Sars-CoV-2 Coronavirus legt religiöses Leben in weiten Teilen Asiens lahm

AP/toko

18.1.2020

Der Tempel Wat Pho in Bangkok. Aus Angst vor dem Coronavirus schließen Hunderte Tempel, Kirchen und Moscheen in Asien ihre Pforten.
Der Tempel Wat Pho in Bangkok. Aus Angst vor dem Coronavirus schließen Hunderte Tempel, Kirchen und Moscheen in Asien ihre Pforten.
Bild: Sakchai Lalit/AP/dpa

Aus Angst vor dem Coronavirus schliessen Hunderte Tempel, Kirchen und Moscheen in Asien ihre Pforten. Gleichzeitig bleiben in berühmten Schreinen in Japan und Thailand die Touristen aus.

Normalerweise ist die katholische Binondo-Kirche der philippinischen Hauptstadt Manila gut besucht, doch in der Messe am (gestrigen) Sonntag blieb fast die Hälfte der Kirchenbänke leer. Und bei denen, die doch gekommen waren, fiel das Händeschütteln aus. In Hongkong kündigte Kardinal John Hon Tong mit Mundschutz eine zweiwöchige Aussetzung der öffentlichen Messen an. Und auf dem chinesischen Festland, wo das Coronavirus in Wuhan erstmals auftrat, sind buddhistische Tempel, christliche Kirchen und muslimische Moscheen seit dem 29. Januar geschlossen.

Die Einschränkungen in heiligen Stätten und Gotteshäusern zeigen, wie sich die Angst vor dem Coronavirus auf viele Lebensbereiche in Asien auswirkt. Der von der Weltgesundheitsorganisation als Sars-CoV-2 bezeichnete Erreger hat mehr als 1770 Menschen getötet und mehr als 71'000 weitere infiziert, vor allem in China, wo einige Städte mit insgesamt mehr als 60 Millionen Einwohnern zur Eindämmung der Krankheit unter Quarantäne gestellt wurden. Fast alle Opfer starben in China.

Zahl der Besucher geht zurück

In Japan, dessen buddhistische Tempel und Shinto-Schreine Touristenattraktionen sind, ging die Zahl ausländischer Besucher spürbar zurück. Im normalerweise beliebten Suzumushi-Tempel hiess es auf einem Schild «Keine Wartezeit aufgrund der Auswirkungen von COVID-19».

Priester Siegfred Arellano von der Binondo-Kirche betont: «Wir wissen, dass das Virus wirklich Stadtgespräch ist, und es ist offensichtlich, dass viele Angst haben.» Die Teilnahme an den Gottesdiensten sei «wirklich zurückgegangen». Auf Anraten von Gesundheitsexperten empfahl die katholische Bischofskonferenz der Philippinen Ende Januar, den Handkontakt beim Kirchenbesuch zu vermeiden, Hostien beim Abendmahl mit der Hand statt mit dem Mund entgegenzunehmen, das Weihwasser öfter auszuwechseln und die Gitter, die Priester und Gläubige in Beichtstühlen trennen, mit Schutztüchern zu versehen.



In Hongkong sollten die Kirchenbesucher die Sonntagsmesse zunächst online verfolgen können oder mit Mundschutz in die Gotteshäuser kommen. Der Gesang wurde mit Ausnahme von kurzen Hymnen wie «Halleluja» abgesagt, da sich das Virus durch Tröpfcheninfektion verbreitet. Später kündigte Kardinal Tong die zweiwöchige Aussetzung der Messen an. Gleichzeitig bat er die 400'000 Katholiken Hongkongs, nicht in Panik zu geraten.

Auch in den katholischen Kirchen Singapurs wurden die Gottesdienste am Samstag auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Dort infizierten sich nach offiziellen Angaben 67 Menschen, darunter ein leitender Pastor und mehrere Mitglieder der Kirche Grace Assembly of God, die zwei Standorte geschlossen und das gesamte Personal unter Quarantäne gestellt hat.

