5 km unter der Erde Wissenschaftler entdecken Milliarden Tonnen «Zombie-Bakterien»

tafi

11.12.2018

«Zombie-Bakterien» und andere Formen des Lebens bilden eine immense Menge an Kohlenstoff tief im Untergrund der Erde. Abgebildet ist ein Nematode, der1,4 km unter der Oberfläche lebt.
«Zombie-Bakterien» und andere Formen des Lebens bilden eine immense Menge an Kohlenstoff tief im Untergrund der Erde. Abgebildet ist ein Nematode, der1,4 km unter der Oberfläche lebt.
Gaetan Borgonie (Extreme Life Isyensya, Belgium)

Es ist eine Welt unter der Welt: Im «Keller der Erde» leben noch in fünf Kilometer Tiefe «Zombie-Bakterien». Die Biomasse der unterirdischen Biosphäre ist fast 400 Mal grösser als die der Menschheit.

Das Leben auf der Erde nimmt Milliarden von Formen an. Die meisten aber sieht man nur, wenn man tief unter der Oberfläche des Planeten gräbt: Dort leben Bakterien und andere Organismen, deren Biomasse bis zu 385-mal grösser als die der gesamten Menschheit ist.

Seit zehn Jahren erforscht das «Deep Carbon Observatory», wie weit das Leben unter der Erdoberfläche reicht. Mehr als 1000 Wissenschaftler aus 52 Ländern beschäftigen sich mit der sogennannten «tiefen Biosphäre». Ihre Erkenntnisse sind verblüffend: So unglamourös das Leben in einer Welt aus Dreck, Dunkelheit und gewaltigem Druck sein mag, so vielfältig sind die liebevoll «Zombie-Bakterien» getauften Mikroorganismen auch.

Auf diesem Bild ist eine Bakterienart zu sehen, die von Wasserstoff lebt. Wissenschaftler entdeckten die Art in einer mit Flüssigkeit und Gas gefüllten Erdspalte 2,8 km unter der Erdoberfläche in einer Mine in der Nähe von Johannesburg, Südafrika.
Auf diesem Bild ist eine Bakterienart zu sehen, die von Wasserstoff lebt. Wissenschaftler entdeckten die Art in einer mit Flüssigkeit und Gas gefüllten Erdspalte 2,8 km unter der Erdoberfläche in einer Mine in der Nähe von Johannesburg, Südafrika.
Greg Wanger (California Institute of Technology, USA) und Gordon Southam (The University of Queensland, Australia)

Die Ökosysteme im Erdinneren seien eine Art «unterirdisches Galapagos» schreiben die Wissenschaftler. Dort existieren Millionen von bislang unentdeckten Arten mit einer genetischen Vielfalt, die weit grösser ist als auf der Erdoberfläche und alle drei Systeme der Lebewesen umfasst: Bakterien und Archaeen (Mikroben ohne Membran-gebundenen Kern) und Eukaryoten (Mikroben oder mehrzellige Organismen mit Zellen, die einen Kern sowie Membran-gebundene Kompartimente enthalten). Bis zu fünf Kilometer unter der Erdoberfläche haben die Forscher noch Leben entdeckt, die absolute Untergrenze sei das aber noch nicht.



Die sogenannte mikrobielle «dunkle Materie» erweitert die Perspektive auf den Lebensbaum dramatisch. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass rund 70 Prozent aller Bakterien und Archaeen der Erde im Untergrund leben. Ihre Biomasse beträgt bis zu 23 Milliarden Tonnen - das ist 385-mal mehr als die der gesamten Menschheit. Der bewohnte «Keller der Erde» sei doppelt so gross wie das Volumen aller Ozeane zusammen.

Mit Spezialbohrern drangen Wissenschaftler in Gesteinsschcihten vor, die bis zu zehn Kilometer unter der Meeresoberfläche liegen.
Mit Spezialbohrern drangen Wissenschaftler in Gesteinsschcihten vor, die bis zu zehn Kilometer unter der Meeresoberfläche liegen.
ECORD/IODP

Wovon aber leben die Mikroben unter der Erde? In einigen Fällen von nichts anderem als der chemischen Energie der Steine, heisst es im Bericht des «Deep Carbon Observatory». «Wir können nur darüber staunen und spekulieren, wie der Stoffwechsel unter diesen extremen Bedingungen funktioniert», sagte Rick Colwell von der Oregon State University. Die Mikroorganismen unterscheiden sich auch sonst stark von ihren Oberflächengenossen und haben Lebenszyklen, die teilweise geologischen Zeitaltern entsprechen.



Die Wissenschaftler des «Deep Carbon Observatory» sind sich bewusst, dass sie ganz am Anfang einer langen Forschungsreise stehen. «Die Erkundung der tiefen Biosphäre gleicht der Erforschung des Amazonas-Regenwaldes. Überall gibt es Leben, und überall gibt es eine beeindruckende Fülle unerwarteter und ungewöhnlicher Organismen», freut sich Mitch Sogin vom Marine Biological Laboratory Woods Hole, USA auf die Arbeit, die noch vor ihm liegt.

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