Falsche Identität FIFA-Profil beweist Jattas Lüge – HSV wusste offenbar Bescheid

jar

9.8.2019

Bakery Jatta – oder doch Bakery Daffeh? – trainiert und spielt weiterhin beim HSV.
Bakery Jatta – oder doch Bakery Daffeh? – trainiert und spielt weiterhin beim HSV.
Bild: Getty

Neue Erkenntnisse im Fall Bakery Jatta: Offenbar hatte der HSV schon vor über drei Jahren Zweifel an der Echtheit seiner Angaben. Das Transfer-System der FIFA soll beweisen, dass Jatta unter falscher Identität spielt.

Wer auf dem Statistik-Portal «Transfermarkt» nach Bakery Jatta sucht, landet auf dem Profil des HSV-Profis, dessen Geschichte vor drei Jahren so märchenhaft erzählt wurde: Der Flüchtling aus Gambia, geboren in Gunjur, schaffte es aus der armen Gegend in die Bundesliga. Im April 2017 spielte der damals 18-Jährige zum ersten Mal fürs Profi-Team der Hamburger, zuvor kam der Rechtsaussen bei der zweiten Mannschaft zum Einsatz. 

«Vor wenigen Monaten habe ich noch mit meinen Freunden in Afrika gekickt. Meist barfuss und auf Beton. Wer Fussballschuhe hatte, war ein König», erzählte der Flüchtling wenige Wochen nach seinem Profi-Debüt der «Bild». Gemäss «Transfermarkt» spielte Bakery Jatta vor seiner Ankunft in Deutschland tatsächlich bei keinem anderen Verein. 

Wer auf dem gleichen Portal nach Bakery Daffeh sucht, sieht auf dem Profil dieses Spielers überraschende Parallelen zu Jatta, nicht nur der Vorname ist der gleiche. Denn auch Daffeh ist Flügelspieler, kommt aus Gambia und wurde in Gunjur geboren. Anders als Jatta hat Daffeh aber schon bei mehreren Klubs gespielt: Bei Brikama United in Gambia, beim 36 Lion FC in Nigeria und bei Casa Sports in Senegal. Und: Daffeh ist knapp zweieinhalb Jahre älter als Jatta. 

Am Mittwoch machte die «Bild» in einem Bericht den Verdacht öffentlich, dass Jatta unter falschem Namen für den HSV aufläuft. Im Zuge seiner Einreise im Jahr 2015 soll er seinen Namen – von Daffeh zu Jatta – und sein Geburtsdatum – vom 6.11.1995 auf den 6.6.1998 – abgeändert haben und nun unter falscher Identität spielen. Der Flügelstürmer wäre damit bei der Einreise nach Deutschland bereits volljährig gewesen, was das Asylverfahren erschwert hätte. Alleinreisende minderjährige Flüchtlinge dagegen erhalten normalerweise eine Aufenthaltsbewilligung und dürfen im Land bleiben.

HSV wusste offenbar Bescheid

Nachdem ein ehemaliger Trainer seines Klubs in Senegal und auch der frühere Coach der U20-Nati von Gambia bestätigten, dass Jatta damals noch unter anderem Namen auflief, hat das Bezirksamt Hamburg-Mitte ein Anhörungsverfahren eröffnet. Sollte sich Jattas Geschichte tatsächlich als grosse Lüge herausstellen, droht ihm die Rücknahme der Aufenthaltsgenehmigung und letztlich auch die Abschiebung in sein Heimatland.



Der HSV stellt sich zwar hinter seinen Spieler und verzichtet auf eine Suspendierung, laut dem «Spiegel» zweifelten die Hamburger aber schon vor dreieinhalb Jahren selbst daran, dass Jatta nie zuvor in einem Klub aktiv Fussball gespielt hat. Ein Spielerberater soll einen HSV-Mitarbeiter darauf hingewiesen haben, dass Jatta früher Daffeh hiess und älter sei als angegeben. Der HSV-Mann versuchte den Spuren nachzugehen, fand aber keine Beweise. Auch wenn es sein «Hauptverdacht» gewesen sei, «dass es sich bei dem Spieler tatsächlich um Bakary Daffeh handeln könnte». Der «Spiegel» bezieht sich bei diesen Informationen auf interne Dokumente der Enthüllungsplattform Football Leaks. 

FIFA-Transfer-System beweist offenbar Jattas Lüge

HSV-Sportdirektor Jonas Boldt teilt mit, dass Jatta «uns gegenüber die Korrektheit seiner Passangaben noch einmal bestätigt» habe. Die Hinweise, dass die Angaben falsch sind, verdichten sich allerdings immer mehr. «Der Transfer von Bakery Jatta zum Hamburger SV ist, wie bei internationalen Spielertransfers üblich, über die FIFA-Plattform 'Transfer Matching System' (TMS) erfasst worden», bestätigt die Deutsche Fussball-Liga (DFL) der «Bild». Und weiter: «Als vorherigen Klub hat der Gambische Verband im TMS den Verein Brikama United angegeben, wo Jatta laut Eintrag von 1. Februar 2014 bis 30. Juni 2016 als Amateur registriert war.» 

Der HSV steht «voll hinter Bakery und wir werden ihn auch weiterhin vollumfänglich im Trainings- und Spielbetrieb einplanen, zumal er ein wertvoller Spieler und voll integrierter, geschätzter Teamkollege ist», erklärt Boldt. Ob Jatta oder Daffeh – der Offensivspieler wird wohl auch am Sonntag in Chemnitz auf dem Platz stehen, wo der HSV im Pokal antritt. 

Übrigens: Laut «Transfermarkt» ist Bakery Daffeh vereinslos – seit 2015.

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