Nati-Noten Friedli überragt alle, Marti fällt durch und die Team-Leaderinnen sind in Form

Von Patrick Lämmle

30.6.2022

Die Startelf von Nati-Coach Nils Nielsen.
Die Startelf von Nati-Coach Nils Nielsen.
Getty

Die Nati unterliegt England im letzten Testspiel vor der EM 0:4. Das Kartenhaus fällt aber erst nach den Auswechslungen von Crnogorcevic, Wälti und Bachmann zusammen. Die Spielerinnen in der Einzelkritik.

Von Patrick Lämmle

Bewertungsschlüssel
6 Sackstark
5 Gut
4 Genügend
3 Schwach
2 Sehr schwach
1 Unterirdisch

Tor

Ø  5.5

Torhüterin

Seraina Friedli

Die 29-Jährige ersetzt gegen England die angeschlagene Stammtorhüterin Gaëlle Thalmann – und trotz der vier Gegentreffer holt sich Friedli gute Noten ab. Bereits in der 4. Minute klärt sie gegen Kirby mirakulös, sechs Minuten später krallt sie sich eine Kugel im Nachfassen und in der 71. Minute zeigt sie bei einem Kopfball aus kurzer Distanz eine Glanzparade. Beim Elfmeter von Stanway ahnt sie zwar die Ecke, doch der 1,73 Meter grossen Torhüterin des FC Aarau fehlen ein paar Zentimeter. Eins ist nach dem England-Spiel aber klar: Sollte sich Thalmann nicht rechtzeitig erholen, so steht mit Friedli eine formstarke Torhüterin bereit. 


Verteidigung

Ø  4.5

Rechte Abwehrseite

Noelle Maritz

In ihrem 93. Länderspiel bekommt sie es auf ihrer rechten Abwehrseite immer wieder mit Supertalent Lauren Hemp zu tun. Die Arsenal-Söldnerin lässt sich aber deswegen nicht aus der Ruhe bringen und zeigt eine solide Leistung. Schön wie sie ein paar Minuten vor der Pause einen Ball mit dem Fuss aus der Luft herunterpflückt als gäbe es nichts Einfacheres. Kurz vor der Pause hat sie Glück, dass die Unparteiische nach einem Handspiel nicht auf Elfmeter entscheidet – an der EM wäre sie vom VAR entlarvt worden, im Testspiel gab es einen solchen nicht. In der letzten halben Stunde trug sie als dritte Spielerin an diesem Abend die Captain-Binde.


Portrait von Viola Calligaris, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  3.5

Innenverteidigung

Viola Calligaris

Im Nationalteam ist die 26-jährige Spielerin von UD Levante meist nur zweite Wahl, gegen England rückt sie für die angeschlagene Rahel Kiwic in die Startelf. Licht und Schatten halten sich die Waage. Besonders bei hohen Bällen offenbart sie Defizite, dafür ist ihre Rettungstat auf der Linie in der 72. Minute richtig stark.


Portrait von Luana Buehler, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  4.5

Innenverteidigung

Luana Bühler

In den Startminuten wirkt Bühler, die ihr Geld bei der TSG 1899 Hoffenheim verdient, etwas verunsichert. Doch sie legt einen Steigerungslauf hin und macht in der Folge ein gutes Spiel, ist näher an den Gegenspielerinnen dran und läuft in der 40. Minute einen Ball ab, der zur Torvorlage hätte werden können.


Portrait von Eseosa Aigbogun, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  5

Linke Abwehrseite

Eseosa Aigbogun

Beim Paris FC, dem drittbesten Team aus Frankreich in der letzten Saison, gehört sie mehrheitlich zum Stammpersonal. Auch in der Nati ist sie gesetzt, das Spiel gegen England ist bereits ihr 81. für die Schweiz. Sie ist sehr ballsicher, bewahrt auch in Drucksituationen einen kühlen Kopf und versucht sich immer mal wieder in die Offensive miteinzuschalten, so wie in der 67. Minute als sie einen Ball brandgefährlich zur Mitte flankt. In der 79. Minute wird sie beim Stand von 0:3 ausgewechselt.


