«Häuser gibts billig oder gratis» Wohnungsnot? Nicht in diesem Land

tbz

1.5.2024

Ein verlassenes Hotel in Tottori, Japan.
Ein verlassenes Hotel in Tottori, Japan.
Bild: IMAGO/Pond5 Images

Ein kostenloses Haus? Was in der Schweiz undenkbar wäre, soll in Japan nicht unüblich sein. Die Inselnation im Pazifik leidet an einer Flut leerstehender Häuser. Immer häufiger werden diese nun von Ausländern übernommen.

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1.5.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Zahl leerstehender Häuser in Japan wird immer grösser. 2023 lag sie laut offiziellen Angaben bei neun Millionen.
  • Zu den Gründen zählen Landflucht, Bevölkerungsschwund und eine spezielle Steuerregelung.
  • Bei ausländischen Käufern steigt nun das Interesse. Besonders traditionelle «Kominka»-Häuser sind sehr beliebt.
  • Gemäss einer japanischen Immobilien-Unternehmerin gibt es aktuell einen Hype. Riesige Bauernhäuser seien «sehr billig oder kostenlos» zu haben.

Der Begriff «Akiya» steht in Japan für ein leeres Haus. Und davon gibt es dort mehr als genug. Wie die japanische Regierung am Dienstag bekannt gab, entspricht die Gesamtzahl leer stehender Häuser fast 14 Prozent aller Häuser im Land.

Laut dem grössten Wirtschaftsforschungsunternehmen, dem Nomura Research Institute, könnten es sogar bis zu elf Millionen sein. Als Hauptgründe gelten die in Japan herrschende Landflucht, der zunehmende Bevölkerungsschwund und eine spezielle Steuerregelung.

3,8 Millionen Häuser mit unbekanntem Status

Wie der «Guardian» berichtet, sind mehr als 4,4 Millionen der untersuchten Immobilien zur Miete ausgeschrieben, stehen aber seit längerem leer und befinden sich meist ausserhalb der städtischen Ballungszentren. Nur gerade einmal 330'000 der insgesamt neun Millionen Objekte stehen zum Verkauf. Fragen werfen aber in erster Linie die 3,8 Millionen Häuser auf, deren Status laut offiziellem Bericht unbekannt ist.

Viele dieser «Akiya» sind verlassen und völlig zerfallen. Oft liegen sie in ländlichen Gebieten und wurden von Personen geerbt, die nicht in der Lage oder nicht willens sind, darin zu wohnen oder sie zu renovieren. Auch ein Abriss ist für viele keine Option, denn in Japan werden auf unbebaute Grundstücke höhere Steuern erhoben als auf bebaute.

An einem verlassenen Haus in Beppu, Japan, hat sich über die Jahre die Natur zu schaffen gemacht.
An einem verlassenen Haus in Beppu, Japan, hat sich über die Jahre die Natur zu schaffen gemacht.
Bild: IMAGO/Panthermedia

Ein weiterer Grund für die vielen vakanten Gebäude ist der Bevölkerungsschwund, der in Japan weiter in Rekordgeschwindigkeit voranschreitet. 2023 ist die Bevölkerungszahl zum vierzehnten Mal in Folge zurückgegangen. Die Zahl der Japaner*innen sank im vergangenen Jahr um 801'000 auf 122,4 Millionen. Das entspricht einem Rückgang von 0,65 Prozent, dem stärksten seit Beginn der Erhebung solcher Daten.

«Riesige Bauernhäuser sind sehr billig oder kostenlos»

Gemäss dem «Guardian» ziehen die vielen leerstehenden Häuser nun immer häufiger ausländische Käufer an. Insbesondere die traditionellen «Kominka»-Häuser, die restauriert und anschliessend als Ferienhäuser oder zur Vermietung an Touristen genutzt werden, gewinnen an Beliebtheit. Dabei soll es auch vorkommen, dass die Immobilien gratis den Besitzer wechseln.

«Es gibt jetzt einen grossen Hype, vor allem unter Ausländern, da diese riesigen Bauernhäuser in Japan sehr billig oder kostenlos zu haben sind», zitiert der «Guardian» eine japanische Immobilien-Unternehmerin. «In 10 Jahren könnten wir eine Menge Akiya in ausländischem Besitz sehen.»

Die Innenansicht eines traditionellen japanischen Hauses.
Die Innenansicht eines traditionellen japanischen Hauses.
Bild: IMAGO/Pond5 Images

Das Interesse ausländischer Käufer ist auch deshalb so gross, weil sich der Yen auf einem jahrzehntelangen Tiefstand befindet. Der Schweizer Franken hat seinen Wert im Vergleich zur japanischen Währung im Verlauf der letzten fünfzehn Jahre verdoppelt.

Gleichzeitig hat auf der Pazifikinsel ein Tourismus-Boom eingesetzt, der die Nachfrage nach Ferienwohnungen in die Höhe schnellen lässt. Im März wurde mit drei Millionen Touristen aus Übersee ein neuer Rekord verzeichnet.