Harte Zeiten So ergeht es Davos ohne WEF

Von Tobias Bühlmann

23.1.2021

Im «Goldenen Ei» steigen während des WEF jeweils hochkarätige Gäste ab. In diesem Januar bleibt das Hotel Intercontinental fürs Erste allerdings geschlossen, weil die Gäste fehlen.
Im «Goldenen Ei» steigen während des WEF jeweils hochkarätige Gäste ab. In diesem Januar bleibt das Hotel Intercontinental fürs Erste allerdings geschlossen, weil die Gäste fehlen.
Archivbild: Keystone/Gian Ehrenzeller

In Davos werden im Januar auf Podien die Zukunft gedacht und im Verborgenen lukrative Geschäfte abgeschlossen – doch nicht dieses Jahr: Das WEF fällt aus. Die Stadt in den Alpen kämpft derzeit auch noch mit anderen Problemen.

Helikopterflüge, Limousinen-Stau und schwer bewaffnete Sicherheitskräfte überall: Normalerweise herrscht am dritten Wochenende im Januar in Davos Hochbetrieb. Nicht so in diesem Jahr. Wo im letzten Jahr noch Donald Trump mit Marine One landete, um in seine schwer gesicherte Limousine umzusteigen, herrscht nun vor allem Leere.

Denn das WEF fällt in diesem Jahr für Davos aus – die Reichen und Mächtigen treffen sich der Pandemie wegen lieber in Singapur. Für die Stadt zuoberst im Landwassertal war diese Nachricht ein harter Schlag. Denn das World Economic Forum bringt sonst viele Menschen, viel Aufmerksamkeit und vor allem auch viel Geld. «Das WEF findet in der Nebensaison statt, das ermöglicht uns sonst, die Hotelbetten und Ferienwohnungen auszulasten in der Zeit», sagt Samuel Rosenast, Leiter Kommunikation der Destination Davos-Klosters.

Erst die Ausfälle wegen der Pandemie-Massnahmen, dann die WEF-Verschiebung: So hat sich Philipp Wilhelm seinen Start ins Amt ursprünglich sicher nicht vorgestellt. Der 32-jährige SP-Politiker ist seit Anfang Jahr neuer Davoser Landammann. «Im Moment sind vor allem Skifahrer und Langläufer da, die haben wir sonst nicht um diese Zeit. Aber ja, ohne das WEF ist in Davos weniger los derzeit», sagt er zu «blue News».

«Das ist das unternehmerische Risiko»

Normalerweise werden während des WEF entlang der Promenade, der Davoser Geschäftsstrasse, zahlreiche Liegenschaften umgenutzt fürs Forum. «Sonst verändert sich das Gesicht von Davos sehr stark während des WEF», so Wilhelm. Die Einnahmen für diese vorübergehende Umnutzung fallen nun weg. Weil diese Umnutzung nun fehlt, dürften vielen Inhabern von Liegenschaften grosse Summen entgehen.

Dem Landammann sind aber deshalb noch keine Probleme zu Ohren gekommen: «Es gibt viele Leute, die sehr verantwortungsvoll umgehen mit diesen Einnahmen. Die haben sich Modelle überlegt, wie sie nicht von diesen einmaligen Einnahmen im Januar abhängig sind.»

Und wenn die Inhaber von Liegenschaften sich bisher zu stark auf die Einnahmen im Januar verlassen haben und nun Probleme kriegen, sieht Wilhelm die Verantwortung dafür bei ihnen: «Das ist das unternehmerische Risiko.» Die jetzige Situation zeige, wie riskant es ist, sich auf diesen einen Anlass zu verlassen.

Viele Probleme sind noch ungelöst

Derzeit kämpfe man in der Gemeinde ohnehin mit anderem: «Die Schliessungen, die die Pandemie notwendig gemacht hat, haben in der Gastronomie zu grossen Einnahmeausfällen geführt», so Landammann Wilhelm. Darum sei man froh um die angekündigten Hilfsgelder des Bundes. «Die Ausweitung des Härtefallfonds ist ein erster wichtiger Schritt, um das wirtschaftliche Überleben zu sichern.» Im Wintertourismus seien aber immer noch viele Probleme ungelöst.

Die Destination Davos ist nicht nur während des WEF stark von internationalen Gästen abhängig. Auch im Sommer stamme rund die Hälfte der Besucher*innen aus dem Ausland, so Rosenast von der Destination Davos-Klosters. Darum seien in diesem Sommer die Übernachtungen in Hotels und Ferienwohnungen um 22 Prozent unter dem normalen Wert gelegen.

In Davos nutze man den Ausfall nun, um mit verschiedenen runden Tischen Probleme anzugehen, die sich in den letzten Jahren rund ums WEF gezeigt hätten, so Wilhelm. Themen seien da beispielsweise die schwierige Verkehrssituation oder die sehr hohen Mieten, die während des Forums teils verlangt würden. Sein persönliches Ziel sei es, dass der Anlass nachhaltiger werde, so der SP-Politiker.

Die Chancen sehen

Unabhängig von der WEF-Absage befinde man sich aber derzeit in einer Krisensituation. Für ihn sei es wichtig, da gut durchzukommen und daneben weiter an der Zukunft von Davos zu arbeiten. Erst im Dezember habe man beispielsweise das neue Kulturzentrum fertiggestellt – das man aber leider noch nicht nutzen könne.

Philipp Wilhelm versucht, in der aktuellen Situation die Lichtblicke nicht aus den Augen zu verlieren: «Diesen Januar gibt es sicher die Chance, Davos anders zu erleben: mit richtig gut erreichbaren Pisten und dem natürlich guten Wetter, das wir im Hochwinter bei uns auch haben.»

Ohnehin habe Davos neben dem WEF noch viel mehr zu bieten, rührt der frischgebackene Landammann die Werbetrommel: «Davos gibt’s nicht nur im Januar, wir haben attraktive Sport- und Kulturveranstaltungen während des ganzen Jahrs, den Spengler-Cup, wir haben mehrere Forschungsinstitute mit internationaler Bedeutung und auch Gesundheitseinrichtungen, die über die Grundversorgung hinausgehen.»

Zurück zur Startseite