Mittelfeld

Portrait von Lia Waelti, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  5

Zentrales Mittelfeld

Lia Wälti

Wälti ist schon seit 2011 Nationalspielerin und macht gegen England ihr 99. Spiel. Einmal mehr zeigt sich, wie wichtig die Kapitänin für das Team von Nils Nielsen ist. Sie trägt dem Ball viel Sorge und weiss mit ihrer Passgenauigkeit zu überzeugen. Will man eine Parallele zum Männer-Team herstellen, dann könnte man sagen, Lia Wälti ist der Granit Xhaka unter den Frauen. Wie es der Zufall will, spielen sie auch noch beide bei Arsenal. Zur Pause macht die 29-Jährige, die gegen Deutschland noch angeschlagen pausieren musste, Platz für Lara Marti. Zu diesem Zeitpunkt steht es 0:0.


Portrait von Coumba Louisa Sow, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  4

Zentrales Mittelfeld

Coumba Sow

Die Cousine von Nati-Spieler Djibril Sow, wie Aigbogun Spielerin des Paris FC, bleibt über weite Strecken unauffällig. In der 66. Minute bietet sich ihr die Chance auf das 1:1, doch in dieser Aktion lässt die 27-Jährige jegliche Entschlossenheit vermissen. Dass die offensive Mittelfeldspielerin durchaus Skorerqualitäten hat, zeigte sie in ihren 24 Länderspielen zuvor, in denen sie schon acht Tore erzielte.


Portrait von Sandy Maendly, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  4.5

Zentrales Mittelfeld

Sandy Maendly

Maendly ist quasi auf Abschiedstournee, nach der EM wird sie ihre Karriere beenden, so hat sie es selbst kommuniziert. Zuletzt im Nationalteam oft nur von der Bank gekommen, spielte sie nun sowohl gegen Deutschland als auch gegen England von Beginn an. In ihrem 86. Länderspiel macht sie ihre Sache ordentlich. Ihre auffälligsten Aktionen sind eine gefährliche Flanke in der 39. Minute und in der 69. wird sie ziemlich rüde umgesäbelt. Zehn Minuten später wird sie aus dem Spiel genommen.


Angriff

Portrait von Ana-Maria Crnogorcevic, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  5

Rechter Flügel

Ana-Maria Crnogorcevic

Für Crnogorcevic ist das Spiel gegen England ein besonderes, es ist nämlich bereits ihr 135. Einsatz für die Nati und damit stellt sie den Rekord von Lara Dickenmann ein. Immer wieder lässt die 31-jährige Offensivspielerin des FC Barcelona, spanischer Meister und Champions-League-Finalist in der abgelaufenen Saison, ihre Klasse aufblitzen. Ihre vielleicht beste Aktion hat sie aber im eigenen Sechzehner, da verhindert sie in der 32. Minute mit einem Kopfball kurz vor der Torlinie das 0:1. Zur Pause wird sie ausgewechselt und das hat nichts mit ihrer Leistung zu tun.


Ø  5

Mittelsturm

Ramona Bachmann

Auch Bachmann hat schon 123 Länderspiele auf dem Buckel und gegen England zeigt die 31-jährige Stürmerin von Paris Saint-Germain, dass sie noch immer unentbehrlich ist fürs Nationalteam. Herrliche Balleroberung hier, starkes Dribbling und gute Flanke dort. Nach der Auswechslung von Wälti übernimmt sie die Captain-Binde, die ihr allerdings kein Glück bringt. In der 62. Minute liegt sie mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden und hält sich am Unterarm, schliesslich wird sie ausgewechselt. Es wäre ein herber Verlust, sollte sie der Schweiz an der EM nicht zur Verfügung stehen. So weit kommt es aber nicht. Wie der SFV am späten Donnerstagabend mitteilt, besteht diesbezüglich keine Gefahr. Das sind dann mal gute Nachrichten.


