Tödlicher Ausbruch im Kongo Die mysteriöse «Krankheit X» in 5 Punkten

Lea Oetiker

13.12.2024

In der Demokratischen Republik Kongo hat das Gesundheitssystem viel zu bewältigen, neben «Krankheit X» auch den Mpox-Ausbruch. (Archivbild)
In der Demokratischen Republik Kongo hat das Gesundheitssystem viel zu bewältigen, neben «Krankheit X» auch den Mpox-Ausbruch. (Archivbild)
dpa

In der Demokratischen Republik Kongo sterben Dutzende, darunter viele Kinder unter fünf Jahren, an einer neuen Krankheit. Die Regierung sucht mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach den Ursachen.

Lea Oetiker

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Seit Ende Oktober 2024 sind in der Provinz Kwango im Südwesten der Demokratischen Republik Kongo Hunderte an der mysteriösen «Krankheit X» erkrankt. 
  • Vor allem Kinder unter fünf Jahren sind betroffen.
  • Die WHO sprach von 31 Toten, die örtlichen Behörden jedoch von mehr als 130 Verstorbenen.
  • Die genauen Ursachen werden noch untersucht.

Seit Ende Oktober 2024 sind im Südwesten der Demokratischen Republik Kongo auffällig viele Menschen gestorben. Das teilte die kongolesische Regierung offiziell am 4. Dezember mit. Grund ist eine neue Krankheit. Die Betroffenen leiden an grippeähnlichen Symptomen.

Das sind die fünf wichtigsten Punkte, die du über die mysteriöse «Krankheit X» wissen musst:

Ausbruch und erste Meldung

Der erste Krankheitsfall wurde bereits am 24. Oktober in der abgelegenen Region Panzi in der Provinz Kwango im Südwesten der Demokratischen Republik Kongo registriert. Allerdings erhielten das kongolesische Gesundheitsministerium und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erst eine Woche später eine Alarmmeldung. 

Der Grund dafür: Die Region Panzi ist sehr abgelegen. So benötigt man im Normalfall von der 700 Kilometer entfernten Hauptstadt Kinshasa mehr als zwei Tage bis dorthin. Derzeit ist dort Regenzeit, was die Fahrt noch verlängert.

Lage der Region Panzi.
Lage der Region Panzi.
Google Earth

Auch kommt es in dieser Region immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit umherziehenden Banden, was Reisen stark erschwert und einschränkt. Das Mobilfunknetz ist löchrig.

Somit gelangen Informationen über Krankheitsausbrüche nur langsam aus der Region heraus – und Fachpersonal, Diagnostikgeräte und Medikamente auch nur langsam hinein.

Symptome und Verlauf

Die Krankheit wird als «mysteriös» bezeichnet, da man nicht genau weiss, was die genaue Ursache bislang dafür ist.

Personen, die unter der mysteriösen «Krankheit X» leiden, haben grippeähnliche Symptome wie Fieber, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen, Atemprobleme und Blutarmut.

Besonders davon betroffen sind Kinder unter fünf Jahren. Viele der Erkrankten waren zudem schwer unterernährt, was jede Infektion potenziell lebensgefährlich machen kann.

Aktuelle Zahlen

Seit Ende Oktober wurden in Kongo insgesamt 527 Krankheitsfälle verzeichnet. Darunter sind 225 Kinder im Alter bis zu fünf Jahren. Die WHO sprach von 31 Toten, die örtlichen Behörden jedoch von mehr als 130 Toten. Die Zahlen steigen von Tag zu Tag.

Der kongolesische Gesundheitsminister Roger Kamba. (Archivbild)
Der kongolesische Gesundheitsminister Roger Kamba. (Archivbild)
Samy Ntumba Shambuyi/AP

In den letzten Tagen haben nun die afrikanische Gesundheitsbehörde African CDC sowie die WHO Expertenteams in die Region geschickt, ausgerüstet unter anderem mit Satellitentelefonen, Medikamenten und Schnelltests für bekannte Erreger wie Influenza, Malaria oder Sars-CoV-2.

Zudem wurden vereinzelt Proben von Erkrankten genommen. Die Proben werden nun in einem biomedizinischen Labor in Kinshasa ausgewertet.

Was hat Malaria mit der Krankheit zu tun?

Dieudonné Mwamba, Direktor des Instituts für nationale Gesundheit in Kinshasa, bestätigte nun, dass in insgesamt zehn von zwölf untersuchten Proben Malaria gefunden wurde.

Ob die Patienten aber ausschliesslich an Malaria oder doch auch an einer bisher unbekannten Krankheit erkrankt seien, könne erst nach weiteren Untersuchungen festgestellt werden.

Die afrikanische Gesundheitsbehörde CDC Africa erklärte, die Proben aus dem betroffenen Gebiet in Panzi seien in schlechtem Zustand gewesen. Deswegen gebe es noch keine weiteren Informationen. CDC-Generaldirektor Jean Kaseya sagte, er stehe in Kontakt mit Placide Mbala, dem Leiter des Instituts für Epidemiologie in Kongos Hauptstadt Kinshasa.

Ein Moskito beim Blutsaugen: Experten untersuchen, ob Malaria die neue Krankheit beeinflusst.
Ein Moskito beim Blutsaugen: Experten untersuchen, ob Malaria die neue Krankheit beeinflusst.
Keystone

Mbala zufolge seien vor Ort keine Abstriche aus dem Nasen- und Rachenraum von möglicherweise infizierten Menschen genommen worden. In einer Nachricht erklärte er: «Wir führen noch einige vorläufige Analysen durch, aber wir werden auf neue Proben warten, um festzustellen, was vor sich geht, und um den Erreger möglicherweise zu identifizieren.»

Ein multidisziplinäres Team der kongolesischen Gesundheitsbehörden, der CDC und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist laut Kaseya unterwegs, um neue Proben zu beschaffen. Weiter sagt er: «Derzeit machen wir keine offiziellen Angaben zu dieser Krankheit.»

Herausforderungen bei der Diagnose

Die Identifizierung der Krankheitsursache wird durch mehrere Faktoren erschwert. Die abgelegene Lage der Region Panzi, die schlechte Gesundheitsversorgung und der katastrophale Ernährungszustand der Bevölkerung stellen grosse Herausforderungen dar. Zudem ist die Infrastruktur so mangelhaft, dass es mehr als zwei Tage dauert, um von der Hauptstadt Kinshasa in das betroffene Gebiet zu gelangen. 

Mitarbeiter des Gesundheitswesens im Kongo haben derzeit viel zu tun, neben Mpox auch mit der ominösen «Krankheit X».
Mitarbeiter des Gesundheitswesens im Kongo haben derzeit viel zu tun, neben Mpox auch mit der ominösen «Krankheit X».
Moses Sawasawa/AP/dpa

Wie insgesamt dürftig die Diagnosemöglichkeiten in Kongo-Kinshasa sind, zeigt sich auch an dem dort seit Monaten ungebremsten Mpox-Ausbruch. Obwohl es in diesem Jahr mehr als 48'000 Verdachtsfälle gab, konnten nur etwas mehr als 1200 davon labortechnisch bestätigt werden.

Dass auch eine Häufung von Fällen respiratorischer Erkrankungen nicht zwangsläufig durch einen neuen Erreger verursacht wird, zeigt das Beispiel China. Im Herbst 2023 klagten in mehreren Städten viele Patienten über grippeähnliche Symptome. Exakte Laboranalysen ergaben, dass sowohl das RS-Virus als auch Mykoplasmen-Bakterien dafür verantwortlich waren.