Neue Erkenntnisse Warum so vielen ägyptischen Statuen die Nasen fehlen

tali

23.3.2019

Bislang hielt es Edward Bleiberg für normale Abnutzung, dass viele ägyptische Statuen keine Nase mehr haben. Nun hat er eine andere Theorie.
Bislang hielt es Edward Bleiberg für normale Abnutzung, dass viele ägyptische Statuen keine Nase mehr haben. Nun hat er eine andere Theorie.
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Ist es ein Zufall, dass viele ägyptische Skulpturen keine Nase mehr haben? Nein, meint nun ein amerikanischer Ägyptologe und präsentiert eine spannende Theorie. Spoiler: Obelix kommt darin nicht vor.

Wie die grosse Sphinx von Gizeh ihre Nase verlor, weiss jeder, der «Asterix und Kleopatra» gesehen oder gelesen hat: Als Obelix auf das riesige Bauwerk kletterte, trat er sie versehentlich ab. Woraufhin auch alle umstehenden Souvenirhändler die Nasen ihrer Sphinx-Miniaturen abmeisselten. Doch wie lässt sich erklären, dass auch vielen anderen Statuen, die aus dem Alten Ägypten stammen, ausgerechnet die Nasen fehlen?

Obelix trifft diesmal wohl keine Schuld.
Obelix trifft diesmal wohl keine Schuld.
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Muster hinter den Beschädigungen

Mit dieser Frage sah sich auch Edward Bleiberg, Kurator der ägyptischen Ausstellung des Brooklyn Museum, immer wieder von Besuchern konfrontiert – und begab sich auf Spurensuche. Dass die tausende Jahre alten Stücke über die Jahre in Mitleidenschaft gezogen worden waren, hatte der Ägyptologe bis dahin als gegeben hingenommen. Im Zuge seiner Untersuchungen erkannte er hinter der Zerstörung jedoch ein Muster, das ihn daran zweifeln liess, dass die Beschädigungen zufällig zugefügt worden.

Denn nicht nur an Statuen, deren Bestandteile schnell abbrechen können, fehlten Nasen. Auch in flachen Reliefs wiesen viele dargestellte Figuren diese «Verletzung» auf. Bleibergs These: Die Nasen wurden bewusst zerstört. Und warum, glaubt der Experte auch zu wissen.

Tod durch Ersticken

Dass die Zerstörer oft die Nase auswählten, hat einen einfachen Grund.
Dass die Zerstörer oft die Nase auswählten, hat einen einfachen Grund.
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Die alten Ägypter nämlich schrieben auch Bildnissen grosse Kräfte zu, erklärte Bleiberg dem Fernsehsender CNN. Einer Götterstatue etwa konnte ihrem Glauben nach der abgebildete Gott innewohnen, dem Abbild eines Verstorbenen ein Teil seiner Seele. Mit gezieltem Vandalismus habe man versucht, «die Macht des Bildnisses zu brechen». «Das zerstörte Körperteil konnte dann seine Funktion nicht mehr erfüllen», argumentiert der Archäologe. So sei der Geist, der dem Bildnis hauste, ohne Nase nicht mehr in der Lage gewesen, zu atmen – und demnach erstickt.

Doch nicht nur die Furcht, dass sich eine Gottheit oder ein Verstorbener rächen könnte, trieb die Bildstürmer an, vermutet Bleiberg. Der Ikonoklasmus sei vor allem auch politisch motiviert gewesen. Aufstrebende Herrscher versuchten auf diese Weise wohl, das Ansehen ihrer Vorgänger zu beschädigen und die Geschichte in ihrem Sinne umzuschreiben, glaubt der Wissenschaftler.

Vandalen mit bester Ausbildung

Mit gezielter Zerstörung von Bildnissen sollte die Geschichte umgeschrieben werden.
Mit gezielter Zerstörung von Bildnissen sollte die Geschichte umgeschrieben werden.
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Das könnte auch der Grund dafür sein, dass etwa von Königin Hatschepsut nur wenige Bildnisse erhalten seien. Ihr Stiefsohn Thutmosis III. liess sie wohl demolieren, um den Thronanspruch von Hatschepsuts Kindern zu schwächen und den seines eigenen Sohns Amenophis II. zu stärken: «Hatschepsuts Regierungszeit untergrub die Legitimität von Thutmosis' Nachfolger, darum löste Thutmosis das Problem, in dem er die Erinnerung an Hatschepsut auslöschte».

Als Vandalen will Bleiberg die Zerstörer allerdings nicht verstanden wissen: «Sie haben nicht rücksichtslos und beliebig Kunstwerke beschädigt. Tatsächlich weisst ihre präzise Arbeit darauf hin, dass sie gut ausgebildet waren. Und zwar nicht nur mit dem Meissel: «In der Zeit der Pharaos wurde oft nur der Name der Zielperson in Inschriften entfernt. Die Person, die die Zerstörung vorgenommen hat, musste also lesen können», gibt Bleiberg zu bedenken. Damit sollte Obelix, der mit Hieroglyphen wenig anfangen konnte, als Tatverdächtiger ausscheiden ...

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