2. Bundesliga «Skandal» – Wenn sich der Schiedsrichter unsicher ist und trotzdem Elfmeter pfeift

jar

18.5.2020

Schiedsrichter Sascha Stegemann (l.) pfeift gegen Stuttgart einen umstrittenen Elfmeter.
Schiedsrichter Sascha Stegemann (l.) pfeift gegen Stuttgart einen umstrittenen Elfmeter.
Bild: Getty

In der 2. Bundesliga kommt es am Sonntag zu einer dicken Überraschung: Abstiegskandidat Wiesbaden schlägt Aufstiegsaspirant Stuttgart dank eines Penalty-Treffers in der Nachspielzeit 2:1. Doch das Tor hat einen bitteren Beigeschmack. 

Es war ein seltsamer erster Bundesliga-Spieltag nach der Corona-Pause. Leere Stadien, keine Stimmung, verhaltene Torjubel. Und trotzdem dürfte es einen Grossteil der Fussballfans erfreut haben, dass der Ball nun endlich wieder rollt. Und eine Sache dürften Fans vor dem TV doch als sehr interessant empfunden haben: Wie die Spieler und Trainer miteinander kommunizieren. 



Und vielleicht noch interessanter: Wie sich der Schiedsrichter bei einem engen Entscheid mit dem Videoassistenten austauscht. So wie beim Spiel zwischen Wehen Wiesbaden und dem VfB Stuttgart in der 2. Bundesliga. 

Der VAR soll ja eigentlich nur eingreifen, falls ein klarer Fehlentscheid, der spielentscheidend sein kann, getätigt wurde. In Wiesbaden läuft bereits die Nachspielzeit, es steht 1:1, als Schiedsrichter Sascha Stegemann von seinem Assistenten Robert Kampka den Hinweis kriegt, dass er da womöglich ein strafbares Handspiel im Sechzehner übersehen hat. Stuttgarts Hamadi Al Ghaddioui soll den Ball im eigenen Strafraum mit ausgestrecktem Arm über Schulterhöhe berührt haben, was ein strafbares Vergehen wäre.

«Da erkenne ich gar nichts»

Stegemann will sich das Ganze noch einmal ansehen, läuft zum Monitor neben dem Spielfeldrand – und schaut sich die Szene dutzendmal aus verschiedenen Perspektiven an. Die Aussenmikrofone liefern den Beweis, dass sich Stegemann seiner Sache überhaupt nicht sicher ist. «Da erkenne ich gar nichts. Hast du ein Bild, das mir zeigt, dass der Ball klar an der Hand ist?», fragt der Unparteiische und wiederholt: «Ich erkenne hier so gut wie nichts.»

Klar ist, dass der Ball an einer Hand oder einem Ellenbogen war. Doch war wirklich der Stuttgarter am Ball? Oder doch der Wiesbadener Angreifer? Stegemann kann diese Frage nicht beantworten und fordert Hilfe vom Assistenten: «Robert, ist der Ball an der Hand von Al Ghaddioui? Hast du einen klaren Beweis dafür?» Der Videoschiedsrichter ist sich offenbar ganz sicher, dass der Stuttgarter am Ball war. «Okay, dann ist die Hintertor-Perspektive für mich die entscheidende, um zu sagen ... Wenn der Ball da klar an der Hand ist, okay?», vergewissert sich Stegemann noch einmal.



Obwohl sich der Schiedsrichter bis zum Schluss nicht ganz sicher zu sein scheint, entscheidet er Sekunden später tatsächlich auf Elfmeter. Philipp Tietz verwandelt und sichert Wehen Wiesbaden drei wichtige Punkte im Abstiegskampf.

Die Stuttgarter verzichten auf dem Platz auf Proteste, was erahnen lässt, dass der Entscheid im Endeffekt wohl schon richtig war. Am Montag lässt VfB-Sportdirektor Sven Mislintat dann aber doch noch mächtig Dampf ab. «Die Entscheidung ist ein Skandal», schimpft Mislintat im «Kicker» und kritisiert das Eingreifen des Videoschiedsrichters scharf. «Wenn der VAR so ins Spiel eingreift, muss man die Anwendung des Videoassistenten neu diskutieren. Wir sind nicht in der Lage, das vernünftig einzusetzen, sondern es ist eine extreme Willkür im Einsatz des VAR.»

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