1. August «Jetzt gehört das Rütli auch den Frauen»

sda/toko

1.8.2021 - 17:05

Mehrere hundert Frauen haben am Bundesfeiertag auf dem Rütli der Frauen gedacht, die für das Frauenstimmrecht gekämpft haben. Doch auch 50 Jahre nach dessen Einführung sei die Gleichstellung noch nicht erreicht, erklärten verschiedene Rednerinnen.

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«Jetzt gehört das Rütli auch den Frauen», erklärte Alliance F, der Dachverband der Frauenorganisationen, zum Abschluss der 1.-August-Feier 2021. Die diesjährige Bundesfeier, das «Frauenrütli», unterschied sich deutlich von anderen Anlässen dieser Art. Statt Tradition waren Aufbruch und Veränderung angesagt. Die Nationalhymne wurde nicht mit dem althergebrachten Text gesungen, sondern mit dem neuen Text «Weisses Kreuz auf rotem Grund».

Porträts der Pionierinnen

Die Festgemeinde fuhr gemeinsam auf einem Schiff von Brunnen SZ über den Vierwaldstättersee zum Rütli UR. Angeführt von Standarten, auf denen Porträts von Pionierinnen der Schweizer Frauenbewegung prangten, zogen die Frauen, denen sich auch einige Männer angeschlossen hatten, hinauf auf die Wiese. Fanfarenklänge begleiteten den dank der vielen Regenschirme bunten Marsch.

Die Rütliwiese sah nicht nach 1. August aus: Festbänke fehlten, grillierte Würsten gab es keine. Auch staatsmännische Reden waren keine zu hören. Stattdessen gab es kurze Wortmeldungen von Frauen verschiedener Generationen.

Die 82-jährige Zürcher alt Nationalrätin Rosmarie Zapfl (Mitte) erinnerte daran, dass mit der Einführung des Frauenstimmrechts 1971 die Gleichstellung noch längst nicht erreicht war. Es habe viel Kraft, Geduld und Zeit gebraucht, bis die Mutterschaftsversicherung, die Fristenlösung oder das neue Eherecht geschaffen worden seien. Gesetze seien das eine, wichtig sei aber auch deren Umsetzung.

Die Bundesrätinen Simonetta Sommaruga, links, und Viola Amherd, rechts, an den Feierlichkeiten auf der Rütliwiese.
Die Bundesrätinen Simonetta Sommaruga, links, und Viola Amherd, rechts, an den Feierlichkeiten auf der Rütliwiese.
KEYSTONE/Urs Flueeler

Erstmals zwei Bundesrätinnen

Zum ersten Mal überhaupt nahmen an der Rütli-Bundesfeier mit Simonetta Sommaruga und Viola Amherd zwei Bundesrätinnen teil. Frauen hätten viel verändert und würden die Gesellschaft prägen, sagte Sommaruga. Sie sagte auch, dass die drei Frauen im Bundesrat auch die Landesregierung prägen würden.

«Helvetia est en piste», sagte Amherd, und hob hervor, dass von den zwölf Medaillen, welche die Schweiz bislang an den Olympischen Spielen von Tokio gewonnen hat, neun auf das Konto von Frauen gehen. Auch sie dankte den Pionierinnen der Frauenbewegung, und sie forderte die junge Generation auf, diesen Kampf fortzusetzen.

Stellvertretend für die vielen Frauen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten für die Sache der Frau eingesetzt haben, ehrte Alliance F vier Frauen aus den vier Sprachregionen. Die Ausgezeichneten waren per Los ausgewählt worden.



Erzählungen und Begegnungen

Im ersten Teil des «Frauenrütli» konnten die Besucherinnen und Besucher die Frauengeschichte entdecken. In drei Zelten wurden Erzählungen aus den verschiedenen Sprachregionen dargeboten, in zwei weiteren waren Begegnungen mit den beiden Bundesrätinnen möglich.

Wer mochte, konnte an einem grossen Gemälde arbeiten. Dieses wurde zum Abschluss der Feier auf dem Dach des Stalls auf dem Rütli enthüllt. Ferner konnten Wünsche zuhanden der Frauensession dargebracht werden.

Gastgeberin der Bundesfeier war die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG), die das Rütli verwaltet. SGG-Präsident Nicola Forster sagte, mit der diesjährigen Bundesfeier zur Einführung des Frauenstimmrechts werde «50 Jahre junge Demokratie» gefeiert.

Wegen Covid-19 war die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf 600 beschränkt worden. Zur Bundesfeier vom 1. Augst 2022 auf dem Rütli lädt die SGG den Eidgenössischen Schwingerverband (ESV) ein. Der ESV war bereits 2020 anlässlich seines 125-Jahre-Jubiläums eingeladen, doch musste die Feier wegen der Pandemie verschoben werden.