein Problem mit Menschen, für die Mode wichtig ist. Es gefällt mir, wenn sich Menschen schön anziehen.
Schönste Frau, mit der Sie je verglichen wurden?
Ich wurde schon mit Joss Stone verglichen. Für mich hat die britische Soulsängerin eine der besten Stimmen der Welt. Deshalb war der Vergleich total schmeichelhaft. Obwohl ich finde, dass unsere Stimmen sich absolut nicht ähnlich sind.
Kurz- oder weitsichtig?
Kurzsichtig.
Wie viele Dioptrien?
Minus vier.
Wo haben Sie Ihre Brille her, wie teuer war sie?
McOptik. Ich bekam sie geschenkt.
Besitzen Sie das Gestell einmal oder mehrere vom gleichen Modell?
Nur einmal – aber meine Mutter hat das gleiche Modell.
Immer wieder ein gutes Gefühl, in den Spiegel zu gucken?
Manchmal mehr, manchmal weniger. Aber so grundsätzlich bin ich ganz happy mit meinem Äusseren.
Tragen Sie Ihre Brille in der Badewanne?
Ähhh ... wenn ich beim Baden lesen will, dann ja, sonst nein.
Was ist besser: Singen mit Brille oder Kontaktlinsen?
Mit Kontaktlinsen habe ich nur wenig Erfahrung. Aber ehrlich gesagt: Mit der Brille ist es oft etwas nervig. Sie rutscht mir ständig runter.
Ihre typische Handbewegung während eines Konzerts?
Brille hoch schieben.
Ein wunderbarer Moment. Dazu muss man wissen: Stefanie Heinzmann ist Markenbotschafterin einer Schweizer Augenoptikerkette.
Für welche Ihrer Charakterschwächen schämen Sie sich?
Für keine.
Auf Ihrem aktuellen Album «All we need is love» gibt es den Song «Mother’s Heart». Sie singen darin über Selbstzweifel. Wann zweifeln Sie am meisten an Ihren Fähigkeiten?
Schwierig ist es, wenn ich die Tage habe. Da fühle ich mich öfters schwach. Immerhin kann ich in diesem Moment einordnen, woher die Unsicherheit kommt. Selbstzweifel nagen an mir, wenn ich nicht im Jetzt sein kann. Das passiert, wenn meine Agenda randvoll mit Terminen ist. An solchen Tagen spüre ich regelmässig, wie Zweifel in mir hochkriechen. Ich frage mich dann: Schaffe ich das wirklich alles? Kann ich das?
Wir leben in einer Zeit, in der Menschen vermehrt Burnouts haben, Psychosen, Ängste oder sonst irgendwie am Leben verzweifeln. Wie hoch ist die Qualität Ihres Lebens?
Wahnsinnig hoch – und dafür bin ich auch sehr dankbar. Ich weiss, dass wir in der Schweiz ein total privilegiertes Leben führen dürfen.
In «Mother's Heart» singen Sie zudem davon, was Sie tun würden, wenn Sie Mutter wären ...
... stimmt...
... Sie haben schon mehrfach Interviews darüber gesprochen, eine Familie gründen zu wollen: «Je älter ich werde, desto krasser wird mir das bewusst, wie sehr ich mir das wünsche und wie sehr ich gerne Mutter wäre.»
Es ist ein Wunsch, aber ich lasse mich deswegen nicht stressen. Ich bin als Musikerin aktuell extrem viel unterwegs, und deshalb ist eine Schwangerschaft nicht geplant. Klar, es kann immer passieren. Aber zurzeit geniesse ich die Zweisamkeit mit meinem Freund.
Und Ihr Freund: Wäre er auch gern Vater?
Um darauf eine Antwort zu bekommen, müssen Sie ein Interview mit meinem Freund machen.
Oh! Alles klar. Falsche Frage.
Sind Sie ein mutiger Mensch?
Ich denke schon. Gleichzeitig bin ich aber auch ein sehr realistischer Mensch.
Gegen was wehren Sie sich?
Gegen asoziale Menschen, gegen Unfairness und Intoleranz.
Die Tageszeit, in der Sie am zuversichtlichsten sind?
Am Abend.
Mit welchem Kunstwerk in Ihrer Wohnung könnten Sie notfalls angeben?
Mit meinem Stormtrooper.
Wie viele Tattoos zieren Ihren Körper?
Schwierig zu sagen. Ich denke, es sind so um die 20.
Was bedeutet der Güterwaggon auf Ihrem Arm?
Das bleibt mein Geheimnis.
Ihre Glückszahl?
