«Heimspiel» Bickel über das Erfolgsrezept des überlegenen Meisters: «YB ist Weltmeister im Verwalten»

SB10

19.4.2021

Im Fussball-Talk «Heimspiel» sind mit dem ehemaligen YB-Sportchef Fredy Bickel und dem früheren YB-Trainer Martin Andermatt zwei Experten da, welche die Berner Dominanz passend einordnen können.

Martin Andermatt coachte die Berner von 2006 bis 2008. Fredy Bickel war in verschiedenen Rollen für YB (1999–2002, 2013–2016) tätig. Für Bickel war der vierte Meistertitel in Serie von YB eine «grandiose Leistung». Sie seien als grosser Favorit ins Rennen gegangen und hätten diese Aufgabe souverän gemeistert, so der 55-Jährige.

Er wisse keinen Grund, wieso in der nächsten Saison nicht wieder YB ganz oben stehen sollte. Der grosse Abstand zur Konkurrenz kommentiert er lapidar: «Das spricht nicht für die anderen Teams. YB hat nicht mal die beste Saison gespielt, aber daran sind die Gegner schuld, welche sie nie richtig gefordert haben.» Die Berner hätten immer Luft nach oben gehabt, kritisiert Bickel die anderen Teams.

Andermatt hebt den «tollen Charakter» der Mannschaft hervor, welcher sich auch in dieser schwierigen Corona-Saison gezeigt habe. Für ihn ist der Schlüssel, dass man in der jüngeren Vergangenheit im Klub dank der Sport-Kommission («die verschiedenen Typen ergänzen sich perfekt») immer die passende Antwort hatte, um Spieler-Abgänge adäquat zu kompensieren. 

Besser als der frühere FCB 

Bickel sieht YB gar als «Weltmeister im Verwalten». Das sei nicht negativ gemeint und beinhalte nicht «keine Weiterentwicklung». Die Verantwortlichen bei YB wüssten einfach genau, was das Team brauche und wie viel Veränderung es vertrage. «Nicht mal der FC Basel zu seinen Zeiten hat es besser gemacht», meint er.

Bickel hebt die «Sprache des Vereins hervor». Er hält fest: «Egal ob Sportchef oder Trainer – trotz Favoritenrolle war man immer gleich demütig und nie euphorisch, die Ruhe und Klasse über die ganze Saison war beeindruckend.» Andermatt bestätigt dies und ergänzt: «Der Berner und die Region ist extrem bodenständig.»

Für den früheren Ulm-Coach sind zudem Sportchef Christoph Spycher und Chefscout Stéphane Chapuisat wie zu ihren Aktivzeiten ihren Gegnern «stets einen Schritt voraus». 

Spycher: «Es war eine starke Saison»

«Wuschu» betont im Interview mit «blue Sport», wie viel Arbeit hinter dem Erfolg steckt. Er zieht Bilanz: «Es war eine starke Saison, durch die Umstände gab es eine unglaubliche Kadenz mit vielen englischen Wochen, aber wir haben den Widerständen getrotzt, auch europäisch waren wir lange dabei.»

Ausserdem verteilt Spycher Komplimente an sein Team, welches die Umbrüche in den letzten ein, zwei Jahren gut gemeistert habe und sich eine gute Hierarchie bilden haben könne. Für ihn ist – auch aufgrund eines höchstwahrscheinlich verzögerten Transferfensters – klar, dass man mit dem Grossteil des Teams in die Vorbereitung für die nächste Saison gehe.

Bickel sieht Jean-Pierre Nsame und Christian Fassnacht als Hauptkandidaten für einen Wechsel. Michel Aebischer empfiehlt er hingegen für die Entwicklung, noch eine Saison bei YB zu bleiben. Für Andermatt ist auch Moumi Ngamaleu noch eine spannende Personalie fürs Ausland.

Einen Löwenanteil am Berner Höhenflug hat Trainer Gerardo Seoane. Bickel gab zu, am Anfang relativ wenig über ihn gewusst zu haben. Danach sei er aber schnell von ihm fasziniert gewesen: «Er strahlte sofort Ruhe aus und hat sich sehr intelligent angepasst.» So habe er das bereits erfolgreiche Projekt von Vorgänger Adi Hütter übernommen und dann peu à peu mit seinen eigenen Ideen ergänzt. 

Für Bickel ist deshalb klar, dass Seoane nicht gleich das erstbeste Angebot annehme. «Seoane ist zwar ehrgeizig, aber auch intelligent». Wenn er gehe, müsse es für ihn sicher stimmen. Auch Andermatt glaubt, Seoane schätze die Nestwärme sehr hoch ein. Schliesslich sei im Ausland halt oft nicht das passende Umfeld vorausgesetzt. «Es ist wichtig, dass ihm die Leute im Hintergrund vertrauen und unterstützen», so der 59-Jährige.