Berlin will nicht Jetzt wärmt französisches Gas Schweizer Wohnungen

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7.10.2022

Die Schweiz  bezieht nun mehr Gas aus Frankreich als aus Deutschland.
Die Schweiz bezieht nun mehr Gas aus Frankreich als aus Deutschland.
Keystone/Alexandra Wey

Wer Angst hat, bald im Kalten zu sitzen, kann vorerst aufatmen: Die Lage am Gasmarkt entspannt sich. Nach dem Aus des Gasabkommens mit Berlin springt Paris ein.

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7.10.2022

Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine sorgen sich viele europäische Länder um ihre Gasversorgung. Zuletzt gaben die offenbar gezielten gezielt herbeigeführten Lecks in der Pipeline Nord Stream 1 zusätzlich Anlass zur Beunruhigung.

Nun gibt es Grund, aufzuatmen: Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, sind die Gasspeicher Europas im Moment gut gefüllt. Auch der Gasmarkt selbst hat sich merklich entspannt: Der Gaspreis ist im Zuge der verbesserten Prognosen stark gefallen: Der niederländische Terminkontrakt TTF, der als Richtwert für ganz Europa gilt, befand sich diese Woche auf dem niedrigsten Stand seit Ende Juli.

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30.09.2022

Mehr Gas aus Frankreich

Da die Schweiz über keine eigenen grösseren Gasspeicher verfügt, ist sie auf externe Speicher angewiesen. Zuletzt jedoch erteilte Deutschland Plänen für ein bilaterales Abkommen eine Absage.

Deutlich hilfsbereiter zeigt sich ein anderes Nachbarland: Wie ein Sprecher des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) dem «Tages-Anzeiger» bestätigte, findet derzeit mehr Gas aus Frankreich als aus Deutschland seinen Weg in die Schweiz. Sogar deutsche Abnehmer würden verstärkt auf französisches Gas zurückgreifen – das dann über schweizerische Leitungen geliefert wird.

Die Gasspeicher Frankreichs sind so gut wie komplett gefüllt. Der Branchenverband Gas Infrastructure Europe meldete zuletzt einen Füllstand von 97,4 Prozent. Zudem lockt französisches Gas mit einem besonders guten Preis. 92 Euro kostet es pro Megawattstunde, weniger als in jedem anderen Land Europas. Zum Vergleich: Der deutsche Preis liegt bei 100 Euro.

Probleme in Südeuropa gelöst

Neben Frankreich steht derzeit Italien besonders gut da. Rom hat seine Abhängigkeit von Moskau bereits im April durch Vereinbarungen mit afrikanischen Ländern wie Angola und dem Kongo verringert.

Dazu kommt, dass russisches Gas wieder in den Süden Europas fliesst, nachdem die Lieferungen zuletzt wegen finanzieller Komplikationen mit dem österreichischen Transporteur ausgesetzt worden waren. Russisches Gas macht allerdings nur noch 10 Prozent italienischer Gasimporte aus. Vor dem Krieg waren es 40 Prozent.

Zu früh für Entwarnung

Mit dieser Entspannung geht allerdings noch keine Entwarnung einher. Durch den vermehrten Import französischen Gases konnte die Schweiz ihre Abhängigkeit von Russland, dem traditionell grössten Gaslieferanten Deutschlands, zwar minimieren. Wie viel Gas im Winter jedoch tatsächlich benötigt wird, hängt auch von zwei unvorhersehbaren Faktoren ab: dem Wetter und dem Verhalten von Wladimir Putin.

Mittel- und langfristig möchte die Schweiz Bedingungen schaffen, um unabhängiger vom Ausland zu werden. Nach Ansicht der Gasbranche sollte es auch hierzulande grosse Gasspeicher geben. Aus Gründen der Versorgungssicherheit sei es sinnvoll, dass die Schweiz selbst Gas speichern kann, fordert der VSG.

Solche Speicher könnten auch für erneuerbares Gas genutzt werden und seien somit eine Investition in die Zukunft. Erst einmal gehe es jetzt darum, technische und wirtschaftliche Fragen abzuklären – wer zum Beispiel einen Speicher in einem liberalisierten Gasmarkt bezahlt, sagte Thomas Hegglin vom Gasverband auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.

Laut Bundesamt für Energie wird sich der Bundesrat demnächst mit der Frage zum Bau von Gasspeichern in der Schweiz befassen. Konkret wollte Mediensprecherin Marianne Zünd allerdings noch nicht werden.

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und AWP.