Bryan Okoh hat überraschenderweise ein Aufgebot für die A-Nati erhalten. Den frühreifen Teenager kennen hierzulande nur Fussball-Insider. Höchste Zeit also, ihn vorzustellen.
«Er ist der Jüngste in unserer Mannschaft, und das bedeutet, dass er es noch mehr verdient, hier zu sein». Diese Worte über Bryan Okoh stammen nicht etwa von Nati-Trainer Murat Yakin, sondern von Mauro Lustrinelli, Coach der U21.
«Er ist früh ins Ausland gegangen, aber Bryan ging zu einem Verein, der gut mit jungen Spielern arbeitet, und er hat sich dort gut entwickelt», hielt Lustrinelli im Oktober dieses Jahres gegenüber «24heures» fest.
Der Klub seiner Wahl hiess Red Bull Salzburg. Durch die österreichische Talentschmiede gingen schon Stars wie Naby Keita, Sadio Mané oder Erling Haaland. Kein Wunder, fühlt sich der Mann mit dem bunten Lebenslauf in der international angehauchten Akademie wohl.
Vier Länder zur Auswahl
Bryan Ikemefuna Okoh, wie er mit vollem Namen heisst, kam in Houston (USA) zur Welt. Seine Mutter stammt aus der Demokratischen Republik Kongo, sein Vater aus Nigeria. Den Lebensmittelpunkt verlegte die Familie bald mal von Texas in die Schweiz. Doch Zweifel über eine Zukunft abseits des SFV gab es bei ihm nie. Das Aufgebot für die A-Nati kommentierte er auf Instagram mit «Eine Ehre».
33 Minuten Einsatzzeit bekam der Verteidiger bisher in der ersten Mannschaft Salzburgs. Und auch das nur in einem Cupspiel. Doch sein Arbeitgeber hält seit langem grosse Stücke auf ihn. Stolze zwei Millionen überwies man vor zwei Jahren für den damals 16-Jährigen an Team Vaud, der Juniorenmannschaft von Lausanne. Für keinen Schweizer in diesem Alter wurde jemals mehr Geld bezahlt. «Lausanne hat Bryan Okoh, sein Juwel, zu einem Goldpreis verkauft», schrieb «24 Heures». «Ich bin hier, weil sie etwas in mir sehen», sagt Okoh, «ich will zeigen, dass sie recht haben.»
Sein Talent war augenfällig. «Ich erinnere mich, dass uns die Scouts damals fragten, welches sein stärkerer Fuss sei. Er war schon in der Lage, mit dem linken und dem rechten Fuss genaue Flanken zu schlagen», schwärmte Lausannes früherer Sportdirektor Pablo Iglesias gegenüber «24heures».
Auf den Spuren von Upamecano
Lustrinelli lobt sein Gesamtpaket: «Er ist sehr physisch, geht gut und stark in die Zweikämpfe. Er ist nicht nur ein guter Verteidiger, sondern auch ein guter Ballverteiler, da er mit beiden Füssen gut zurechtkommt. Für einen modernen Spieler ist das ein unglaublicher Vorteil.»
Okohs Selbsteinschätzung fällt in der «BZ» folgendermassen aus: «Ich liebe es zu verteidigen, das ist in mir – und meine Grätschen sind nicht schlecht». In Österreich vergleicht man ihn wegen seiner kräftigen Statur mit Dayot Upamecano, der ebenfalls in Salzburg seinen Feinschliff bekam. Für Okoh ist Manuel Akanji ein Vorbild.
Nach seinem Wechsel in die Mozartstadt spielt(e) der 1,88 Meter grosse Abwehrbrocken mehrheitlich für Liefering, dem Partnerteam in der zweiten Liga Österreichs. Parallel lief er auch für die U19 Salzburgs auf. Und inzwischen steht er eben auch oft im Kader von Red Bull Salzburg. «Ich wechsle im Moment zwischen den beiden Teams. Es ist nicht immer leicht, sich anzupassen. Aber es ist eine grosse Herausforderung, und ich fühle mich bereit sie anzunehmen. Das Wichtigste ist, Spielzeit zu bekommen», so Okoh.
Karriereplan geht perfekt auf
In Liefering hält der 18-Jährige die Abwehr dicht, derzeit liegt man auf Platz 2. Als Belohnung verlängerte der Klub seinen Vertrag bis 2025. «Sie sind sehr zufrieden mit mir und ich muss so weitermachen wie bisher», resümiert Okoh.
Diese Saison rückte er – auch aufgrund Verletzungssorgen bei den Bullen – noch näher an die Startelf in Salzburg. Zuletzt durfte er von der Bank aus mitansehen, wie Noah Okafor und Philipp Köhn – der Stürmer und der Goalie bekamen ebenfalls ein Nati-Aufgebot – in der Champions League aufliefen. Mit seinen Landsmännern kann er sich dabei auf Deutsch unterhalten, er ist die Sprache fleissig am lernen. Die Matura absolviert der Romand aber natürlich auf Französisch.
Sein Karriereplan scheint aufzugehen: «Ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Persönlich und beruflich», zieht Okoh in «20min» über den Wechsel nach Österreich Bilanz. «Sein Weg ist noch lange nicht am Ende», meinte auch RBS-Sportdirektor Christoph Freund.
Tatsächlich scheint der junge Mann mit Jahrgang 2003 auf der Karrierleiter im Eiltempo munter Stufe um Stufe emporzuklettern – warum bei den Kleinen mittun, wenn man schon bei den grossen Jungs mitspielen darf.