Late Night USA «Deshalb redet Trump so, als habe er sich selbst mit einem Stein am Kopf getroffen»

Von Philipp Dahm

9.1.2024

Unverkennbar: Stephen Colbert ist Donald Trump.
Unverkennbar: Stephen Colbert ist Donald Trump.

Donald Trump hat nicht mehr dieselbe verbale Schlagkraft wie noch 2016: Der 77-Jährige redet wirr, wenn es um Bürgerkriege, Sklaverei, Raketen und die Frage geht, wie er morgens in die Hosen kommt. «The Late Show with Stephen Colbert» legt den Finger in die Wunde.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Donald Trumps parteiinterne Konkurrentin Nikki Haley setzt sich mit einer Aussage zum amerikanischen Bürgerkrieg in die Nesseln.
  • Trump gibt ihr dafür nicht nur einen mit, sondern bekundet auch, wie anziehend er selbst diesen Konflikt findet. Haley nennt er eine «Globalistin»: «Sie mag den Globus.»
  • Er selbst hätte eine Verhandlungslösung für den Bürgerkrieg gefunden, sagt Trump.
  • Trump wird nach eigener Aussage oft gefragt, wie er morgens aufsteht und die Hose anzieht.
  • Bei den republikanischen Vorwahlen in Iowa setzt Trump auf die Religionskarte: Er sei sein David wie auch sein Goliath, tönt ein Anhänger.

Die Late-Night-Shows sind wieder auf Sendung: Stephen Colbert begrüsst in der «Late Show» stellvertretend das neue Jahr, das im Zeichen des Urnengangs des amerikanischen Volks im November stehen wird. «Wir haben dieselbe Präsidentenwahl mit denselben beiden alten Männern wie beim letzten Mal», stöhnt der 59-Jährige.

Das Ereignis wirft seine Schatten voraus: Das Rennen ums Weisse Haus beginnt bereits am 15. Januar mit den Vorwahlen der Republikaner im US-Bundesstaat Iowa. In deren Gunst liegt Donald Trump natürlich vorn, dahinter folgt derzeit Nikki Haley. Die leistet sich jedoch am 27. Dezember einen Fauxpas, als sie nach dem Grund für den Bürgerkrieg gefragt wird.

Nikki Haley beantwortet hier eine einfache Frage nach dem amerikanischen Bürgerkrieg recht ungeschickt.
Nikki Haley beantwortet hier eine einfache Frage nach dem amerikanischen Bürgerkrieg recht ungeschickt.

Die 51-Jährige antwortet, es sei im Grunde um die Art der Regierungsführung und um persönliche Freiheiten gegangen. «Nein, tut mir leid», sagt Colbert im Stile eines Gameshow-Moderators, «die Antwort, die wir gesucht haben, war ‹Sklaverei›.» Und weiter: «Für eine frühere Gouverneurin von South Carolina ist es lächerlich, das zu vergessen.» Der Staat gehörte zu den Südstaaten, die die Sklavenhaltung verteidigt haben.

Krieg? So anziehend!

Der Fehltritt ist auch ihrem parteiinternen Konkurrenten nicht entgangen. «Wisst ihr, ich würde sagen, Sklaverei ist die offensichtliche Antwort», lästert Donald Trump mit einem breiten Grinsen am 5. Januar in Mason City, Iowa. «Ja, Sklaverei ist die offensichtliche Antwort darauf, was den Bürgerkrieg ausgelöst hat», kontert Colbert. «Genau wie Donald Trump die offensichtliche Antwort darauf ist, was Bürgerkrieg II ausgelöst hat.»

«Offensichtliche Antwort»: Trump gibt Haley genüsslich einen mit.
«Offensichtliche Antwort»: Trump gibt Haley genüsslich einen mit.

