«Schauderhafte Sauerei»«Schauderhafte Sauerei»: Als US-Flieger Schaffhausen bombardierten
28.3.2019
1. April 1944: Die Bombardierung Schaffhausens
Am 1. April 1944 stand Schaffhausen in Flammen: Die Stadt war von der US-Luftwaffe bombardiert worden.
Bild: Keystone
Binnen 40 Sekunden fielen fast 400 Bomben auf Schaffhausen. Von diesem Haus blieb nur der Schornstein übrig.
Bild: Keystone
Die Bomben galten eigentlich der rund 230 Kilometer entfernten Stadt Ludwigshafen in Deutschland, dem Sitz der Chemiewerke IG Farben. Stattdessen schlugen sie am Moserdamm ein.
Bild: Keystone
Die Sicht war schlecht, der Wind ungünstig und das Radar fehlerhaft: Aufgrund dieser Verkettung unglücklicher Umstände wurde Schaffhausen versehentlich zum Ziel des Luftkriegs.
Bild: Keystone
Unermüdlich versuchten Feuerwehrleute und Luftschutztruppen, der Flammen Herr zu werden, die in der ganzen Stadt wüteten.
Bild: Keystone
Die Löscharbeiten dauerten mehrere Tage.
Bild: Keystone
Eine «schauderhafte Sauerei» nannte Luftschutzkommandant Arbenz rückblickend das Bild, das sich ihm nach der Bombardierung bot.
Bild: Keystone
Rund 500 Bewohner der Stadt wurden im Zuge der Bombardierung obdachlos.
Bild: Keystone
Mehr als 40 Menschen verloren bei den Angriffen auf die Stadt ihr Leben, rund 270 trugen Verletzungen davon.
Bild: Keystone
Schaffhausen wurde von der USA mit einem zweistelligen Millionenbetrag entschädigt.
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1. April 1944: Die Bombardierung Schaffhausens
Am 1. April 1944 stand Schaffhausen in Flammen: Die Stadt war von der US-Luftwaffe bombardiert worden.
Bild: Keystone
Binnen 40 Sekunden fielen fast 400 Bomben auf Schaffhausen. Von diesem Haus blieb nur der Schornstein übrig.
Bild: Keystone
Die Bomben galten eigentlich der rund 230 Kilometer entfernten Stadt Ludwigshafen in Deutschland, dem Sitz der Chemiewerke IG Farben. Stattdessen schlugen sie am Moserdamm ein.
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Die Sicht war schlecht, der Wind ungünstig und das Radar fehlerhaft: Aufgrund dieser Verkettung unglücklicher Umstände wurde Schaffhausen versehentlich zum Ziel des Luftkriegs.
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Unermüdlich versuchten Feuerwehrleute und Luftschutztruppen, der Flammen Herr zu werden, die in der ganzen Stadt wüteten.
Bild: Keystone
Die Löscharbeiten dauerten mehrere Tage.
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Eine «schauderhafte Sauerei» nannte Luftschutzkommandant Arbenz rückblickend das Bild, das sich ihm nach der Bombardierung bot.
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Rund 500 Bewohner der Stadt wurden im Zuge der Bombardierung obdachlos.
Bild: Keystone
Mehr als 40 Menschen verloren bei den Angriffen auf die Stadt ihr Leben, rund 270 trugen Verletzungen davon.
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Schaffhausen wurde von der USA mit einem zweistelligen Millionenbetrag entschädigt.
Bild: Keystone
Am 1. April 1944 ist das Undenkbare geschehen: Bomben fielen auf eine Schweizer Stadt. Flieger der US-Luftwaffe griffen irrtümlich Schaffhausen an – 40 Menschen kamen ums Leben, Hunderte verloren ihr Obdach.
Vor exakt 75 Jahren hat ein verirrtes Geschwader der US-Luftwaffe Bomben auf Schaffhausen abgeworfen. Über 40 Tote, 270 Verletzte, fast 500 Obdachlose und 1000 verschwundene Arbeitsplätze war die Bilanz.
Der erste Patient, der ins Spital eingeliefert wurde, war ein Bub, dem eine Sprengbombe ein Bein abgerissen hatte. Der Junge habe kaum geklagt, wunderte sich später der diensthabende Arzt. Der Kleine habe sich nur Sorgen gemacht, dass er den Schulanfang verpasse, wo er sich doch so darauf gefreut hatte, Erstklässler zu werden.
Nur eine Ambulanz stand zur Verfügung, aber die meisten Opfer konnten herbeigetragen werden, denn der nahegelegene Bahnhof war das Hauptziel des Bombardements gewesen. Die Opfer von weiter weg wurden von einem Privatmann in seinem Topolino – ein Auto, fast so klein wie ein Smart – einzeln herbeigekarrt.