Vier, acht, 13, 17 – alle Zahlen, die sich um vier und acht drehen.
Sind Sie abergläubisch?
Nur bei den positiven Dingen.
Wann zum letzten Mal sinnlos vor sich hingesponnen?
Vor einer Woche im Auto. Ich war mit Hackbrettspieler Ephraim Salzmann unterwegs und etwas übermüdet. Es war sehr lustig.
Haben Sie einen Hit-Pullover, also einen Pulli, in dem Sie sich komponierend besonders wohlfühlen?
Das habe ich nicht. Aber ich habe einen «Star-Wars»-Pulli, den ich immer trage, wenn ich mich sehr kuschelig fühle. Ich trage ihn oft, wenn wir mit dem Tourbus unterwegs sind.
Was macht Gölä falsch, was macht Trauffer richtig?
Das weiss ich nicht. Ich habe mich mit beiden Musikern bisher zu wenig beschäftigt.
Stehen Sie politisch eher links oder rechts?
Auf jeden Fall links.
Fällt schön singen leichter, wenn man Liebeskummer hat?
Ich finde nicht. Heulen ist der grösste Feind des Singens. Das Singen fällt mir am einfachsten, wenn ich mich sehr wohl fühle.
Die verrückteste Sache, die Sie je beim Singen mit Ihren Händen angestellt haben?
Während ich singe, mache ich eigentlich nicht sehr viel mit meinen Händen.
Ihr himmlischster, wirklich glückseligster Moment auf einer Bühne?
Am glückseligsten fühle ich mich, wenn die Band im Einklang ist. Das passiert zum Beispiel dann, wenn Ephraim am Hackbrett steht und das Publikum total gespannt zuhört. Einfach wunderbar.
Wann zuletzt ein Lokal oder einen Club betreten, in dem gerade ein Lied von Ihnen lief?
Das weiss ich nicht mehr. Aber gestern lief gerade ein Song von mir, als ich das Autoradio angemacht habe.
Haben Sie manchmal Angst vor Ihrem Job?
In sehr schwachen Momenten, obwohl mir sehr bewusst ist, dass ich mich gerade in meinem Job vor nichts fürchten muss.
Ihre Einsamkeitsbeschäftigung?
Ich lese sehr gerne – aktuell gerade den Roman «Der Schwarm» von Frank Schätzing. Es ist ein Desaster. Ich muss mich wirklich durchkämpfen, das Buch zieht sich scheinbar unendlich in die Länge.
Wie viele Seiten müssen Sie noch lesen?
30.
Lesen Sie ein Buch immer zu Ende?
Ich kann nicht anders.
Jetzt: Schluss mit Problemen! Nochmals ran an den Freund!
Lieber einatmen oder ausatmen?
Die Kombination macht es aus.
Ins Meer hinausschwimmen: lieber allein oder zu zweit?
Zu zweit.
Ein anderes Wort für Liebe?
Dankbarkeit.
Törnt Sie eher Kälte oder Wärme an?
Ich finde beides geil. Aber wenn man warm angezogen ist, ist es in der Kälte noch besser.
Woran erkennt ein anderer Mensch, dass Sie verliebt sind?
Ich habe ein Leuchten in den Augen ... ach, keine Ahnung, ich bin dann einfach sehr glücklich und sehr froh und verliere alle Sorgen.
Ein Tick, für den Sie Ihren Freund lieben?
Das sage ich nicht.
Wer hat Sie zuletzt richtig in die Arme genommen?
Mein Freund.
Und zum Schluss noch der berühmte Talenttest: Sie schätzen sich bitte selber ein – ein Punkt kein Talent, zehn Punkte Supertalent. Ihr Talent als Handwerkerin?
Ich bin gar nicht so untalentiert, aber ich war schon länger nicht mehr handwerklich tätig. Das letzte Mal, als ich etwas zusammengebaut habe, hätte ich wohl sechs bis sieben Punkte geschafft.
Als Gärtnerin?
Ausbaufähig. Ich gebe mir drei bis vier Punkte.
Als Politikerin?
Ich habe eine politische Meinung, die ich lebe und die ich auch nach aussen vertrete, aber ich bin keine Politikerin. Ein Punkt.
Als Üsserschwiizerin?
Ich denke, ich käme sehr gut damit klar. Ja, ich wäre ein Talent als Üsserschwiizerin – ich gebe mir deshalb sieben Punkte.
Wir sind fertig.
Danke. Ich hoffe, Sie sind zufrieden mit meinen Antworten?
Ja.
Ab Ende Oktober ist Stefanie Heinzmann wieder auf Tournee. Die aktuellen Termine finden sich hier.