Koloniale Welt Wie die Stadt Zürich von der Sklaverei profitierte

jka/SDA

29.9.2020 - 08:04

Alfred Eschers Familie gehörte zu den Zürcher Familien, die über Handelsbeziehungen zur kolonialen Welt auch in die Sklaverei verwickelt waren. 
Alfred Eschers Familie gehörte zu den Zürcher Familien, die über Handelsbeziehungen zur kolonialen Welt auch in die Sklaverei verwickelt waren. 
Source: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Eine neue Studie der Universität Zürich zeigt: Die Stadt Zürich war an der Sklaverei und am Sklavenhandel finanziell beteiligt und damit mitverantwortlich für die Versklavung Tausender Afrikanerinnen und Afrikaner. 

Die Stadt Zürich war im 18. Jahrhundert in die Sklaverei verstrickt, wie neue Studie von Historikern der Universität Zürich aufzeigt. So investierte die Stadt – auf der Suche nach lukrativen Anlagemöglichkeiten – ab 1727 bis gegen Ende des Jahrhunderts in den Sklavenhandel. Sie tat das hauptsächlich über den Kauf von Anteilen der im Sklavenhandel aktiven South Sea Company sowie über Investitionen in die halbstaatliche Zinskommission Leu & Co.

In Auftrag gegeben wurde die Studie von der Stadt Zürich. «Wir dürfen die Augen vor der kolonialen Vergangenheit der Stadt Zürich nicht verschliessen», wird Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) in einer Mitteilung zitiert.



Aber nicht nur die Stadt, auch die Zürcher Wirtschaft war mit der Sklaverei verbunden – insbesondere die Textilwirtschaft. Die Zürcher Baumwollindustrie etwa bezog im 19. Jahrhundert ihren Rohstoff vor allem von Sklavenplantagen im Süden der USA. Zudem waren die im 18. Jahrhundert unter anderem in Zürich hergestellten Indienne-Stoffe ein zentrales Tauschgut für den Kauf von Sklavinnen und Sklaven in Westafrika.

Auch Familie von Alfred Escher mit Sklaverei verbunden 

Das prominenteste Beispiel aus einer Reihe von Zürcher Familien, die mit der kolonialen Welt – und damit häufig auch mit der Sklaverei – verbunden waren, ist die Familie Escher. Alfred Escher, einer der Gründerväter der modernen Schweiz, besass zwar weder Plantagen noch Sklaven. Doch in seiner Familie gibt es mehrere Verstrickungen mit der Sklaverei.

Wie die Zürcher Studie aufzeigt, war sein Grossvater Hans Caspar Escher Financier von mindestens einem Sklavenschiff. Der Onkel Friedrich Ludwig betrieb die Kaffeeplantage Buen Retiro mit über 80 Sklavinnen und Sklaven auf Kuba. Alfred Eschers Vater Heinrich schliesslich war ein erfolgreicher Händler und ein Investor in den USA. 

Trotz dieser Verbindungen wehrte sich Alfred Escher vor Gericht gegen eine in den damaligen Medien ausgetragene Debatte über die Beteiligung seiner Familie am Sklavenhandel. Er tat dies in einer Zeit, in welcher Sklaverei moralisch als nicht mehr akzeptabel galt.

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