Fabian Schär war beim 2:0-Sieg in Georgien der Matchwinner für die Schweiz. Zunächst ging er bei einem Luftduell K.o., spielte aber weiter und leitete beide Tore der Nati ein. Doch war es korrekt, dass Schär nicht ausgewechselt wurde?
Es läuft die 24. Minute, als Fabian Schär nach einem Corner von Ricardo Rodriguez anstelle des Balls den Hinterkopf von Gegenspieler Jemal Tabidse trifft. Der Newcastle-Söldner sackt zu Boden, bleibt regungslos liegen. Der Georgier Jano Ananidse erkennt den Ernst der Lage sofort, richtet Schär die Zunge, um ihn vor dem Ersticken zu bewahren. Teamarzt Damian Meli sprintet aufs Feld – er behandelt den Verteidiger minutenlang.
Dann die Entwarnung: Schär ist bei Sinnen und will weiterspielen. Meli gibt grünes Licht, und wenig später steht Schär wieder auf dem Platz. Gut für die Nati: Die Nummer 22 leitet in der zweiten Halbzeit mit zwei starken Zuspielen die Tore von Steven Zuber und Denis Zakaria ein und wird zum Helden für die Schweiz, die ihr erstes EM-Qualispiel mit 2:0 gewinnt.
Doch war es wirklich vernünftig, Schär nach dem Zusammenstoss weiterspielen zu lassen? Wie dramatisch Kopfverletzungen sein können, zeigt das Beispiel Ryan Mason. Der Engländer zog sich im Januar 2017 nach einem Zusammenprall einen Schädelbruch zu und musste die Karriere im Alter von 25 Jahren beenden. Im Zweifel sollte ein Spieler eigentlich immer ausgewechselt werden.
«Ich kann mich an gar nichts erinnern, ich war einige Sekunden K.o. Mein Schädel brummt noch. Zudem habe ich Nackenschmerzen und eine Beule an der Stirn», sagt er nach dem Spiel dem «Blick». Er habe mit dem Arzt gesprochen und ihm dann gesagt, dass er es probieren wolle, so lange es gehe. Schär bleibt 90 Minuten auf dem Platz.
Schärs Nicht-Auswechslung war ein Risiko
Der Verdacht auf eine Hirnerschütterung ist gegeben, doch Teamarzt Meli empfiehlt keine Auswechslung. Er untersucht Schär nach dem «Sport Concussion Assessment Tool» und stellt keine neuropsychologischen Defizite fest. Der Verteidiger kann alle Testfragen richtig beantworten, er weiss, dass er sich in Georgiens Hauptstadt Tiflis befindet.
War es also in Ordnung, Schär weitermachen zu lassen? Jiri Dvorak, der frühere Chefmediziner der FIFA, sagt dem «Tages-Anzeiger», dass das Vorgehen von Meli in Ordnung war. Für eine vollständige Abklärung des Zustands bräuchte es in solchen Fällen aber eigentlich mehr als die knapp fünf Minuten, die es bei Schär waren: «Dafür braucht es acht bis zehn Minuten.»
Der Entscheid, Schär nicht auszuwechseln, war also durchaus risikobehaftet. Ein Risiko, dass sich am Ende bezahlt gemacht hat. Denn auch weitere Kontrollen nach dem Spiel haben «keine Anomalie und kein neurophysiologisches Defizit» gezeigt, lässt der SFV verlauten. Trotzdem wird Schär am Dienstag im zweiten Spiel der EM-Qualifikation in Basel gegen Dänemark geschont und nicht zum Einsatz kommen.