Verfolgungsjagd Polizist leiht sich Velo für Verfolgung – und sucht nun den Besitzer

Von Tobias Bühlmann

5.12.2019

Ein Zürcher Polizist schnappt sich in Absprache mit einem Unbeteiligten dessen Velo für eine Verfolgungsjagd. Weil sich der Velobesitzer nicht meldet, steht der Drahtesel noch immer auf der Wache – und nun?

Diese Szene kennt man aus manch einem Actionfilm: Ein Polizist, der einen Übeltäter verfolgt, zum Auto eines Unbeteiligten eilt und das Gefährt für eine wilde Verfolgungsjagd beschlagnahmt.

Wo bleibt der Besitzer?

Eben so erging es am 1. September einem Velofahrer in der Stadt Zürich: Ein Polizist schnappte sich – mit der Erlaubnis des Besitzers – für eine Verfolgung dessen Velo. Der Beamte rief dem Halter noch zu, dass er sein Gefährt später auf der Regionalwache Aussersihl im Kreis 4 wieder abholen könne.

Dank des eilig eingezogenen Velos konnte der Polizist den Flüchtigen tatsächlich stellen. Damit nahm das Problem für die Stadtpolizei Zürich aber erst seinen Anfang: Denn der Besitzer hat sich bis heute nicht bei der Polizei gemeldet, um sein schickes, aber etwas verwahrlostes Bianchi-Fixie zurückzuholen. Auch ein Blick in die Datenbanken mit gestohlenen Rädern brachte keine Klärung. Darum hat die Stadtpolizei nun einen Facebook-Aufruf gestartet, um den Besitzer doch noch ausfindig zu machen.

Gefährte beschlagnahmen ist erlaubt

Wie häufig kommt es überhaupt vor, dass sich ein Polizist eines Velos bemächtigt, um einen Täter zu verfolgen? «Darüber führen wir keine Statistik», sagt Christian Spaltenstein, Sprecher der Stadtpolizei Zürich, «Bluewin». Derlei Fälle seien aber selten, fügt er hinzu.

Grundsätzlich ist es der Polizei gestattet, sich Velos oder auch teurere Gefährte wie ein Auto für die Verfolgung eines Täters zu nehmen. «Ein solcher Einsatz muss immer verhältnismässig sein, das ist bei der Polizeiarbeit ohnehin oberstes Gesetz», so Spaltenstein.

Verhältnismässig heisst dabei konkret: Der Eingriff in die Eigentumsrechte der Einzelperson (des Halters des Gefährts) muss geringer sein als das Ziel, das damit erreicht werden soll. Für die Verfolgung eines Ladendiebs wird sich also kein Polizist den nächsten Ferrari schnappen.

Sollte ein Velo, Auto oder Ähnliches, das sich die Polizei für die Verfolgung schnappt, beschädigt werden oder gar in die Brüche gehen, muss übrigens die öffentliche Hand den Schaden übernehmen: «Solche Einsätze sind durch die Staatshaftung gedeckt», so Spaltenstein.

Ein Polizist dürfte sich also gut überlegen, auch nur ein nobles E-Bike zu beschlagnahmen, um einen einfachen Ladendieb zu stellen.

Update 6.12., 9 Uhr: Inzwischen hat die Polizei dank dem Aufruf den Besitzer gefunden. Und das war nicht die Person, von der sich der Polizist das Velo geliehen hatte: Das Gefährt war gestohlen – was wohl auch der Grund gewesen sein dürfte, dass es so lange auf der Wache blieb.

Halbnackt für die Rechte von Velofahrern
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