Indiskretion vor Kampfjet-Entscheid «Der Bundesrat soll Anzeige erstatten»

Von Alex Rudolf

22.6.2021

Der Tarnkappen-Jet F-35 soll das Verteidigungsdepartement VBS gemäss Medienangaben überzeugt haben. (Archivbild)
Der Tarnkappen-Jet F-35 soll das Verteidigungsdepartement VBS gemäss Medienangaben überzeugt haben. (Archivbild)
KEYSTONE/AP/Ana Brigida

Bald informiert der Bundesrat über die Wahl des Kampfjets: Laut Medienberichten soll es der Tarnkappenflieger F-35 sein. Dass der Entscheidungsprozess nun in der Öffentlichkeit stattfindet, alarmiert einige Sicherheitspolitiker.

Von Alex Rudolf

22.6.2021

In den Pausengesprächen bei der Sitzung der Sicherheitskommission (SIK) sei es heute das Gesprächsthema gewesen, sagt Priska Seiler Graf (SP/ZH). Die Frage, wie die geheimen Informationen bezüglich der Anschaffung neuer Kampfflugzeuge in die Medien gelangen konnten, treibt die Parlamentarier um. «Die Indiskretion muss aus der nahen Entourage eines Bundesrates kommen», sagt die Nationalrätin. Anders sei es nicht zu erklären.

Die SIK-Präsidentin Ida Glanzmann (Die Mitte/LU) bezeichnet das Leck als Katastrophe: «Kann der Bundesrat bald kein Geschäft mehr zu Ende diskutieren, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfährt?»

«Das ist eine Sauerei»

«Bereits im Vorfeld zu seinen Corona-Entscheiden gab es zahlreiche Indiskretionen, was eine Sauerei ist», sagt SIK-Mitglied Erich Hess (SVP/BE). Der Bundesrat müsse die undichten Stellen ausfindig machen und Anzeige gegen unbekannt einreichen.

Die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf bei der Einreichung der Referendums-Unterschriften gegen den Kauf neuer Kampfjets im vergangenen Jahr.
Die Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf bei der Einreichung der Referendums-Unterschriften gegen den Kauf neuer Kampfjets im vergangenen Jahr.
KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Laut Medienberichten soll an der vergangenen Bundesratssitzung die Beschaffung der Kampfflugzeuge, für die das Stimmvolk im vergangenen September 6 Milliarden Franken sprach, thematisiert worden sein. Aus den vier noch in der Auswahl verbleibenden Flugzeugtypen soll die F-35 des amerikanischen Herstellers Lockhead Martin die beste Performance abgeliefert haben.

Für welchen Typen die Schweiz sich entscheidet, ist Sache des Gesamtbundesrates, doch berichten Medien, dass es Regierungsmitglieder gibt, die ein europäisches Modell bevorzugen.

Es fehlen die Grundlagen für die Diskussion

Eigentlich sollte diese Diskussion hinter verschlossenen Türen stattfinden, doch nun weiss die ganze Schweiz Bescheid über den Stand der Dinge. «Das Problem ist, dass man nun über die Kampfflugzeuge diskutiert, ohne die Grundlagen zu kennen», sagt Glanzmann. Jene Person, welche die Information an die Öffentlichkeit durchgestochen habe, habe dies wohl genau so gewollt.

Nationalrat Erich Hess (SVP/BE) ist von den Indiskretionen schockiert. (Archivbild)
Nationalrat Erich Hess (SVP/BE) ist von den Indiskretionen schockiert. (Archivbild)
sda

Seiler Graf ist sich bewusst, dass ihr als Kampfjet-Kritikerin die Indiskretion wie auch der Bericht des ehemaligen Armeechefs, André Blattmann, in die Hände spielen. «Dadurch können wir unsere Argumente nochmals darlegen», sagt sie. Ob dies aber einen Einfluss auf die Entscheidung der Regierung habe, lasse sich nicht sagen.

SP, Grüne sowie die Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) stellten schon lange klar, dass man das Referendum ergreifen werde, falls die F-35 den Zuschlag erhält.

Ida Glanzmann ist Luzerner Nationalrätin der CVP. 
Ida Glanzmann ist Luzerner Nationalrätin der CVP. 
KEYSTONE/ Gaetan Bally

«Wie soll der Bundesrat einen Kampfjet-Entscheid seriös fällen, wenn er noch nicht mal mit Geheimpapieren umgehen kann.»

Auch Erich Hess findet es schwierig, die Konsequenzen des Leaks für den Kampfjet-Entscheid vorherzusehen. «Es bleibt nur zu hoffen, dass sich der Bundesrat vom ganzen Medienrummel nicht ablenken lässt und zur für die Schweiz besten Entscheidung gelangt.»

«Wie soll der Bundesrat einen Kampfjet-Entscheid seriös fällen, wenn er noch nicht mal mit Geheimpapieren umgehen kann», fragt Glanzmann rhetorisch. 

Schon bei der Volksabstimmung vom September war der Vorsprung der Kampfjet-Befürworter mit 50,1 Prozent nur hauchdünn. Und nachdem nun sogar der Ex-Armeechef Blattmann offen die Grundlagen für die Anschaffung der Kampfjets hinterfragt und dem nun fast sicher kommenden Referendum der Linken wird der Jet-Kauf erst recht zur Zitterpartie.