Appell an den Bundesrat Politiker und Staatsrechtler fordern Ausrufung der ausserordentlichen Lage

Stefan Michel

23.12.2021

Die Omikron-Welle könnte heftiger werden als alle, welche die Schweiz bisher erlebt hat. Einsatzkräfte bringen eine an Covid-19 erkrankte Person ins Kantonsspital Freiburg, April 2020. 
Die Omikron-Welle könnte heftiger werden als alle, welche die Schweiz bisher erlebt hat. Einsatzkräfte bringen eine an Covid-19 erkrankte Person ins Kantonsspital Freiburg, April 2020. 
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Angesichts der anrollenden Omikron-Welle sehen verschiedene Politiker und Staatsrechtler die Ausrufung der ausserordentlichen Lage als angemessen an. Nur so könne der Bundesrat schnell genug reagieren.

Stefan Michel

Omikron ist in der Schweiz angekommen und wird sich auch hierzulande rasch ausbreiten – das zeigen alle Länder, in denen die neue Virus-Variante bereits zirkuliert. Damit droht erneut ein starker Anstieg der Fallzahlen. Die Experten des Bundes rechnen mit bis zu 25'000 Neuinfektionen pro Tag in der ersten Januarwoche.

Zugleich ist die Impfrate der Schweiz tief und die Booster-Impfung haben noch viel weniger erhalten.



Die «CH-Media-Titel» haben verschiedene Politiker und Staatsrechtler gefragt, ob die aktuell geltende besondere Lage angesichts dieser Prognosen noch angemessen ist oder ob der Bundesrat wieder die ausserordentliche Lage ausrufen müsste.

Aktuell kann der Bundesrat Massnahmen anordnen, muss aber die Kantone anhören. In der ausserordentlichen Lage, die während der ersten Corona-Welle galt, kann der Bundesrat direkt Massnahmen anordnen, die die Kantone umsetzen müssen.

Keine Zeit mehr für Vernehmlassungen mit den Kantonen

Die Situation sei gegeben, die ausserordentliche Lage auszurufen, findet etwa der Solothurner FDP-Nationalrat Kurt Fluri. Dem Bundesrat bleibe keine Zeit, Vernehmlassungen mit den Kantonen durchzuführen.

Auch der Staatsrechtler René Rhinow sieht die Voraussetzungen für die ausserordentliche Lage als erfüllt, angesichts der drohenden Entwicklung. Dem Blick sagte Staatsrechtler Rainer J. Schweizer, für ihn befinde sich die Schweiz berreits wieder in der ausserordentlichen Lage, da die Intensivstationen voll seien und mehr Menschen sterben als in allen anderen Wellen.

Die Schweizerische Gesellschaft für Biomedizinische Ethik hat am Mittwoch einen Appel veröffentlicht, in der sie sich sehr besorgt zeigt, dass die Ansteckungszahlen stark ansteigen und auch wieder geimpfte, aber gefährdete Menschen stark an Covid erkranken. Angesichts der bereits stark belasteten Intensivstationen drohe die Triage, wer lebensrettende Hilfe erhält. Die Richtlinien dafür lägen bereit.

Medizin-Ethiker*innen sehen alle in der Pflicht

Die Ehtik-Expert*innen rufen aber auch dazu auf, «nicht zu moralisieren» und von einer Einteilung in «gute Geimpfte» und «schlechte Ungeimpfte» wegzukommen. Angezeigt ist das Engagement für eine moralische Impfpflicht. Schliesslich erinnern sie daran, dass alle, die sich an die Massnahmen halten, helfen, die Pandemie zu bremsen sowie schwere und langwierige Erkrankungen und Todesfälle zu verhindern.

Auch die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften, welche vom Bund beauftragt ist, die Richtlinien für die Spital-Triage zu definieren, hat den Appell auf ihrer Website publiziert.