Es war nicht der bedeutendste Sport-Event des Jahres, aber einer, der unsere Herzen erwärmte wie kaum ein anderer. Die Rede ist vom «Traum-Mätsch» zwischen dem FC Urnäsch und dem FC St.Gallen. Wie geht es den Jungs heute? Wir haben nachgefragt.
Am 6. März um 16.12 Uhr erfährt der FC Urnäsch, ein Dorfverein aus Appenzell Ausserrhoden, dass er den «Traum-Mätsch» gegen den FC St.Gallen gewonnen hat und auf dem Weg dorthin von einem Kamera-Team begleitet wird. Im Vereinslokal des Viertligisten knallen die Korken. Mit viel Herzblut wird in den kommenden Wochen auf den Event hingearbeitet, sodass am 19. Juni auf dem «Wembley-Rasen des Appenzellerlands» vor einer eigens für das Spiel erschaffenen Tribüne ein grosses Fussball-Fest steigen kann.
Das Spiel im Urnäscher Brutofen, das Thermometer übersteigt die 30-Grad-Marke deutlich, ist dann eine äusserst einseitige Angelegenheit. Der FC St.Gallen fegt die Amateurfussballer mit 25:0 vom Platz, doch der guten Stimmung tut das keinen Abbruch. Am Ende lassen sich die Teams gemeinsam feiern. Ein Stück heile Welt in einer Zeit, wo es die so gar nicht mehr zu geben scheint.
Was ist aus dem FC Urnäsch geworden?
Ausgerechnet während eines WM-Spiels, Gianni Infantino ist wieder einmal gross im Bild zu sehen, man mag kaum noch hinsehen, da frage ich mich, wie es wohl beim FC Urnäsch nach dem «Traum-Mätsch» weiter ging. Eine Blitzrecherche zeigt, dass es sportlich besser hätte laufen können. Nach der Vorrunde steht der FC Urnäsch auf Platz 9 von 10, immerhin beträgt der Vorsprung auf den auf dem Abstiegsplatz stehenden FC Amriswil 2b fünf Punkte.
Hat der «Traum-Mätsch» vielleicht das seinige zur sportlichen Baisse beigetragen? Vermissen die Urnäscher die Kameras? Wie blicken sie auf das Spiel zurück und was hat sich seither so getan? Ach komm, fragen wir doch einfach bei Martin Stijakovic, dem Allrounder im Verein, nach.
Im Nachhinein finde man natürlich immer etwas, das man hätte besser machen können, «jedoch waren wir in diesem Moment sehr glücklich und zufrieden mit dem Event und unserer Leistung», erinnert sich Stijakovic. Ein kleiner Wermutstropfen bleibe, dass sie keinen Treffer erzielt hätten.
«Die Szenarien waren fast schon WM tauglich.»
Doch das Positive überwiegt. «Wer hätte vor dem Spiel schon gedacht, dass unsere Nummer 10 (Daniel Eicher) zwei St.Galler alt aussehen lässt und unser Goalie Ammann wieder in einem solchen Match einen Penalty hält? Die Szenarien waren fast schon WM tauglich», meint er mit einem Augenzwinkern und schiebt eine lustige Episode nach.
Eicher, der im Training für sein Dribbling immer noch abgefeiert werde, habe kürzlich als Zuschauer ein Training des FC. St.Gallen besucht. «Die Spieler erkannten ihn und kamen zu ihm, um hallo zu sagen.» Sie hätten ihm auch gleich angeboten, mitzutrainieren, «aber leider hatte er seine Fussballschuhe nicht dabei und somit wurde daraus nichts».
«Man munkelt, dass er ein aktuelles Angebot vom FC Bayern München abgelehnt hat.»
Und bei Torhüter Ammann, der trotz 25 Gegentoren von Goalie-Legende Pascal Zuberbühler mit Lob überschüttet wurde, gab es da keine Abwerbungsversuche? «Man munkelt, dass er ein aktuelles Angebot vom FC Bayern München abgelehnt hat, da der Verein für ihn nicht infrage kommt. Deswegen steht er momentan noch bei uns zwischen den Pfosten», scherzt Stijakovic.
Von Gegnern, bei Spielen des FC St.Gallen oder im Nachtleben würden sie noch oft auf den «Traum-Mätsch» angesprochen. Beim Open Air St.Gallen sei es «im positiven Sinne extrem» gewesen. «Praktisch alle Stimmen waren positiv und sie fanden die Aktion extrem cool. Auch die Meinung über den ländlichen Dorfverein hat sich gewandelt. Wir sind in den Augen vieler nicht mehr die 'Hinterländer Kuhkickers', sondern eine coole Truppe aus dem Breitensport.»
«Ich muss ehrlich sagen, dass ich persönlich die Kameras schon ein wenig vermisse», gibt Stijakovic zu, allerdings seien sie da in der Mannschaft geteilter Meinung. Für den etwas holprigen Saisonstart muss der «Traum-Mätsch» übrigens nicht als Ausrede herhalten. Etwas Pech mit verletzungsbedingten Ausfällen und schon schlitterte man in eine Negativspirale. Doch Jammern, das will Stijakovic nicht. «Das letzte Spiel vor der Winterpause konnten wir 3:2 gewinnen und so hoffen wir, dass es im Frühling wieder mit den positiven Resultaten weiter geht. Die Qualität unserer Spieler ist dazu definitiv vorhanden.»