Ermittler prüfen 21 Todesfälle Heimtückisches Gift auf Pausenbrot: Ermittler prüfen 21 Todesfälle

Carsten Linnhoff, dpa

28.6.2018

Ein Pausenbrot. Nach einem mutmasslichen Mordversuch mit vergiftetem Pausenbrot werden die Ermittlungen ausgeweitet. Polizei und Staatsanwaltschaft prüfen jetzt rückwirkend 21 Todesfälle seit dem Jahr 2000.  
Ein Pausenbrot. Nach einem mutmasslichen Mordversuch mit vergiftetem Pausenbrot werden die Ermittlungen ausgeweitet. Polizei und Staatsanwaltschaft prüfen jetzt rückwirkend 21 Todesfälle seit dem Jahr 2000.  
dpa

Alptraum unter Kollegen: Ein Mitarbeiter streut im Pausenraum heimlich Gift auf die Brote. In Ostwestfalen ist das in wahrscheinlich drei Fällen so passiert. Zwei Menschen sind schwer krank. Jetzt nehmen die Ermittler 21 Todesfälle unter die Lupe.

Beim Biss in das Pausenbrot drohte Mitarbeitern eines Anlagenbauers offensichtlich Krankheit und Tod. Nach dem Fund von giftigem weissem Bleipulver auf einem Pausenbrot in dem ostwestfälischen Betrieb in Schloss Holte-Stukenbrock untersucht die Polizei jetzt einen mutmasslichen spektakulären Kriminalfall. Bei zwei schweren Erkrankungen in der Firma hat sich bereits der Verdacht auf Schwermetallvergiftungen konkretisiert. 21 weitere Todesfälle der Vergangenheit werden neu aufgerollt. War jahrelang ein skrupelloser Giftmischer in dem Unternehmen unterwegs?

Seit Mitte Mai sitzt ein 56-Jähriger in Untersuchungshaft und schweigt. Die Ermittler werfen dem Mann vor, das giftige Schwermetall Bleiacetat in Pulverform auf die Pausenstulle eines Kollegen gestreut zu haben. Die Menge sei ausreichend gewesen, Organe schwer zu schädigen. In seiner Wohnung hatten die Ermittler Stoffe gefunden, aus denen giftige Substanzen hergestellt werden können. Darunter sind Quecksilber, Blei und Cadmium.

Die Firma ARI Armaturen GmbH & Co. KG. Nach einem mutmaßlichen Mordversuch mit vergiftetem Pausenbrot werden die Ermittlungen ausgeweitet. 
Die Firma ARI Armaturen GmbH & Co. KG. Nach einem mutmaßlichen Mordversuch mit vergiftetem Pausenbrot werden die Ermittlungen ausgeweitet. 
dpa

Nach bislang unbestätigten Medienberichten soll in den beiden Krankheitsfällen einer der beiden Mitarbeiter seit einiger Zeit im Koma liegen. Ein weiterer Patient befinde sich in Dialyse-Behandlung.

Der Verdächtige, der nach Angaben seines Arbeitgebers 38 Jahre lang «auffällig unauffällig» in dem Betrieb unterwegs war, flog durch die Aufnahme einer Videokamera auf. Nach einem ersten Verdacht hatten sich Vorgesetzte und Betriebsrat schnell darauf geeinigt, den Fall zu überprüfen. Ein Mitarbeiter hatte zuvor auf einer Stulle helles Pulver entdeckt und seinen Vorgesetzten eingeschaltet. Die Kamera hatte dann aufgezeichnet, wie der Kollege das giftige Pulver auf einem Pausenbrot verteilte.

«Zuerst waren wir von einem schlechten Scherz unter Kollegen ausgegangen, nicht von einem Mordversuch», sagte Personalchef Tilo Blechinger am Mittwoch. Kurz zuvor hatten Staatsanwaltschaft und Polizei mitgeteilt, dass die Ermittlungen ausgeweitet werden. Das löste in dem Unternehmen mit in Deutschland rund 1000 Mitarbeitern am Mittwoch neue Aufregung aus. Blechinger geht aber davon aus, dass die 21 Todesfälle nicht alle mit dem Gift in Verbindung stehen. Die Polizei gehe auf Nummer sicher und untersuche auffällige Todesfälle der vergangenen 18 Jahre. «Da sind auch Unfälle dabei», sagt der Personalchef des Anlagenbauers.

Rätselhaft ist das Motiv. Der Verdächtige schweigt bislang in der Untersuchungshaft. Zu Spekulationen und Vermutungen im Kollegenkreis des Unternehmens will sich die Polizei nicht äussern. «Da laufen die Ermittlungen, deshalb sagen wir dazu nichts», sagt der Sprecher der Bielefelder Polizei, Achim Ridder.

Eine 15-köpfige Mordkommission nimmt jetzt jeden einzelnen der 21 auffälligen Todesfälle genau unter die Lupe. Hier waren Mitarbeiter der Firma kurz vor dem Ruhestand an Krebs oder mit einem Herzinfarkt gestorben. Laut Gutachter des Landeskriminalamtes könnte dabei giftiges Schwermetall eine Rolle spielen. Unter anderem werden die behandelnden Ärzte und Angehörige befragt. In Absprache mit Rechtsmedizinern könnte auch geprüft werden, ob die Leichen ausgegraben und nochmals untersucht werden. Anhand von Haarproben könnte das Schwermetall dann noch nachgewiesen werden.

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