Bern Tödliche Schüsse: Wann darf die Polizei die Waffe einsetzen?

tsha

18.7.2019

In Bern ist ein Mann von einem Polizisten erschossen worden. Wann dürfen die Beamten zur Waffe greifen?

Tödlicher Vorfall in Bern: Am Mittwochnachmittag wurde in der Stadt ein Mann von einem Polizisten angeschossen, wenig später starb er im Spital. Das 36-jährige Opfer sei selbst bewaffnet gewesen, so die Polizei, und aus einer psychiatrischen Einrichtung geflohen. Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland ermittelt nun den genauen Tathergang.

Nach dem Einsatz stellt sich die Frage: Wann dürfen Polizisten eigentlich von der Waffe Gebrauch machen? Wir haben die wichtigsten Antworten.

Wann dürfen Polizisten von der Waffe Gebrauch machen?

Der Einsatz der Dienstwaffe ist in der Schweiz klar geregelt. Polizisten dürfen nur dann auf Menschen schiessen, wenn eine Notwehrsituation vorliegt, sie also selbst an Leib und Leben bedroht sind. Legitim ist der Einsatz der Waffe ausserdem, wenn Dritte an Leib und Leben bedroht sind.

Griffbereit: Ein Polizeibeamter der Kapo Bern zeigt seine Ausrüstung, darunter eine Schusswaffe.
Griffbereit: Ein Polizeibeamter der Kapo Bern zeigt seine Ausrüstung, darunter eine Schusswaffe.
Bild: Keystone

Wie oft schiessen Polizisten im Dienst?

In der Schweiz, so belegen es Zahlen der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS), gab es 2018 zwölf Schusswaffeneinsätze – 50 Prozent mehr als noch im Vorjahr, aber dennoch «klar unter dem mehrjährigen Durchschnitt». Ziele waren vor allem Fahrzeuge, oder es wurde auf den Boden geschossen. Verletzt wurde dabei niemand. «Dennoch stellt der Einsatz von Schusswaffen das intensivste polizeiliche Eingriffsmittel dar und ist nur als Ultima Ratio zulässig, wenn andere Massnahmen ausgeschöpft oder ungeeignet sind», heisst es von der KKPKS.

Wie gehen Polizisten mit solchen Situationen um?

Wenn ein Mensch erschossen wird, belastet das nicht nur die Angehörigen, sondern auch den Beamten, der den Schuss abgegeben hat. Im Falle des in Bern getöteten Mannes ist das nicht anders. «Sie können sich vorstellen, dass dies für alle Beteiligten – dazu zählen sowohl unsere Mitarbeitenden wie auch Angehörige des Verstorbenen – eine sehr belastende und tragische Situation ist», so Polizeisprecher Christoph Gnägi gegenüber «20 Minuten». «Es geht hier um den Tod eines Menschen.»

In Deutschland, wo Polizisten im Schnitt einmal pro Woche auf Menschen schiessen, gibt es sogar Selbsthilfegruppen für die Beamten. Die Nachfrage ist gross. Reinhold Bock, Leiter der «Selbsthilfegruppe Schusswaffenerlebnis», klagte 2017 gegenüber der «Welt», dass aus Kapazitätsgründen nicht allen Bewerbern ein solcher Therapieplatz angeboten werden könne.

Dürfen Polizisten ihre Waffe auch privat tragen?

Die Polizisten in Bern waren im Dienst, als der Schuss fiel. Doch auch privat ist das Tragen der Waffe – in der Regel handelt es sich um eine 9-Millimeter-Selbstladepistole – in dem Kanton erlaubt. Denn die Beamten sind «in der Freizeit zum polizeilichen Handeln berechtigt», so Mediensprecherin Regina Aeberli von der Berner Kapo.

Adrian Wüthrich, Präsident des Polizeiverbandes des Kantons Bern, hält das für unproblematisch: «Die Polizistinnen und Polizisten sind sehr gut geschult im Umgang mit der Waffe und sie wissen, wie sie die Dienstwaffe aufbewahren müssen.» In anderen Kantonen wie Wallis, Freiburg und Appenzell Innerrhoden dürfen Polizisten ihre Waffen in der Freizeit nicht bei sich führen.

Bilder aus der Schweiz
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