Man mache sich keine Vorstellung, welche «schauderhafte Sauerei» so eine Bombardierung verursache, sagte später der Luftschutzkommandant Arbenz dem Zürcher Tonjägerclub. Da lagen Leute, denen es die Köpfe weggesprengt hatte und denen nur noch die Wirbelsäule aus dem Kragen ragte. Das habe ihn unglaublich wütend gemacht auf die Piloten.
Fatale Zaungastmentalität
Dabei hatte der Samstag so schön begonnen. Der Himmel blau, ein lindes Lüftchen wehte, als um 10.39 Uhr der Fliegeralarm losging. So nah an der Grenze kam das im Schnitt zwei Mal die Woche vor. Viele gingen schon nicht mehr in die Schutzräume, sondern nach draussen «Flugis zählen». Es herrschte eine «sorglose Zaungastmentalität», schrieb die «NZZ».
Die in Formationen fliegenden Bomber seien «schön zum luege gsi», sagte die Schneiderin Nelly Russenberger, die das Spektakel vom offenen Atelierfenster aus beobachtete. Die erste Staffel machte einen Notabwurf über dem Wald, die zweite blieb inaktiv, aber die dritte warf völlig überraschend ab 10.58 während 40 Sekunden fast 400 Bomben über Schaffhausen ab.
Heillos verflogen
Die drei Geschwader waren Teil einer 1000 Flugzeuge umfassenden Division, die ab Südengland mit Ziel Chemiewerke IG Farben nach Ludwigshafen gestartet war. Aber die meisten hatten schon über dem Ärmelkanal abgedreht, weil die Sicht schlecht war, der Wind die Maschinen vom Kurs abtrieb und der Radar verrückt spielte.
Die Geschwader, welche es bis nach Süddeutschland schafften, suchten Ludwigshafen vergeblich und warfen auf dem Rückflug ab. Seine Staffel habe ein letztes noch mögliches Ziel bombardiert, «um 10.50 Uhr mit bescheidenem Resultat», funkte ein US-Bomber auf dem Rückflug nach England.
Die sterblichen Hüllen des «bescheidenen Resultats» wurden am 4. April 1944 auf dem Waldfriedhof im Beisein von militärischen, politischen und geistlichen Würdenträgern aus der ganzen Schweiz beigesetzt. Die Landesregierung entsandte die Bundesräte Karl Kobelt und Ernst Nobs.
Sorry, Folks!
Gleich am Sonntag nach dem Inferno entschuldigte sich US-General Carl Spaatz bei der Stadt Schaffhausen, Präsident Franklin D. Roosevelt zog später nach. Die USA stellten für Schaffhausen 40 Millionen Franken Wiedergutmachung in Aussicht, eine erste Tranche von 17 Millionen traf schnell ein.
Der Rest liess bis 1949 auf sich warten, da das Geschäft im US-Kongress umstritten war: Abgeordnete bemängelten, die Schweiz habe nun schon zum zweiten Mal von einem Krieg profitiert, ohne selber bluten zu müssen. Ausgerechnet dieses Land verlangte Schadenersatz? Und dann auch noch samt Verzugszins! Je nach Quelle zahlten die USA schliesslich 52 bis 62 Millionen.
Mit der Entschuldigung waren die Fehlbombardements lange nicht vorbei. Als beispielsweise am 22. Februar 1945 ein Abgesandter Roosevelts an den Gräbern der Schaffhauser Bombenopfer einen Kranz niederlegte, wurde er Augenzeuge davon, wie amerikanische Flugzeuge Bomben auf Stein am Rhein, Neuhausen am Rheinfall und Rafz warfen.
Erst ein Treffen im März 1945 zwischen dem Bundesrat und General Carl Spaatz führte zu grösserer Sorgfalt der US-Luftwaffe: Abwürfe nur, wenn das Ziel bombensicher auf deutschem Boden lag.
Caramel Marke US Air Force
Inklusive der Menschen, die erst nach der Beerdigung vom 4. April ihren Verletzungen erlagen, forderte das Bombardement – die Angaben schwanken – 47 bis 60 Todesopfer. Es hätten auch mehr sein können: 18 Tage nach dem Schreckensereignis wurde unter einem Eisenbahngleis eingeklemmt ein Blindgänger gefunden. 275 Züge waren über ihn weggedonnert, ohne dass er detonierte.
Ein winziges Glück im Unglück erfuhren auch die Schaffhauser Kinder: Nachdem das Zuckerlager von einer Phosphor-Bombe in Brand gesetzt worden war, floss der geschmolzene und caramelisierte Zucker die Fassade hinunter. Die Kinder hätten zwei Tage daran zu schlecken gehabt, heisst es.
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Der Rundgang kostet nichts – wer die Schatzkammer sehen möchte, muss 10 Euro Eintritt dafür zahlen, ermässigt 6 Euro.
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