Portrait von Géraldine Reuteler, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  4

Linker Flügel

Géraldine Reuteler

Für die 23-Jährige ist es bereits das 43. Länderspiel, hätte sie sich im letzten Jahr nicht einen Kreuzbandriss zugezogen, wären es gar noch mehr. Gerade noch rechtzeitig für die EM wurde die Spielerin von Eintracht Frankfurt fit. Das Finetuning stimmt in manchen Situationen noch nicht ganz, doch das darf nach ihrer langen Absenz nicht erstaunen. Dass sie noch eine grosse Karriere vor sich hat, daran zweifelt eigentlich niemand. Stellt sich bloss die Frage, ob sie bereits an der EM für Furore sorgen kann oder ob das Turnier vielleicht doch noch etwas zu früh kommt für sie.


Eingewechselt

Portrait von Lara Marti, Spielerin des Frauen Fussball A-Nationalteams, aufgenommen in Pfäffikon SZ am 6. April 2021. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  2.5

Ab 46. Minute für Wälti

Lara Marti

Mit dem Finger auf eine Spielerin zu zeigen und diese in die Pfanne zu hauen, das macht keinen Spass. Aber Lara Marti gibt gegen England eine sehr unglückliche Figur ab. Sie kommt zur Pause beim Stand von 0:0 und ist dann bei allen Gegentreffern zumindest mitschuldig. Beim 0:1 steht sie viel zu weit weg von der Flankengeberin, dann verursacht sie einen Handspenalty, zugegebenermassen ist viel Pech dabei, beim 0:3 nach einer Ecke verliert sie ihre Gegenspielerin aus den Augen und beim 0:4 hebt sie das Abseits auf. Die 22-Jährige wird sich wohl nur ungern an ihr 10. Länderspiel erinnern, doch aus der Bahn werfen wird es die Spielerin von Bayer 04 Leverkusen hoffentlich nicht.


Portrait von Sandrine Mauron, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø  3.5

Ab 46. Minute für Crnogorcevic

Sandrine Mauron

Bei Eintracht Frankfurt war die 25-Jährige (sie setzt ihre Karriere bei Servette Féminin fort) so etwas wie ein Edeljoker. 17 Mal wurde sie beim Tabellendritten der letzten Saison eingewechselt und auch in der Nati kommt sie, so wie gegen England, oft von der Bank. Ihr Auftritt ist aber eher blass denn edel.


Portrait von Fabienne Humm, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø 

Ab 65. Minute für Bachmann

Fabienne Humm

Das FCZ-Urgestein, schon seit 2009 spielt sie für die Zürcherinnen, kommt gegen England für Bachmann ins Spiel. In Szene setzen kann sie sich kaum, denn die Schweiz ist gegen Ende der Partie hauptsächlich mit Defensivarbeit beschäftigt und so verzichten wir auch auf eine Benotung und erinnern uns stattdessen an den 12. Juni 2015 als Humm an der WM in Kanada beim 10:1-Sieg gegen Ecuador mit ihren Treffern in der 47., 49. und 52. Minute den schnellsten Hattrick bei einer WM der Frauen erzielte.


Portrait von Riola Xhemaili, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø 

Ab 79. Minute für Maendly

Riola Xhemaili

Zu kurz für eine Benotung.


Portrait von Rachel Rinast, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø 

Ab 79. Minute für Aigbogun

Rachel Rinast

Zu kurz für eine Benotung.


Portrait von Meriame Terchoun, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 5. April 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/SFV/Severin Bigler)
Ø 

Ab 87. Minute für Reuteler

Meriame Terchoun

Zu kurz für eine Benotung.


Telegramm

Schweiz – England 0:4 (0:0)

Zürich, Letzigrund. – 10'022 Zuschauer. – Tore: 56. Russo 0:1. 74. Stanway (Handspenalty) 0:2. 77. England 0:3. 94. Scott 0:4.

Schweiz: Friedli; Aigbogun (79. Rinast), Bühler, Calligaris, Maritz; Maendly (79. Xhemaili), Sow, Wälti (46. Marti); Crnogorcevic (46. Mauron), Bachmann (65. Humm), Reuteler (87. Terchoun).

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