Steigende CoronazahlenDas hat der Bundesrat heute gesagt – und das eben nicht
Von Julia Käser
15.10.2020
Innert zwei Wochen hat sich die Situation rund um das Coronavirus in der Schweiz erneut zugespitzt. Der Bundesrat zeigt sich besorgt, auf klare Ansagen verzichtet er aber.
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga zieht ihre Maske aus, setzt sich und sagt: «Es ist jetzt wieder kurz vor zwölf.»
2'613 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus registrierte das BAG am Donnerstag, einen Tag zuvor sind es 2'823 Fälle gewesen. Auch die aussagekräftigere Positivitätsrate schnellt in die Höhe und liegt aktuell bei deutlich über 10 Prozent.
«Es gibt eine negative Dynamik», bilanziert Gesundheitsminister Alain Berset (SP) besorgt. Gemeinsam mit Parteikollegin Sommaruga und Kantonsvertretern hat er sich am Donnerstagmittag vor den Medien zur aktuellen Lage geäussert. Dabei mussten sich die Anwesenden unter anderem Fragen nach neuen Massnahmen und der Kritik am Föderalismus stellen. Die Aussagen fielen teils vage aus.
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Werden nun neue Massnahmen verordnet?
Konkrete Massnahmen wurden am Donnerstag keine bestätigt. Berset wich der Frage nach einer generellen Homeoffice-Empfehlung und einer Maskenpflicht für Innenräume – wie sie die Taskforce empfiehlt – aus. Etwas konkreter wurde Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK). Er gab preis, dass künftig mit Einschränkungen bei Privatanlässen zu rechnen sei. Wie genau diese aussehen, liess auch er offen.
Am Freitag trifft sich Berset mit den kantonalen Gesundheitsdirektoren. Dabei wird man sich über zusätzliche Massnahmen austauschen. Klar ist: Verordnen müssen diese nach wie vor die Kantone. Aber auch schweizweit einheitliche Ansagen wollten die Regierungs- und Kantonsvertreter nicht ausschliessen.
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Kehren wir bald zur ausserordentlichen Lage zurück?
Diesen Schritt gilt es laut Sommaruga unbedingt zu verhindern. Man sei sich einig: «Wir wollen in der besonderen Lage bleiben.» Heisst: Die Kantone sollen auch weiterhin die Zügel in der Hand halten.
Umso wichtiger sei es deshalb, dass sich Bund und Kantone stets rasch absprechen könnten, um – wo nötig – einzugreifen, so die Bundespräsidentin. Schliesslich nehme der Bundesrat seine Verantwortung auch in der besonderen Lage wahr: Corona sei an jeder Bundesrats-Sitzung Thema.
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Verhindern die föderalistischen Strukturen schnelle Massnahmen?
An dieser Frage bissen sich die anwesenden Journalistinnen und Journalisten die Zähne aus. Bundespräsidentin Sommaruga hielt daran fest, dass man äusserst rasch handlungsfähig sei. «Der Bundesrat kann immer Entscheide fällen, dasselbe gilt für die Kantone.»
Christian Rathgeb, Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen (KDK), bezeichnete die jetzige Situation zwar als «Stresstest» für den Föderalismus, unterstrich aber gleichzeitig dessen Nutzen. So zeichne sich der Föderalismus durch grosse Flexibilität aus und diese sei im Moment zentral. «Es ist richtig, dass die Kantone regional differenziert Massnahmen ergreifen können.» Die Frage, ob schnell auch schnell genug sei, schien aber nicht aus dem Weg geräumt.
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Wie weiter mit dem Masken-Chaos?
Auch der Masken-Flickenteppich war Thema an der Medienkonferenz. GDK-Präsident Engelberger liess durchblicken, dass er schweizweit einheitliche Regeln in Bezug aufs Maskentragen als sinnvoll erachtet.
Gut möglich ist weiter, dass sich verschiedene Kantone aufeinander abstimmen. So haben sich die sieben Ostschweizer Kantone und Liechtenstein erst am Donnerstag auf eine gemeinsame Linie im Kampf gegen das Coronavirus geeinigt. Unter anderem soll an öffentlichen und privaten Anlässen mit über 30 Personen eine Schutzmaskenpflicht eingeführt werden.
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Sind die Grossveranstaltungen schuld an den vielen neuen Ansteckungen?
Laut Gesundheitsminister Berset sind die erst seit Kurzem wieder erlaubten Grossveranstaltungen trotz steigenden Fallzahlen nicht in Gefahr. Diese würden schliesslich immer nur bewilligt durchgeführt – unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage.
Man habe keine Belege dafür, dass Grossveranstaltungen in einem Zusammenhang mit den vielen Neuansteckungen stehen würden. Die Schutzkonzepte seien streng. Würden sie umgesetzt, gebe es keine Probleme, so Berset. Sollten sich hierzu aber neue Erkenntnisse ergeben, werde man selbstverständlich Anpassungen vornehmen.
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Welche andere Ursache steckt hinter den vielen neuen Ansteckungen?
Das kann sich auch der Bundesrat nicht so recht erklären. Berset spricht von einem Rätsel. Zwar habe er in der Vergangenheit vermehrt darauf hingewiesen, dass sich die Situation im Winter zuspitzen werde. «Mit dem jetzigen Szenario haben wir aber später im Jahr gerechnet.»
Wissenschaftlerinnen erklären sich den Anstieg derweil mit der nachlassenden Vorsicht der Bevölkerung, der Tatsache, dass die Schulen und Universitäten wieder in Vollbetrieb seien. Auch, dass sich die Menschen wieder vermehrt in Innenräumen aufhalten, wird als Ursache genannt.
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Worauf kommt es nun an, um das Virus einzudämmen?
Die Regierungs- und Kantonsvertreter verwiesen abermals auf die Massnahmen, die schon seit Längerem gelten. Das Credo für die nächsten Wochen lautet demnach: Abstand halten, Hände waschen und Maske tragen, dort, wo es sie braucht. Auch die Wichtigkeit des Contact Tracings wurde unterstrichen.
Diese Massnahmen haben sich laut Sommaruga bereits als wirkungsvoll erwiesen. Der Appell an die Bevölkerung: Ab sofort gilt es, sich wieder strikt daran zu halten. Nur durch rasches Handeln könne das Virus eingedämmt und der Abstrich bei den individuellen Freiheiten klein gehalten werden. Denn, so GDK-Präsident Engelberger: «Wir wollen Sport treiben, in Restaurants und auch in die Winterferien gehen können.»