Kommentar Superstar Messi verliert gegen «Hipster-Barista» die Nerven – und seine Unschuld

Von Syl Battistuzzi

18.1.2021

Der FC Barcelona verliert den spanischen Supercup-Final gegen Athletic Bilbao trotz zweimaliger Führung nach Verlängerung. Heilsbringer Lionel Messi kassiert wegen einer Tätlichkeit an Asier Villalibre die Rote Karte. Kein Zufall. 

Alles war angerichtet für den FC Barcelona. Dank eines Doppelpacks von Antoine Griezmann lag man kurz vor Schluss mit 2:1 vorne. Doch dann hatte Athletic Bilbaos Trainer Marcelino Garcia einen Geistesblitz. Der 55-Jährige, der erst am 5. Januar dieses Jahres die Geschicke bei den Basken übernahm, wechselte bei seinem Doppelwechsel in der 83. Minute Stürmerstar Raul Garcia aus – er schoss im Halbfinal zuvor Real Madrid mit einem Doppelpack raus – und brachte einen gewissen Asier Villalibre.

Als der 23-Jährige den Platz betrat, rieb man sich verwundert die Augen. Schliesslich schien der Mittelstürmer ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen zu haben. Auf der Klubwebsite wird Villalibre bei einer Grösse von 1,84 Meter mit 86,5 Kilogramm angegeben. Mit seinem Rauschebart erinnerte der vermeintliche Fussballprofi mehr an einen Barista aus einem hippen spanischen Ferienort. Statt glattrasierter Beine schimmerte zwischen Stulpen und Hose ein wilder Pelz durch. Und die Nackenhaare waren ebenfalls gut sichtbar. Der lokale Frisurenverband hat – im Gegensatz zu den deutschen Berufskollegen – bei Villalibre sicher keinen Grund zum Klagen. 

Als die katalanischen Stars in der Schlussminute schon eine Hand am Pokal hatten, verwertete dieser Normalo souverän eine Freistossflanke ins Netz zum 2:2-Ausgleich. In der Verlängerung machte Teamkollege Inaki Williams mit einem Traumtor das 3:2. Barça versuchte zwar noch, das Unvermeidliche abzuwenden, blieb dabei gegen die äussert hartnäckigen Basken Mal für Mal hängen. Kein einziger der Star-Truppe konnte sich gegen den Aussenseiter durchsetzen.

Grösste Dummheit seiner Karriere – harte Strafe droht

Superstar Lionel Messi musste sich die Bälle jeweils tief im Mittelfeld holen. Selten hatte der Argentinier wohl so wenige Ballkontakte. Und wenn, wurde der sechsfache Weltfussballer gestoppt. Mit allen regulären – und irregulären – Mitteln. In der 120. Minute versuchte ausgerechnet Villalibre, ihn mit unlauteren Mitteln auf dem Weg zum Tor zu stoppen. Messis Nerven lagen blank, mit einem Faustschlag schickte er seinen Gegenspieler zu Boden. Während sich die Messi-Fans auf Twitter immerhin mit Galgenhumor noch darüber freuen konnten, dass er neben dem besten linken Fuss auch über die beste rechte Hand verfüge, meldete sich schon der VAR. Es war der erste Platzverweis für ihn in insgesamt 753 Spielen für das Fanionteam von Barcelona. 

«Ich verstehe, was Messi getan hat. Ich weiss nicht, wie viele Fouls sie gegen ihn begangen haben. Er versucht zu dribbeln und kann es nicht», meinte sein Trainer Ronald Koeman. Er müsse zuerst die Videobilder sehen, um genauer urteilen zu können. Unter die Lupe nehmen wird die Szene dafür ein Ausschuss des Spanischen Fussballverbands. Messi droht eine Sperre zwischen zwei bis zwölf Spielen

Wieder in der Abwärtsspirale gelandet

Der pure Frust beim Superstar, der sich in der Tätlichkeit entlud, ist sicher auch den letzten Monaten geschuldet. Schon lange ist er unzufrieden mit der Klubpolitik und äusserte sogar im Sommer öffentlich seinen Wechselwunsch. Der 33-Jährige durfte aber nicht weg, stattdessen wurde noch sein bester Kumpel Luis Suarez für ein Kleingeld an Atlético verscherbelt. Im Herbst war der Argentinier ein Schatten seiner selbst, seine Skorerwerte so tief wie noch nie.

Vor dem Jahreswechsel schien die Nummer 10 dann neue Energie getankt zu haben. Es brauchte nur wenig, um den für viele grössten Fussballer der Neuzeit zu stürzen. Es ist kein gutes Zeichen für die Gegenwart und nähere Zukunft von Messi, Barcelona und Argentinien. Bis jetzt gönnte er in seiner langen Karriere seinen Gegenspielern niemals die Genugtuung, die vielen – und teilweise harten – Fouls persönlich zu nehmen.

Nun hat er am Sonntagabend diese Unschuld verloren. Mit Villalibre, der vorher für Klubs wie Real Valladolid, Lorca oder Numancia spielte, brachte ausgerechnet ein Normalsterblicher ihn zu Fall. Wie in einer griechischen Tragödie setzte Villalibre noch die Schlusspointe, indem er noch die Trompete auspackte und zum Siegestanz bat. 

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