Impfung von Kindern«Gestern noch hätten wir uns für den Piks entschieden, heute eher dagegen»
Von Alex Rudolf
15.12.2021
Obwohl die Behörden die Impfung für Kinder ab fünf Jahren ab Januar freigeben, herrscht bei Eltern grosse Unsicherheit. Drei Mütter erzählen.
Von Alex Rudolf
15.12.2021, 06:50
15.12.2021, 13:32
Alex Rudolf
«Klar ist: Kriegt jemand in meinem Umfeld die Covid-Diagnose, hat er die Krankheit von seinen Kindern», sagt Marita Rensch. Sie sitzt im Vorstand des Familienvereins Effretikon ZH und hat selber einen zehnjährigen Sohn. Noch weiss sie nicht, was sie im Januar tun wird. «Gestern noch hätten wir uns für den Piks entschieden, heute tendieren wir wieder eher dagegen. Die Entscheidung fällt uns nicht leicht», sagt sie.
So wie Marita Rensch fühlen sich derzeit Tausende Eltern. Denn ab Januar dürfen sie ihre Kinder impfen lassen, wenn diese fünf Jahre oder älter sind. Am Dienstag teilte die Eidgenössische Kommission für Impffragen Ekif mit, dass das Vakzin für diese Alterskategorie freigegeben wurde. Kommissionspräsident Christoph Berger sagte, in den USA seien bereits sechs Millionen Kinder gegen Covid-19 geimpft worden, zwei Millionen sogar zweimal. «Es gab keine Komplikationen wegen des Impfstoffs.»
Die Nachfrage von blue News bei rund einem Dutzend Elternvereinen ergibt, dass Kinder-Impfungen als Tabu empfunden werden. «Wir wissen, dass es sich um ein kontroverses Thema handelt und meiden es daher», sagt etwa eine Mutter aus dem Kanton Schwyz.
Auch Maya Venturini vom Elternverein Richterswil-Samstageren ZH sieht dies so: «Das Thema ist heikel, weshalb ich es sicher nicht als Erstes auf dem Spielplatz mit anderen Müttern besprechen würde.»
Was den Entscheid der Impfkommission angeht, ist sie zurückhaltend optimistisch: «Ich werde sicher erst abwarten, wie gut verträglich die Impfung ist, bevor ich meinem Kind den Piks geben lasse.» Sie selber sei geimpft und sie sei auch von der Wirkung der Impfung überzeugt.
«Ich werde sicher erst abwarten, wie gut verträglich die Impfung ist, bevor ich meinem Kind den Piks geben lasse.»
Maya Venturini
Elternverein Richterswil-Samstageren
«Doch sind die Kinder generell nicht schwer von Covid betroffen, weshalb es halt mehr Überwindung braucht.» Ihr sei aber bewusst, dass es um den Schutz der vulnerablen Personen gehe, da müsse man solidarisch sein.
Entschieden gegen die Impfung ist Andrea aus dem Bündnerland. Ihren Nachnamen will sie nicht preisgeben. «Aus meiner Sicht gibt es noch zu wenig Informationen über die Langzeit-Nebenwirkungen», sagt sie. Für die Kinder sei Covid ja bereits heute mit einer Grippe vergleichbar und daher kaum gefährlich.
Dass es bei der Kinder-Impfung darum geht, die Risikogruppen zu schützen, will Andrea nicht gelten lassen. «Jeder ist für sich selber verantwortlich.» Anstatt Kinder zu impfen, sollten andere Massnahmen zum Schutz der vulnerablen Personen getroffen werden. «Grosseltern, die sich schützen wollen, müssen halt ein oder zwei Jahre auf ihre Enkel verzichten. Das ist konsequent.»
Doch was heisst der Impf-Entscheid für die Kinder? «Bei der Jahresplanung unserer Vereins-Veranstaltungen wird uns die Kinder-Impfung sicher stark beschäftigen», sagt Marita Rensch. Aktuell könnten die meisten Veranstaltungen durchgeführt werden, weil die Kleinen auch ohne Begleitung der Eltern teilnehmen können. Doch würden dereinst auch Kinder einen Impf-Nachweis erbringen müssen, werde es schwierig. «Darf mein Kind dann nur noch mit dem Impf-Pass ins Kasperli-Theater? Das wäre absurd.»
«Grosseltern die sich schützen wollen, müssen halt ein oder zwei Jahre auf ihre Enkel verzichten. Das ist konsequent.»
Andrea
Mutter aus Graubünden
Wie sich Marita Rensch und ihr Mann hinsichtlich der Impfung ihres Sohnes entscheiden werden, ist noch offen. Doch gehe es nach dem Kind selber, stünde der Entschluss schon längst fest. «Er will sich impfen lassen.» Dies führt sie auf das generell impffreundliche Klima zurück, das bei einigen Lehrpersonen herrscht.
Corona-Impfungen für Kinder laufen an
Die Covid-Impfungen für Kinder in Deutschland laufen an. Die Ständige Impfkommission empfiehlt sie für Fünf- bis Elfjährige unter anderem im Fall bestimmter Vorerkrankungen. Zudem soll eine Impfung auf Wunsch bei jedem Kind möglich sein.