Australian Open Wieso ein Arena-Name für Streit sorgt – und was Federer dazu meint

Von Syl Battistuzzi, Melbourne

23.1.2020

Margaret Court (l.) ist Namensgeberin eines Stadions – das passt bei weitem nicht allen Tennis-Fans.
Margaret Court (l.) ist Namensgeberin eines Stadions – das passt bei weitem nicht allen Tennis-Fans.
Bild: Getty

Die Australierin Margaret Court ist einerseits ein grosses Tennis-Idol, andererseits wegen ihrer Äusserungen über Minderheiten höchst umstritten. Da ein Stadion im Melbourne Park ihren Namen trägt, steckt Tennis Australia im Dilemma.

Margaret Court ist erfolgreicher als Roger Federer. Zumindest bei der Anzahl gewonnener Grand-Slam-Titel hat die Australierin klar die Nase vorn: 24 Mal triumphierte sie zwischen 1960 und 1973. Kein Wunder, ist die statistisch erfolgreichste Tennisspielerin in ihrer Heimat ein grosses Idol. Oder war es zumindest. Denn sie hatte während ihrer Karriere in den Siebzigerjahren ein religiöses Erweckungserlebnis, wie der «Spiegel» schreibt.



Beeinflusst von kontroversen religiösen Führern nahm Court mit der Zeit eine immer prominentere Rolle in der lokalen Pfingstbewegung ein. Mittlerweile ist Court Pastorin ihrer eigenen Kirche und schaltet sich regelmässig in gesellschaftliche Debatten ein. Vor allem, wenn es um die Rechte der Homo- und Transsexuellen geht, wo sie grundsätzlich «den Teufel am Werk sieht».

Der australische Tennisverband und die breite Bevölkerung behandelten ihre Äusserungen meist ziemlich stiefmütterlich – zu gross waren ihre Verdienste im sportbegeisterten Land. 2003 wurde im Melbourne Park der «The Show Court 1» als Tribut in «Margaret Court Arena» umbenannt.

Die heikle Gratwanderung

2012 folgte eine erste Protestwelle, nachdem sich homosexuelle Tennis-Legenden wie Billie Jean King oder Martina Navratilova gegen die Stimmungsmache von Court gegen die «LGBT»-Gruppe wehrten und eine Umbenennung forderten, was vorerst noch kein Gehör fand. 2017 schrieb Court in einer grossen Zeitung einen offenen Brief, wo sie ihre archaischen Glaubensgrundsätze wiederholte, was erneut für grossen Unmut sorgte.

Sogar der damalige Premierminister Malcolm Turnbull musste Stellung zum Thema nehmen, der konservative Politiker wollte aber nicht Sport und Privates vermischen und lehnte eine Umbenennung ab – genau gleich wie Melbournes Turnierdirektor Craig Tiley, der sich ebenfalls nicht für eine Namensreform der drittgrössten Arena (7'500 Zuschauerplätze) einsetzen wollte.

An Margaret Court scheiden sich die Geister.
An Margaret Court scheiden sich die Geister.
Bild: Getty

Im November 2019 wurde die Debatte um Court wieder lanciert, als der australische Tennisverband ankündigte, die mittlerweile 77-Jährige bei den diesjährigen Australian Open würdigen zu wollen. Allerdings liess der Verband in einem Statement mitteilen, dass dabei nur die «sportlichen Leistungen gewürdigt» werden sollen und unterstrich, für die Werte von Gleichheit, Diversität und Inklusion einzustehen. 

Lösungen wären da

Der Graben zwischen den Lagern ist tief. Selbst Roger Federer musste öffentlich Stellung beziehen: «Es ist ein kniffliges Thema. Sie ist offensichtlich eine unglaubliche Tennisspielerin, eine der erfolgreichsten aller Zeiten. Ich weiss, dass dieses Thema viele Kontroversen hervorruft. Tennis Australia soll tun, was sie tun müssen. Ich habe ehrlich gesagt keine Meinung dazu.»

Navratilova hatte die Idee, den «Margaret Court Arena» in «Evonne Goolagong Arena» umzutaufen. Die 68-jährige Aborigine war ebenfalls eine der erfolgreichsten australischen Tennis-Spielerinnen der Geschichte.

Oder man macht es wie letztes Jahr: 2019 wurde der «Show Court 2», das viertgrösste Stadium auf der Anlage, in 1573 umgetauft. Im Jahre 1573 nahm nämlich eine chinesische Schnapsbrennerei ihren Betrieb auf. Die Namensrechte gehören der Firma nun bis 2024. Vielleicht könnte ja wieder ein Spirituosenhändler das Dilemma um den «Margaret Court Arena» lösen.


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