Uno Ex-Botschafter Jenö Staehelin warnt Schweiz vor Sicherheitsrat

SDA/sob

18.9.2020

Jenö Staehelin überreicht Uno-Generalsekretär Kofi Annan am 1. Oktober 2002 das offizielle Beitrittsgesuch der Schweiz am Uno-Hauptsitz in New York. Staehelin war fortan ständiger Beobachter und später erster Vertreter der Schweiz bei den Vereinten Nationen.
Jenö Staehelin überreicht Uno-Generalsekretär Kofi Annan am 1. Oktober 2002 das offizielle Beitrittsgesuch der Schweiz am Uno-Hauptsitz in New York. Staehelin war fortan ständiger Beobachter und später erster Vertreter der Schweiz bei den Vereinten Nationen.
Keystone

Der allererste Schweizer Uno-Botschafter sieht einen möglichen Sitz der Schweiz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen skeptisch. Das wäre riskant, weil die Schweiz zum Spielball von Grossmächten werden könnte.

Der Altdiplomat Jenö Staehelin befürchtet Druckversuche von Grossmächten auf die Schweiz und heftige Debatten im Inland, falls die Schweiz nichtständiges Mitglied im Uno-Sicherheitsrat würde.

Er sei kein Fan einer Kandidatur der Schweiz als nichtständiges Mitglied für den Sicherheitsrat für den Zeitraum von 2023/2024, sagte der 80-jährige Basler Jurist in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung».

«Sitz im Sicherheitsrat ist riskant»

«Ein Sitz im Sicherheitsrat ist riskant; es sei denn, er ist innenpolitisch sehr breit abgestützt.» Man könne im Sicherheitsrat zwar mehr bewegen denn als normales Uno-Mitglied, erklärte Staehelin. Doch es sei naiv, darauf zu vertrauen, dass man in diesen zwei Jahren in keine heikle Lage komme.

Auf Druckversuche und Forderungen von Grossmächten auf der internationalen Bühne müsse man sich ebenso einstellen wie auf heftige Debatten innerhalb der Schweiz. «Denn Aussenpolitik ist Innenpolitik, in unserer direkten Demokratie noch stärker als anderswo.»

Schweiz «knickt ein», wenn es hart auf hart geht

Der Diplomat beurteilte die Standhaftigkeit der Schweiz kritisch. «Aufgrund meiner Erfahrung kann ich nicht davon ausgehen, dass die Schweiz in einer heiklen Situation Druckversuchen trotzen und für ihre Prinzipien einstehen würde.» Als Beispiel nannte er etwa die Erfahrungen rund um die Aufgabe des Bankgeheimnisses 2009. Bundesrat und Parlament seien trotz klarer Rechtslage angesichts des Powerplays der USA «eingeknickt».

Alles in Allem könne die Schweiz als Kleinstaat in der Uno aber einiges bewirken. «Die Uno braucht Geld, und sie braucht Ideen. Wir können beides bieten.» Der erfahrene Diplomat war Botschafter im Vatikan und in Japan. Als ständiger Beobachter bei den Vereinten Nationen in New York wurde er schliesslich erster Schweizer Uno-Botschafter.

Die Schweiz ist seit 2002 Mitglied der Vereinten Nationen. Sie kandidiert für die Zeitperiode 2023/2024 für einen Sitz als nichtständiges Mitglied des Uno-Sicherheitsrats. Die Kandidatur wurde vor neun Jahren im Parlament beschlossen.

Bisher bewerben sich Malta und die Schweiz um die zwei nichtständigen Sitze, die in der westlichen Regionalgruppe frei werden. Gewählt wird im Juni 2022. Die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats sind die USA, China, Russland, Frankreich und Grossbritannien.

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