Muslimische Schüler*innen empört Wegen dieses Bildes wurde eine Lehrerin in Paris bedroht

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12.12.2023

Erinnerungen an den Fall Samuel Paty: Am 16. Oktober 2020 hatte ein 18-Jähriger den Geschichtslehrer in einem Pariser Vorort getötet.
Erinnerungen an den Fall Samuel Paty: Am 16. Oktober 2020 hatte ein 18-Jähriger den Geschichtslehrer in einem Pariser Vorort getötet.
Kira Hofmann/dpa-Zentralbild/dpa

In Frankreich zeigte eine Lehrerin ihrer Klasse ein Gemälde mit nackten Frauen. Das löste bei einigen Schüler*innen Unbehagen aus und eskalierte in einem Streit. Nun streikt die Lehrerschaft, weil sie Parallelen zum Fall des ermordeten Samuel Paty fürchtet.

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  • An einer Schule westlich von Paris haben die Lehrer die Arbeit niedergelegt, weil eine Lehrerin von muslimischen Schülern und Eltern bedroht wurde.
  • Sie hatte im Kunstunterricht das Gemälde «Diana und Actaeon» des italienischen Künstlers Guiseppe Cesari besprochen.
  • Darauf sind fünf nackte Frauen zu sehen.
  • Viele Schüler hätten sich weggedreht und die Nacktheit der Frauen als Beleidigung ihrer Religion verurteilt.
  • Der Fall weckt Erinnerungen an den Fall des ermordeten Lehrers Samuel Paty.

In Frankreich ist ein Streit ausgebrochen, nachdem eine Lehrerin ihrer Klasse im Kunstunterricht ein Renaissance-Gemälde aus dem 17. Jahrhundert zeigte.

Das Gemälde wurde Berichten zufolge Schüler*innen im Alter von 12 und 13 Jahren gezeigt. «Diana und Actaeon» stellt eine Geschichte aus der griechischen Mythologie dar. Es zeigt die nackte Göttin Diana und vier nackte Begleiterinnen und befindet sich im Louvre-Museum in Paris.

Rassismus-Vorwürfe auf Social Media verbreitet

Einige Schüler*innen hätten im Unterricht offenbar ihren Blick abgewandt. Sie hätten sich beleidigt gefühlt und sagten laut Medien, dass sie «schockiert» seien. Einige der Schüler*innen hätten zudem behauptet, die Lehrerin habe während einer Klassendiskussion rassistische Bemerkungen gemacht.

Der Name der Lehrerin und die Behauptung, sie habe sich rassistisch gegenüber muslimischen Schülerinnen und Schülern geäussert, wurden darauf in den sozialen Medien verbreitet. Es soll zu Drohungen gegenüber der Lehrerin gekommen sein.

Das liess Befürchtungen aufkommen, dass sie zur Zielscheibe werden könnte – so, wie das beim ermordeten Lehrer Samuel Paty der Fall war.

Szene aus der griechischen Mythologie: Das Bild «Diana and Actaeon» im Musee du Louvre, Paris.
Szene aus der griechischen Mythologie: Das Bild «Diana and Actaeon» im Musee du Louvre, Paris.
IMAGO/Panthermedia

Die Lehrkräfte der Jacques-Cartier-Schule in Issou westlich von Paris verweigerten gestern aus Solidarität mit der Lehrerin ihre Arbeit.

Bildungsminister Gabriel Attal besuchte die Schule persönlich. Er erklärte, dass Schüler*innen, die in sozialen Medien falsche Behauptungen über die Lehrerin aufgestellt hatten, bestraft würden. 

Erinnerungen an den Mordfall Samuel Paty

Die Krise kommt, nachdem ein französisches Gericht am Freitag sechs Jugendliche für ihre Rolle bei der Enthauptung von Samuel Paty im Jahr 2020 vor einer Sekundarschule in der Nähe von Paris verurteilt hat.

Diese hatten geholfen, den Lehrer für einen radikalisierten Islamisten zu identifizieren. Paty, ein 47-jähriger Geschichts- und Geografielehrer, wurde nur 15 Kilometer von Issou entfernt erstochen.

Wie die «Times» berichtet, sind die Lehrerinnen und Lehrer In Issou nun besorgt, dass auch sie angegriffen werden könnten. 

Der Lehrer Samuel Paty wurde in einem Pariser Vorort getötet und dann enthauptet.
Der Lehrer Samuel Paty wurde in einem Pariser Vorort getötet und dann enthauptet.
Lewis Joly/AP/dpa

In einem E-Mail, das an die Eltern verschickt wurde, erklärten die Lehrkräfte, dass sie von ihrem Recht Gebrauch machen, dem Unterricht fernzubleiben. Die Situation an der Schule sei «enorm schwierig»; die Lehrerschaft berichtet von «spürbarem Unbehagen» und einer «Zunahme von Gewalttaten und Drohungen», die sie täglich erleben.

«Wir haben das Gefühl, dass wir in Gefahr sind», sagte ein Lehrer gegenüber der «Times». «Wir werden von unseren direkten Vorgesetzten unterstützt, aber nicht von höherer Stelle.»