Weltweit sinkende Infektionszahlen bei HIV und Aids

trm

1.12.2024 - 05:30

Die rote Schleife ist das Symbol der Solidarität mit HIV-Positiven und Aids-Kranken.
Die rote Schleife ist das Symbol der Solidarität mit HIV-Positiven und Aids-Kranken.
Keystone

Am Sonntag ist Welt-Aids-Tag. Die lebensbedrohliche Immunschwächekrankheit hat sich seit Anfang der 80er Jahre weltweit ausgebreitet und Millionen Menschen getötet, insbesondere in Afrika. Zuletzt ist die Zahl der Infektions- und Todesfälle weltweit zurückgegangen.

Fachleute werten das als grossen Fortschritt, ausgerottet ist Aids aber noch lange nicht. Im vergangenen Jahr haben sich nach Angaben des Uno-Aidsprogramms Unaids rund 1,3 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Damit wurde bei den Neuinfektionen ein historischer Tiefstand erreicht. 630'000 Menschen starben 2023 an Krankheiten, die im Spätstadium von Aids auftreten. Auch das war der niedrigste Wert seit dem Höchststand von 2,1 Millionen Toten im Jahr 2004.

Der Rückgang ist vor allem auf eine Verbesserung der Situation in südafrikanischen Ländern zurückzuführen, die mit Abstand am stärksten von der Aids-Epidemie betroffen sind.

Allerdings gingen die Infektionszahlen nicht in allen Weltregionen zurück: In Osteuropa und im Nahen Osten hat die Zahl der HIV-Neuinfektionen zuletzt sogar zugenommen. Vom Ziel der UNO, HIV und Aids bis 2030 als Gesundheitsgefahr zu eliminieren, sei die Weltgemeinschaft daher noch weit entfernt, warnen Fachleute.

Bei der Senkung der HIV-Neuinfektionen habe die Welt zwar «bemerkenswerte globale Fortschritte» gemacht, erklärte die leitende Studienautorin Hmwe Kyu vom US-Gesundheitsstatistik-Institut IHME. Aber: «Jedes Jahr infizieren sich noch immer mehr als eine Million Menschen neu mit HIV; und ein Viertel der 40 Millionen Menschen, die mit HIV leben, erhält keine Behandlung.»

Wirksame Behandlungsmethoden

Der Zugang zu Medikamenten, die bei regelmässiger Einnahme die Vermehrung der HI-Viren im Körper unterdrücken und einen Ausbruch von Aids verhindern, hat sich insgesamt verbessert. Sogenannte antiretrovirale Medikamente senken die Virusmenge im Blut auf ein nicht nachweisbares Niveau. Eine Viruslast unter der Nachweisgrenze schützt auch vor einer Übertragung von HIV: Verhindert wird etwa eine Ansteckung beim Sex, aber auch eine Übertragung von Schwangeren auf ihre ungeborenen Kinder und von stillenden Müttern auf ihre Babys.

Als wirksames Mittel im Kampf gegen HIV und Aids hat sich auch die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (Prep) erwiesen. Das Medikament wird vor allem von schwulen Männern genutzt, um sich beim Sex vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen. Die Schutzmethode hat in vielen Ländern dazu beigetragen, die Infektionszahlen zu senken.

Neues Medikament als Hoffnungsträger

Für ärmere Länder ist die Versorgung von HIV-Infizierten mit Medikamenten wegen der hohen Kosten aber immer noch eine Herausforderung. Das spiegelt sich auch in den Diskussionen über das neue Medikament Lenacapavir wider: Das Mittel des US-Pharmakonzerns Gilead schützt laut klinischen Studien zu 100 Prozent vor einer HIV-Infektion und muss nur zweimal jährlich injiziert werden. Bisherige HIV-Medikamente in Tablettenform müssen täglich eingenommen werden.

Mit 40'000 Dollar (rund 35'000 Franken) pro Person und Jahr ist Lenacapavir bisher aber sehr teuer. Experten schätzen die Produktionskosten allerdings auf gerade einmal 40 Dollar.

Im Oktober gab Gilead den Abschluss von Lizenzverträgen mit sechs Generikaherstellern bekannt, die das Mittel nun in Ländern mit niedrigem Einkommen produzieren und vertreiben sollen. Kritiker weisen allerdings darauf hin, dass Millionen HIV-Infizierte in Ländern leben, in denen eine solche kostengünstigere Version von Lenacapavir vorerst nicht erhältlich sein wird.

Trotz jahrzehntelanger Bemühungen gibt es noch immer keine Impfung gegen HIV. Das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben. Fachleute dringen daher umso entschiedener auf einen breiten Einsatz von Lenacapavir. Die Spritze sei «im Grunde» so wirksam wie eine Impfung, sagt etwa der Forscher Andrew Hill von der Universität Liverpool.

trm