Nach der kleinen Anspielung auf den Sturm aufs Kapitol zeigt die Show ab Minute 2:36 einen Ausschnitt aus Newton, Iowa, vom 6. Januar. «Ich liebe das Studieren des ... Äh, wenn man sich ansieht ... Ich meine, die Kriege ... Ich weiss nicht, was es ist: Der Bürgerkrieg war so faszinierend, so schrecklich. Er war so schrecklich, aber so faszinierend. Er war, äh ... Ich weiss nicht, er war einfach anders. Ich finde ihn einfach ... Es zieht mich an, ihn zu sehen.»

Geredet werde aber «über die nächste idiotische Sache», die Trump vom Stapel lässt, erklärt Colbert. «Es wurden so viele Fehler gemacht», weiss Trump. «Seht, es gab etwas, über das man hätte verhandeln können. Um ehrlich mit euch zu sein: Ich denke, man hätte darüber verhandeln können.»

«Sie ist eine Globalistin, sie mag den Globus»

Colbert imitiert Trump: «Nichts ist einfacher, als über den Bürgerkrieg zu verhandeln. Wie wäre es damit: montags, mittwochs, freitags – total versklavt. Dienstags, donnerstags und jedes zweite Wochenende – total frei.»

Mit Nikki Haley ist Donald Trump aber noch nicht fertig. «Das Establishment der offenen Grenzen hat [sie] in der Tasche, finanzieren ihre gesamte Karriere, und sie ist eine Globalistin. Wisst ihr, sie mag den Globus.» Colbert kann sich das Lachen nicht vergleichen. «Sie ist eine Globalistin, sie mag den Globus», äfft er Trump nach. «Ich nicht. Ich bin ein Misogynist, weil ich eine gute Massage mag.»

Vielsagend: Colberts Gesicht nach dem Globus-Einspieler.
Vielsagend: Colberts Gesicht nach dem Globus-Einspieler.

Nicht nur Frauenfeindlichkeit ist bei Trump ein Thema, wie ab Minute 5:08 zu sehen ist: Es geht um ein neues Raketen-Abwehrsystem. «Es ist unglaublich: Rakete im Anflug, Rakete im Anflug. Diese Genies setzen sich hin, die meisten von ihnen kommen [von der Elite-Uni] MIT. Aber sie setzen sich hin: bing, bing, bing, bumm, schiiiii – alles ist weg.»

«Gott gab uns Trump»

Dass Donald Trump 2024 deutlich weniger explosiv ist als noch 2016, zeigt auch der Ausschnitt ab Minute 5:34: «Viele Leute fragen mich zwei Fragen. Als Erstes fragen sie: ‹Siiiiir, wie machen Sie das, wie wachen Sie am Morgen auf und ziehen Ihre Hosen an?›» Das fragt sich auch Colbert: Nutzt Trump ein Trampolin? Einen Gabelstapler? Bungee-Seile? Eine gefettete Rutsche mit den offenen Hosen an deren Ende? Fragen über Fragen ...

«Schiiiii»: Trump simuliert hier einen Raketenangriff.
«Schiiiii»: Trump simuliert hier einen Raketenangriff.
Late Night USA – Amerika verstehen
blue News

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

Was dem Wahlvolk in Iowa wichtig ist, ist Gott, fährt der Late-Night-Host fort: «Umfragen zufolge lieben die Evangelikalen Trump», sagt Colbert. «Wenn es nach einem gläubigen Wähler geht, ist ‹Trump unser David und unser Goliath›. Ja, er ist David und Goliath. Deshalb redet er so, als habe er sich selbst mit einem Stein am Kopf getroffen.»

Um den Gläubigen zu gefallen, postet der Ex-Präsident auf Truth Social massgeschneiderte Videos, in denen Sätze fallen wie «Gott gab uns Trump». «Okay», räumt Colbert ein, «aber Gott gab uns auch diesen Fisch aus dem Amazonas, der in deine Penis-Öffnung schwimmt und Haken abschiesst, damit man ihn nicht rausbekommt. Ich sage ja bloss, dass Gott eine gemischte Bilanz hat, wenn es ums Geben geht.»