Ungewöhnlicher Lebenslauf Als 18-Jährige im Wimbledon-Final – später wurde Andrea Jaeger Nonne

SB10

11.7.2023

Andrea Jaeger bei einem Charity-Event 2016. 
Andrea Jaeger bei einem Charity-Event 2016. 
Bild: imago/The Photo Access

Die ehemalige Teenager-Tennissensation Andrea Jaeger erzählt, wieso das Karriereende für sie eine Befreiung war und wie sie den Weg zu Gott fand.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Andrea Jaeger war in den frühen 80er-Jahren eines der grössten Tennis-Talente. Die US-Amerikanerin stand in zwei Grand-Slam-Finals und war auf Platz zwei der Weltrangliste. 
  • Als 19-Jährige beendete sie verletzungsbedingt ihre Karriere. Doch die körperlichen Probleme waren nur ein Teilaspekt ihres Rückzugs. Jahrzehnte später berichtete sie von sexueller Belästigung und gezieltem Mobbing.
  • Jaeger fühlte sich schon früh von Gott berufen. Zwischenzeitlich war sie gar Nonne im Orden. 

Sie war erst 14 Jahre alt, als sie Profi wurde. Wenig später schlug die frühreife Teenagerin Tennis-Grössen wie Chris Evert und Martina Navrátilová und stand bald auf Weltranglistenposition zwei.

1982 erreichte sie den French-Open-Final, ein Jahr später stand die damals 18-jährige Jaeger im Endspiel von Wimbledon. Beide Male verlor sie gegen Navrátilová. 

Doch die Pleite im All England Lawn Tennis Club war kein Zufall. Nach einem Streit mit ihrem überehrgeizigen Vater – gleichzeitig ihr Trainer – flüchtete sie vor ihm. Unterkunft fand sie ausgerechnet bei ihrer Final-Gegnerin. Doch die US-Amerikanerin schämte sich, die Vorbereitung von Navrátilová gestört zu haben und gab sich im Final praktisch kampflos 0:6 und 3:6 geschlagen.

Der Weg zur Nonne

Im Alter von knapp 20 Jahren gab sie aufgrund einer Schulterverletzung ihren Rücktritt. Danach ging sie ans College und studierte Theologie. Das Geld, das sie mit dem Tennisspielen verdiente, verwendete sie, um Missbrauchsopfern zu helfen. Auto, Schmuck oder Uhren – alles verkaufte sie. Durch dieses Engagement wurde sie zu einem Leben als Nonne geführt.

Obwohl ihre Eltern nicht in die Kirche gingen, habe sie von klein auf immer gebetet. «Niemand hat mich dazu gezwungen. Ich wusste einfach, dass Gott existiert und dass wir Freunde sind und eine persönliche Beziehung haben. Keiner in meiner Familie wusste, dass ich jeden Tag meines Lebens gebetet habe», so Jaeger im Interview mit «Daily Star» zu ihren Beweggründen.

Das Leben als Nonne im Dominikanerorden war hart. «Es ist eine strenge Disziplin. Ich wachte um 4 Uhr morgens auf, verrichtete meine Gebete und mein spirituelles Studium, und dann begann ich um 5 oder 6 Uhr mit der Arbeit wie Spenden zu sammeln, Programme zu planen und diese Programme durchzuführen», erläutert Jaeger ihre drei Jahre im Kloster.

Schlimme Erfahrungen auf der Tour

Die Abkehr vom Tennissport war dabei für Jaeger ein Segen. Schliesslich erzählte die heute 58-Jährige knapp 40 Jahre später, wie schwierig ihr früheres Leben als «Tennis-Wunderkind» war. So sei sie in den Umkleideräumen von einem ehemaligen Mitarbeiter des Frauen-Tennis-Verbands sexuell belästigt worden, und in mindestens einem weiteren Vorfall sei eine dritte Person verwickelt gewesen. Ausserdem sei ihr als Minderjährige ohne ihr Wissen Alkohol angeboten worden.

Die Teenagerin wurde auch zur Zielscheibe von üblen Scherzen – so fand sie einst Rasierklingen in ihren Schuhen. Ein anderes Mal sind die Saiten ihres Schlägers durchgeschnitten worden, wie sie dem «Independent» verriet. «Ich habe mich in mobilen Toiletten oder in einer Kabine umgezogen, weil ich mich nicht mit den Kommentaren, dem Interesse oder den Handlungen der Leute auseinandersetzen wollte», gestand sie.

In ihrem neuen Leben fühlt sich hingegen wohl, auch wenn ihr Ordensgewand einige Schwierigkeiten bereitet. «Wie oft ich den Nonnenhabit trage, hängt davon ab, was ich gerade tue», meint Jaeger zu «Daily Star».

«Ich habe drei davon. Sie werden ziemlich schnell schmutzig.» Jaeger weiter: «Ich bleibe immer wieder mit den Gewändern in Bussen und Rolltreppen stecken. Einmal bin ich in ein Taxi gesprungen und habe die Hälfte davon vor der Tür liegen lassen.»

Ihr Fazit: «Ich glaube, ich werde immer eine Schwester sein. Ich habe Freude und Liebe am Leben, und es ist einfacher, das in diesem Bereich zum Ausdruck zu bringen.»