Hamiltons Bruder attackiert die Rennleitung Hamiltons Bruder attackiert die Rennleitung

Luca Betschart

14.12.2021

Dem entthronten Weltmeister Lewis Hamilton ist die Enttäuschung in Abu Dhabi ins Gesicht geschrieben.
Dem entthronten Weltmeister Lewis Hamilton ist die Enttäuschung in Abu Dhabi ins Gesicht geschrieben.
Bild: Keystone

Noch bis am Donnerstag hat Mercedes Zeit, gegen Formel-1-Weltmeister Max Verstappen Berufung einzulegen. Inzwischen mischt sich auch Nicolas Hamilton, der Halbbruder von Lewis, in die anhaltende Debatte ein.

Luca Betschart

Gleich zwei Proteste legt das Team Mercedes nur Minuten nach dem turbulenten letzten Saisonrennen am Sonntag in Abu Dhabi bei der FIA ein. Obwohl beide Einsprüche wenig später von der Rennleitung abgewiesen werden, will man Max Verstappen bei den Silberpfeilen auch danach noch nicht als Nachfolger von Lewis Hamilton anerkennen. Im Gegenteil: Mercedes kündigt an, in Berufung zu gehen und das Urteil somit weiterzuziehen.

Für Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko ein Zeichen von Schwäche. «Es ist eines WM-Finals unwürdig, dass die Entscheidung so hinausgezögert wird. Das spricht aber für die Gesinnung eines, ich würde sagen, unwürdigen Verlierers, wenn man solche Einsprüche und Proteste einlegt», so Marko bereits am Sonntagabend. Die Meinungen diesbezüglich gehen weit auseinander, der Widerstand aus dem Mercedes-Lager erscheint jedoch nicht ganz unbegründet.



Masis gewagte Entscheidung

Während für Mercedes mit dem ersten Protest, Verstappen habe Hamilton in der Safety-Car-Phase kurz überholt, wohl nicht mehr viel herauszuholen ist, hat es der zweite Vorwurf in sich. Dabei geht es um die fünf überrundeten Autos, die zu Beginn der Safety-Car-Phase kurz vor Schluss zwischen dem Rivalen Hamilton und Verstappen liegen.

Zuerst entscheidet Rennleiter Michael Masi, dass diese nicht überholen sollen, was Hamilton den nötigen Puffer gewährleistet hätte. Doch nachdem die Strecke freigeräumt ist, ändert Masi kurzerhand seine Meinung. Der Australier lässt aber nur die betroffenen fünf, und nicht wie in den Regeln vorgesehen alle überrundeten Autos überholen.

Denn dann wäre das Rennen wohl unter dem Safety-Car zu Ende gegangen, was Masi offenbar verhindern wollte – und vom Reglement auch zu dieser Entscheidung berechtigt ist. Nur: Das Safety Car hätte in derselben Runde noch nicht wieder an die Box kommen dürfen. Die Regel besagt, dass dies erst am Ende der nachfolgenden Runde erlaubt ist – und das wäre mit Zieldurchfahrt gewesen. Doch dazu kommt es bekanntlich nicht.

«Eine Schande für unseren gesamten Sport»

Für Nicolas Hamilton trifft Masi damit eine klare Fehlentscheidung. Unter ein Foto seines Halbbruders Lewis schreibt er auf Instagram: «Der wahre Champion! Die FIA hat ihre eigenen Regeln gebrochen, was eine Schande für unseren gesamten Sport ist.»

Und weiter: «Doch ungeachtet der heutigen Misshandlung waren die Hamiltons in ihrer Niederlage bescheiden. Mein Vater, der uns grossgezogen hat, gratuliert Max und seinem Vater Jos. Die Leute können sagen, was sie wollen, aber die Geste meines Vaters beweist, dass alle Zweifler und Hasser im Unrecht sind und zeigt, wer wir als ‹die Hamiltons› sind.»

Die Kritiker Lügen zu strafen sei allerdings sowieso das, was Bruder Lewis Tag für Tag erreiche. «Den Leuten zu beweisen, dass sie im Unrecht sind, liegt in unserer DNA, und Lewis tut das täglich. Mit absoluter Professionalität und Anstand in der Niederlage, obwohl wir alle wissen, dass er von dem Sport, dem er so viel gegeben hat, im Stich gelassen wurde», so Nicolas Hamilton, der selbst Rennfahrer ist.

Entscheid bis Donnerstag

Bis am Donnerstagabend muss Mercedes entscheiden, ob man in Berufung gehen will. Abgesehen von Mercedes scheint die jüngste Entscheidung des viel gescholtenen Masi bei den Experten aber als goldrichtig eingestuft zu werden. «Er war in vielen Fällen mit seinem Job die ganze Saison überfordert und hätte ihn vielleicht gar nicht haben sollen. Aber es war die richtige Entscheidung, die beiden racen zu lassen», sagt etwa Bernie Ecclestone.

Gleiche Töne schlägt Michael Stäuble an. «Für mich hat er alles richtig gemacht», macht der SRF-Kommentator im Gespräch mit blue Sport klar. Zudem appelliert er an Mercedes, die Proteste nicht weiterzuziehen. «Wenn man das weiterzieht, und die Fans warten müssen, müsste sich eine solche Marke überlegen, ob das nicht dem eigenen Ruf schaden könnte.»

Stäuble: «Mercedes muss sich fragen, ob man nicht dem eigenen Ruf schadet»

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Am Tag nach der dramatischen Entscheidung um den WM-Titel ordnet Formel-1-Experte Michael Stäuble die Geschehnisse in Abu Dhabi ein und verrät im Gespräch mit blue Sport, was er von den Protesten von Mercedes hält.

13.12.2021