Der goldene Tempel Kinkaku-ji in Kyoto: Das religiöse Leben ist in weiten teilen Asien zum Erliegen gekommen.
Der goldene Tempel Kinkaku-ji in Kyoto: Das religiöse Leben ist in weiten teilen Asien zum Erliegen gekommen.
Philipp Laage/dpa-tmn (Symbolbild)

Auch in Bangkoks populärem Wat-Pho-Tempelkomplex, der für seinen riesigen liegenden Buddha bekannt ist, sind die Touristenströme versiegt. Normalerweise wird der Tempel in Thailand während der Hauptreisezeit von Dezember bis Februar von vielen Chinesen besucht, doch seit Beginn des Ausbruchs seien viele Besucher und Einheimische dem Tempel ferngeblieben, sagte der Mönch Phra Maha Udom Panyapho. Im südkoreanischen Seoul schloss eine protestantische Kirche ihre Pforten und stellte ganz auf Online-Gottesdienste um, nachdem einer ihrer Besucher am 30. Januar positiv auf Corona getestet worden war.

Andere Kirchen dort besprühten ihre Räume mit Desinfektionsmitteln, sagten Bibelstunden für Kinder ab und baten ihre Anhänger, sich möglichst wenig mit anderen Menschen zu treffen. Hunderte katholischer Kirchen im Land untersagten die Nutzung von Weihwasserbecken, erlaubten das Tragen von Mundschutz während der Messen und hielten Menschen mit grippeähnlichen Symptomen oder aus Ländern mit bestätigten Infektionsfällen vom Besuch ab.

Im Gegensatz zu Einkaufsmeilen, Erholungszentren und Parks ist es schwierig, Einschränkungen für Gotteshäuser und heilige Stätten zu erlassen. Schliesslich betrachten viele Gläubige den Besuch religiöser Versammlungen angesichts der Risiken als Test Gottes. «Das Virus kann meinen Glauben nicht dämpfen», betont der 55-jährige Familienvater Rey Gilberder in der Binondo-Kirche. «Gott ist immer da und wird uns nicht im Stich lassen.»

Eine grosse Moschee in Malaysias Verwaltungszentrum Putrajaya und zwei weitere Moscheen schlossen im Januar kurzzeitig ihre Türen für nicht-muslimische Besucher, wurden aber später auf Intervention von Premierminister Mahathir bin Mohamad wieder geöffnet. Im zentralmalaysischen Selangor versammelten sich am vergangenen Wochenende trotz Corona Zehntausende ethnischer Hindus zum jährlichen Thaipusam-Fest.

Viele Asiaten hoffen auf ihren Gott

Malaysia hat 19 Fälle des Virus gemeldet. Dabei standen Hunderte Tempelarbeiter sowie zwei Dutzend Krankenwagen bereit. Vorsichtshalber wurden medizinische Notfall-Stationen im Tempel der Batu-Höhlen auf einem Kalksteinhügel eingerichtet, wo sich Pilger und Touristen versammelt hatten. «Wir werden das Virus nicht bekommen, weil Gott hier existiert», sagte die 60-jährige Hausfrau Saratha.

Solange es noch kein Heilmittel gegen das Virus gibt, hoffen viele Asiaten auf ihren Gott. Religiöse Führer in ganz Asien beteten öffentlich für die Genesung der Kranken, die Eindämmung der Epidemie und die Entwicklung von Medikamenten. In Indonesien, dem weltweit grössten Land mit muslimischer Bevölkerung, gibt es bisher keine bestätigten Fälle. Zwar wurden mehr als 60 Menschen mit lungenentzündungsähnlichen Symptomen unter Beobachtung gestellt, später aber negativ auf das Virus getestet.

Viele Einwohner beten fünf Mal täglich in Gruppen ohne Mundschutz in den Moscheen. Gesundheitsminister Terawan Agus Putranto betont, ein starkes Immunsystem, eine gesunde Lebensweise und Gebete seien die besten Waffen gegen die Lungenkrankheit: «Der Schlüssel ist, weiter zu beten und die Immunität zu erhalten. Unterschätzen Sie die Macht des Gebets nicht.»


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