Kündigung eingereichtBundesanwalt Lauber hört schon per Ende August auf
SDA/gbi
29.7.2020
Michael Lauber hat seinen Rücktritt eingereicht: Der umstrittene Bundesanwalt werde sein Amt per Ende August ablegen, teilte die Bundesanwaltschaft mit.
Es war ein langes Hin und Her – nun ist die Affäre Lauber um noch ein Kapitel reicher: Der umstrittene Bundesanwalt hat per Ende Januar 2021 gekündigt. Wegen Ferienguthaben wird der 54-Jährige sein Amt bereits Ende August abgeben, wie die Bundesanwaltschaft am Mittwoch mitteilte.
Damit würden die Amtsgeschäfte ab dem 1. September von seinen beiden Stellvertretern, Jacques Rayroud und Ruedi Montanari, geleitet. Der operative Betrieb bleibe so gewährleistet und die hängigen Strafverfahren würden weitergeführt. Weitere Angaben machte die Bundesanwaltschaft vorerst nicht.
Am vergangenen Freitag bereits hatte Lauber nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bereits seinen Rücktritt angeboten: Er sei «im Interesse der Institutionen» dazu bereit, erklärte der umstrittene Bundesanwalt. Das Gericht hatte damals festgestellt, dass Lauber seine Amtspflichten verletzt hatte.
Unwahrheit gesagt
Besonders schwer wog dabei eine Erinnerungslücke bei einem Treffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino. An dieses Treffen vom 16. Juni 2017 konnte sich neben Lauber keiner der Beteiligten erinnern. Das Gericht sah dies als unwahrscheinlich an: Lauber habe über dieses Treffen vorsätzlich die Unwahrheit gesagt und ein drittes Treffen mit Infantino gegenüber der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) verschwiegen.
Lauber selbst wies «die Unterstellung der Lüge» in einer schriftlichen Stellungnahmen jedoch weiterhin zurück: Doch: «Wenn man mir jedoch als Bundesanwalt nicht glaubt, dann schadet dies der Bundesanwaltschaft.»
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte damit teilweise die Vorwürfe der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA). Gleichzeitig hatte auch die Gerichtskommission des Parlaments auf dieses Urteil gewartet, bevor sie entscheiden wollte, ob sie der Bundesversammlung einen Antrag auf Amtsenthebung Laubers stellt.
Amtsenthebungsverfahren ist noch nicht vom Tisch
Denn dieses laufende Amtsenthebungsverfahren ist trotz der formellen Rücktrittserklärung nicht automatisch abgeschlossen. Die Gerichtskommission werde am 19. August über das weitere Vorgehen im Fall Lauber entscheiden, sagte Kommissionspräsident, Ständerat Andrea Caroni (FDP/AR), auf Anfrage.
Bei der Sitzung könnte die Kommission zwar beschliessen, das Verfahren einzustellen. Da aber Lauber offiziell noch bis Ende Januar 2021 Bundesanwalt bleibt, könnte sie der Bundesversammlung trotz allem auch einen Antrag auf Amtsenthebung stellen.
Ausserdem werde die Gerichtskommission die Bedeutung und Wirkung der Kündigung analysieren, sagte Caroni. Gemäss der Verordnung der Bundesversammlung über das Arbeitsverhältnis und die Besoldung des Bundesanwalts beträgt die Kündigungsfrist für einen Bundesanwalt sechs Monate.
Die Gerichtskommission könnte aber auch einer kürzeren Kündigungsfrist zustimmen, "wenn keine wesentlichen Interessen entgegenstehen". Finanzielle Konsequenzen wird dieser Entscheid für Lauber keine haben: Weil er selber gekündigt hat, steht ihm gemäss Verordnung keine Entschädigung mehr zu.
Strafanzeigen hängig
Ausserdem sind gegen Lauber noch Strafanzeigen hängig. Dabei geht es unter anderem um den Vorwurf der Begünstigung in Zusammenhang mit den nicht protokollierten Treffen Laubers mit Infantino. Ein ausserordentlicher Staatsanwalt prüft zur Zeit die Strafanzeigen.
Er soll klären, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung einer Strafuntersuchung gegeben sind. Sollte das der Fall sein, wird er bei den zuständigen Kommissionen der Bundesversammlung ein Gesuch stellen um Aufhebung der Immunität des Bundesanwalts und um Durchführung eines Strafverfahrens. Erachte er die Strafanzeigen als unbegründet, könne er eine sogenannte Nichtanhandnahmeverfügung erlassen.
Zu seinem offiziellen Rücktrittszeitpunkt wird Lauber über neun Jahre im Amt gewesen sein. Er war 2011 als erster Bundesanwalt von der vereinigten Bundesversammlung gewählt worden. Die Wahl eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin kommt wohl frühestens für die Wintersession in Frage.