Brisante Erklärung Verliert Berlin die Geduld mit der Schweiz?

toko

29.9.2022

Seit dem Scheitern des Rahmenabkommens herrscht Krisenstimmung zwischen Brüssel und Bern.
Seit dem Scheitern des Rahmenabkommens herrscht Krisenstimmung zwischen Brüssel und Bern.
Keystone/Michael Buholzer (Symbolbild)

In der Beziehungskrise zwischen der Schweiz und der EU war Deutschland bisher eher nicht als Drängler aufgefallen. Eine Erklärung der Ampel-Parteien deutet jedoch darauf hin, dass sich dies ändern könnte.

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Spätestens seit Mai vergangenen Jahres befinden sich die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU in einer regelrechten Krise. Damals kündigte der Bundesrat einseitig die Verhandlungen zum institutionellen Rahmenabkommen auf.

Seitdem herrscht Eiszeit zwischen Brüssel und Bern, man gibt sich gleichsam gegenseitig die Schuld.

Vor zwei Wochen erst unterstellte die EU dem Bundesrat eine Verzögerungstaktik. Staatssekretärin Livia Leu schlägt in eine ähnliche Kerbe und wirft der EU ihrerseits vor, keine Eile an den Tag zu legen und  Termine hinausgezögert zu haben.

Neue Töne aus Berlin

Gleichwohl sprach man weiter miteinander, auch auf bilateraler Ebene. Unter anderem reiste hierfür im Juni eine Delegation des Europa-Ausschusses des Deutschen Bundestages in die Schweiz.

Die Regierungs-Parteien haben anlässlich dessen zusammen mit der grössten Oppositionsfraktion CDU/CSU ein Positionspapier zum Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU erarbeitet. Darin äusserten sich die Beteiligten für Berliner Verhältnisse ungewöhnlich kritisch.

Unter anderem heisst es in der Erklärung: «Die Schweiz strebt auf absehbare Zeit keinen Beitritt zur EU an.» Man stelle jedoch fest, «dass der bisherige bilaterale Sonderweg nicht unverändert fortgeschrieben werden kann.» Der Verhandlungsabbruch durch die Schweiz «habe zu einer Gefährdung der bis dahin so erfolgreichen Zusammenarbeit geführt.»

Bislang warb Deutschland um Verständnis für die Schweiz

Diese Wortwahl lässt durchaus aufhorchen. Denn bislang war der nördliche Nachbar eher nicht als Drängler aufgefallen, sondern warb vielmehr auch um Verständnis für die Schweiz.

Auch die Empörung nach der einseitigen Aufkündigung der Verhandlungen durch den Bundesrat hielt sich im Gegensatz zu manch anderem Mitgliedsstaat in Grenzen.

Nun jedoch drücken die Fraktionen aufs Tempo: «Wir halten es für wesentlich und zielführend, dass die Schweiz ihre eigenen Lösungsvorstellungen vorab konkret formuliert.»

«Einigung nur auf Grundlage der Prinzipien des europäischen Rechtsraums.»

Ausdrücklich betonen die Parteien, «dass eine Einigung nur auf Grundlage der Prinzipien des europäischen Rechtsraums möglich ist.»

Auch wenn die Erklärung im Einklang mit der EU-Position steht: Solch deutliche Worte waren bislang aus Deutschland nicht zu hören und zeigen, dass man ein Beibehalten des Status quo nicht akzeptieren wird.

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Federführend beim Positionspapier war die Freiburger Grünen-Politikerin Chantal Kopf. Als Abgeordnete aus der deutsch-schweizerischen Grenzregion, schreibt sie auf ihrer Website, wisse sie «um die engen Beziehungen, welche uns mit der Schweiz verbinden.»

Eine Fortsetzung des Status quo soll es indessen aber nicht geben. Der «Süddeutschen Zeitung» sagte Kopf: «Die Kommission hat während der mehrjährigen Verhandlungen zum Rahmenabkommen viel Rücksicht auf die innenpolitische Situation und das politische System der Schweiz genommen.» Daher sei es nur verständlich, dass die EU sich von der Schweiz Lösungen zu den selbst genannten Problemen erwarte.

Die Spannungen zwischen Brüssel und Bern halten indessen unvermindert an. Womöglich muss die Schweiz nun mit stärkerem Druck auch aus Berlin rechnen.