Basler Polizei gefordert Streit um die Aufhebung des Bettelverbots spitzt sich zu

Von Julia Käser

28.8.2020

In Basel ist Betteln seit dem 1. Juli erlaubt. Die Polizei ist gefordert.
In Basel ist Betteln seit dem 1. Juli erlaubt. Die Polizei ist gefordert.
Bild: Keystone

In Basel wurde das Bettelverbot Anfang Juli aufgehoben. Seither hat die Basler Polizei bereits rund 90 Personen überprüft. Bei der Debatte um die Gesetzesänderung spalten sich die Geister – nicht nur in der Politik. 

Seit dem 1. Juli ist in Basel-Stadt eine öffentliche Debatte rund ums Betteln entbrannt. Dann nämlich wurde das bis anhin geltende Bettelverbot aufgehoben. Verboten ist seither nur noch bandenmässiges Betteln. 

Viele Baslerinnen und Basler erzählen davon, in den letzten Wochen deutlich öfter von fremden Personen um Geld gebeten worden zu sein – auf der Strasse, aber auch in Restaurants. 

Auf Anfrage von «Bluewin» wird der subjektive Eindruck von der Basler Kantonspolizei bestätigt. Sprecher Toprak Yerguz sagt, man stelle im Stadtgebiet eine deutliche Zunahme von bettelnden Personen fest – sowohl durch eigene Beobachtungen als auch durch Meldungen aus der Bevölkerung.

Aufwendige Überprüfung des Verbots

Die Polizei habe ihre Kontrolltätigkeit deshalb deutlich erhöht. «In den letzten vier Wochen wurden rund 90 Bettlerinnen und Bettler einer Kontrolle unterzogen und bereits mehrere Rapporte wegen Verdachts auf bandenmässiges Betteln der Staatsanwaltschaft überwiesen», so Yerguz. 

Um sicherzustellen, ob es sich tatsächlich um bandenmässiges Betteln handelt, muss jeder Einzelfall nach einem Anfangsverdacht genauestens überprüft werden. Dies gestalte sich als sehr aufwendig, wie der Polizeisprecher sagt.  

Betteln wird zum Wahlkampf-Thema

Auf politischer Ebene spitzt sich die Debatte im Hinblick auf die kantonalen Wahlen vom Oktober nun weiter zu. Das Bettelverbot ist bereits jetzt zum Wahlkampfthema verkommen.

Bürgerliche Politikerinnen und Politiker fordern die Wiedereinführung des Verbots. Laut ihnen ist es offensichtlich, dass es sich bei den Bettelnden um Mitglieder von osteuropäischen Bandeln handelt. 

Anders klingt es im linken Lager, wo man sich für die Aufhebung des allgemeinen Bettelverbots eingesetzt hat – weil dieses die Armut und Personen am Rande der Gesellschaft kriminalisiere. Eine Rückkehr zum Verbot steht für sie nicht zur Diskussion, zumal bandenmässiges Betteln nach wie vor verboten ist und entsprechend geahndet werden könne.  

Umfrage
Was halten Sie von der Aufhebung des Bettel-Verbots?

Er vermisse Gelassenheit in der Debatte, sagt wiederum Soziologe Ueli Mäder gegenüber der «Basler Zeitung» (Bezahlschranke). Er sehe weder in einer Rückkehr zum Bettelverbots eine Lösung des Problems, noch darin, dessen Befürwortern Rassismus vorzuwerfen. 

Gemäss dem Soziologen ist der Konflikt denn auch tiefergehend. Einerseits seien sich die Bettlerinnen und Bettler die Basler Umgebung noch nicht gewohnt. Hier würden andere Sitten gelten als anderswo. 

Anderseits ist es laut Mäder gut möglich, dass sich der existenzielle Druck und die Not der Bettelnden in letzter Zeit vergrössert habe. Schliesslich wollten Populisten sowohl in ost- als auch in südeuropäischen Ländern beim Betteln hart durchgreifen. 

Kantonspolizei setzt auf Gespräche

Zwar verstehe er die Bedenken von zahlreichen Baslerinnen und Basler, so Mäder zur Zeitung, aber: Betteln sei für ihn nach wie vor ein Menschenrecht. 

In der Schweiz ist Betteln aber längst nicht überall erlaubt. Zahlreiche Kantone kennen mittlerweile ein entsprechendes Verbot. Dass ein solches im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht grundsätzlich unbedenklich ist, zeigt eine Arbeit der Universität Zürich, die sich für die Begrenzung des Bettelns, nicht aber für ein umfassendes Verbot ausspricht. 

Anders sieht dies das Bundesgericht: 2018 kam es in einem Urteil zum Schluss, dass ein generelles Bettelverbot im Kanton Waadt sowohl mit der EMRK als auch mit der Bundesverfassung vereinbar sei. Gut möglich, dass die Situation in der Stadt Basel auch diese Debatte neu entfacht. 

Dort sucht die Kantonspolizei derweil im Verbund mit weiteren Ämtern das Gespräch mit den Bettlern – unabhängig von der strafrechtlichen Ebene. «Das erste Treffen fand vor rund drei Wochen beim bekannten Hotspot am Wettsteinplatz/Theodorskirchplatz statt», sagt Sprecher Yerguz.

Mit zwei Übersetzern habe man über die geltenden Gesetze, aber auch die Verhaltensregeln im öffentlichen Raum der Stadt Basel informiert. «Bezüglich Betteln wurde klar festgehalten, dass bandenmässiges Betteln strafbar und aufdringliches Verhalten ebenfalls problematisch ist», so Yerguz. Das sogenannte Community Policing halte den Kontakt zu der Bettlergruppe seither aufrecht. 

Zurück zur Startseite