Auf gutem Weg zum Sieg entgleitet Michael Smith im Final der Darts-WM der Titel in der Schlussphase. Gegner Peter Wright beisst eiskalt zu – und spendet seinem niedergeschlagenen Widersacher kurz darauf Trost.
Ein wenig erinnert das dramatische Endspiel der Darts-WM in London an den Final der Fussball-EM im vergangenen Sommer. Vor heimischen Publikum im Wembley peilt die englische Nati damals gegen Italien den ersten EM-Titel für die Fussballnation an. Nach einem frühen Treffer von Luke Shaw sieht es lange gut aus, bevor den Three Lions in der entscheidenden Phase doch noch die Luft ausgeht.
Wie nach dem verlorenen Penaltyschiessen im Wembley, ist die Ernüchterung bei den englischen Fans auch am Montagabend im «Ally Pally» zu spüren. Dabei befindet sich Lokalmatador Michael Smith im Best-of-13-Match gegen Peter Wright nur Minuten zuvor noch auf Siegeskurs. Nach einem realisierten Break zum 5:4 hat der 31-Jährige mehrfach die Gelegenheit, mit dem Gewinn des zehnten Satzes eine Vorentscheidung herbeizuführen. Doch es kommt anders.
Keine Weltmeister-Party, aber Tee
Aus dem Nichts bricht Smith ein. Kontrahent Peter Wright dagegen setzt genau in dieser Phase noch einen drauf, holt sich in einem beeindruckenden Schlussspurt acht (!) Legs und damit beinahe drei Sätze en suite und steht kurz darauf als Weltmeister fest. «Ich bin überglücklich. Ich habe es geschafft», sagt der stets bunt gekleidete und frisierte Wright nach der Eroberung von rund 595'000 Euro Preisgeld und der etwa 25 Kilogramm schweren Sid Waddell Trophy.
Grosse Feierlichkeiten hat der Schotte aber aus gutem Grund nicht geplant. «Es gibt keine Party, aber ein oder zwei Tassen Tee. Für mehr bin ich zu alt», so der 51-jährige Wright.
«Michael wird bald dran sein»
Für den bitter enttäuschten Smith dagegen geht das Warten auf einen grossen Titel – wie für die Fussballer – weiter. Noch auf der Bühne bricht der niedergeschlagene Publikumsliebling mehrmals in Tränen aus, was nicht unbemerkt bleibt.
Von den Fans im vollbesetzten Alexandra Palace wird der «Bully Boy» selbst während der Siegesrede von Wright besungen und gefeiert. «Michael wird bald dran sein», spendet auch der frischgebackene Champion Trost. Und der nun zweifache WM-Finalverlierer (neben 2022 auch 2019) kündigt bereits kämpferisch an: «Ich werde mich bereit machen für den nächsten Anlauf.»