Roger Federer überspringt in Roland Garros auch seine zweite Hürde und schlägt Marin Cilic in vier Sätzen. In seinem 1518. Match auf der ATP-Tour erlebt der Schweizer allerdings eine unerwünschte Premiere.
Im zweiten Satz liegt Federer gegen den Kroaten zwischenzeitlich mit 1:3 zurück und hat den Schwung aus der furiosen Anfangsphase etwas verloren, als er von Schiedsrichter Emmanuel Joseph eine Verwarnung wegen Zeitüberschreitung kassiert – und das als Rückschläger notabene. Eine Seltenheit, die selbst Urgestein Federer noch nie erlebt hat.
Der verdutzte 20-fache Grand-Slam-Sieger lässt das aber nicht auf sich sitzen, verwickelt den Schiedsrichter im Anschluss minutenlang in eine Diskussion. Auch Kontrahent Cilic wird miteinbezogen, allerdings bestätigt der Kroate den Eindruck des Unparteiischen.
«Er prellt zuerst noch zehnmal den Ball»
«Ich verstand zuerst gar nicht, was los war», spricht Federer an der Pressekonferenz nach dem Spiel noch einmal über die Szene und beteuert: «Ich wusste nicht, dass er aufgebracht ist.» Aus diesem Grund habe ihn auch gestört, dass er darüber nicht informiert wurde. Schliesslich habe er in jüngster Zeit sehr selten gespielt, der Rhythmus fehle noch. «Ich habe das Gefühl, dass es auf vielen Ebenen ein Missverständnis war. Ich habe es nicht verstanden und dann herausgefunden, und ich schätze, ich bin einfach ‹neu› auf der neuen Tour.»
Andererseits macht Federer auch klar, dass sich Cilic selber sehr viel Zeit lasse: «Wenn er seinen Fuss an die Servicelinie setzt, ist er noch nicht bereit. Er prellt zuerst noch zehnmal den Ball. Und ich habe keine Lust, dort zu stehen und zu warten», sagt der 39-Jährige und fügt scherzhaft an: «Er kann von mir aus einmal anfangen zu prellen, und ich stelle mich dann etwas später bereit.»
Federer will die Sache noch auf dem Court ausdiskutieren. «Ich wollte zeigen: Das lasse ich mir nicht gefallen. Mir sind solche Punkte oder Verwarnungen wichtig. Nicht einfach Schwamm drüber, alles ist egal. Ich wollte zeigen, dass ich nicht einfach nur happy bin, hier in Paris zu spielen», so Federer. Und weiter: «Ich finde, ich habe das gut gemacht. Und ich konnte es in positive Energie umwandeln.»
Federers positives Fazit
Zwar verliert Federer den zweiten Durchgang wenig später trotzdem, zudem muss er im dritten Satz eine Führung wieder preisgeben. «Dieser dritte Satz, als ich meinen Vorsprung preisgab und dann wieder zulegte, war sehr gut für mich. Solche Situationen kannst du im Training nicht simulieren, das musst du im Match erleben.»
Ohnehin fällt Federers Fazit mehr als positiv aus. «Ich habe mich selber ein bisschen überrascht. Marin (Cilic) hat nicht sein bestes Jahr, aber ich fand, es war ein sehr guter Match», zeigt sich der Schweizer zufrieden. «Dass ich so lange auf diesem Niveau spielen kann, hatte ich im Training gezeigt. Aber im Match ist es immer noch etwas anderes. Meine Steigerung zeigte mir, dass ich noch Reserven habe.»
In der dritten Runde trifft er auf den Deutschen Dominik Koepfer, der in seinen ersten beiden Matches keinen einzigen Satz abgeben muss. Die Vorfreude auf das Duell mit dem Maestro ist gross: «Ich werde einmal erzählen können, ich hätte gegen Federer gespielt», strahlt der 27-Jährige.