Die ersten Olympischen Geisterspiele sind Geschichte. Trotz der noch nicht überwundenen Corona-Pandemie schaffen es die Organisatoren, einen nahezu reibungslosen und sicheren Ablauf zu gewährleisten.
Die Befürchtungen, dass die Sommerspiele in Tokio zu einem Superspreader-Event verkommen würden, waren letztlich unbegründet. Trotz einiger positiver Tests vor allem im Vorfeld und zu Beginn der Wettkämpfe blieb das von Kritikern prognostizierte Corona-Chaos aus. Die Organisatoren sprachen am Sonntag von 430 positiven Fällen, 29 davon betrafen Sportler. Zu ihnen gehörten auch der amerikanische Stabhochspringer Sam Kendricks oder die griechischen Synchronschwimmerinnen.
Die grosse Mehrheit der gut 50'000 akkreditierten Athleten, Funktionäre und Medienschaffenden hielt sich an die strikten Regeln, welche die Organisatoren den ausländischen Gäste auferlegten. Diese hatten im Vorfeld der Spiele für viel bürokratischen Papierkram und bei der Einreise nach Japan für lange Wartezeiten gesorgt. Aber das Bubble-System funktionierte.
Olympische Parallelwelt
Trotz fehlender Zuschauer wurde «Tokyo 2020» auch nicht zu einer seelenlosen Veranstaltung. Während an den Marathons in Sapporo oder den Rad-Wettkämpfen in Izu, das ebenfalls nicht zur Präfektur Tokio gehört, eine beschränkte Anzahl Zuschauer zugelassen war, herrschte auch in vielen der modernen Sportstätten der Olympiastadt trotz leerer Ränge eine gewisse Atmosphäre.
Im Schwimmen, Kunstturnen oder einigen Ballsportarten verfolgten jeweils mehrere Hundert Personen die finalen Wettkämpfe. Sogar das weite Rund des Olympiastadions wurde dank Funktionären, Delegationsmitgliedern und Volunteers an den Final-Abenden der Leichtathletik mit etwas Leben erfüllt.
Für die vielen freiwilligen Helfer war dies zumindest ein kleiner Lohn für die Arbeit und ihre ausgesprochene Freundlichkeit. Sie waren tatsächlich die besten Botschafter Japans, wie es IOC-Präsident Thomas Bach an der Eröffnungsfeier prophezeit hatte. Ansonsten fand die Vermischung mit der japanischen Bevölkerung aber praktisch nicht statt, die olympische Blase lebte in ihrer eigenen Welt.
Das öffentliche Leben in Tokio stand trotz des verlängerten Notstands aber keineswegs still. Im Bahnhof Tokio, den in normalen Zeiten täglich gegen eine Million Menschen passieren, ging es trotz Corona während den Geschäftszeiten zu und her wie in einem Bienenhaus.
Trotz allem ein unvergessliches Erlebnis
Dass die Spiele «zum Beweis für den Sieg gegen das Coronavirus» werden würden, wie es der japanische Ministerpräsident Yoshihide Suga im Vorfeld gehofft hatte, traf selbstredend aber nicht ein. Die Pandemie hat ihren eigenen Zeitplan. Kurz vor Abschluss der Spiele verzeichnete Tokio erstmals überhaupt mehr als 5000 Neuansteckungen pro Tag, die Tendenz ist aufgrund der Delta-Variante weiter steigend.
Trotzdem bewies die Metropole, in deren Grossraum knapp 40 Millionen Menschen leben, dass es auch während einer globalen Pandemie möglich ist, einen solchen Mammutanlass durchzuführen. Womöglich war die sportliche Chancengleichheit weniger gegeben als an anderen Olympischen Spielen, hatte doch jedes Land seit dem Ausbruch der Pandemie zu Beginn des letzten Jahres ihre eigene Strategie bei deren Bewältigung.
Der finanzielle Preis, den Japan für die Organisation der Spiele bezahlt hat, ist ein hoher. Für das IOC, die Sportverbände und vor allem für die Sportler war die Durchführung aber elementar. Für viele von ihnen ging ein Lebenstraum in Erfüllung. Die Spiele waren der Lohn für die harte Arbeit und die vielen Entbehrungen, das Nonplusultra ihrer Sportkarrieren.
Und trotz Maskenpflicht, täglicher Corona-Tests und stark eingeschränkter Begegnungszonen im olympischen Dorf war für die meisten von ihnen «Tokyo 2020» auch ein unvergessliches Erlebnis.