Kultur Bund bittet Netflix & Co. zur Kasse

SDA

26.2.2020 - 17:35

Der Bundesrat bittet Netflix & Co. zur Kasse. Auch ausländische Streamingplattformen sollen einen Teil ihres Umsatzes in Schweizer Filme investieren. (Symbolbild)
Der Bundesrat bittet Netflix & Co. zur Kasse. Auch ausländische Streamingplattformen sollen einen Teil ihres Umsatzes in Schweizer Filme investieren. (Symbolbild)
Source: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Der Bundesrat will in den nächsten vier Jahren 934,5 Millionen Franken in die Kultur investieren. Er hat am Mittwoch die Kulturbotschaft 2021-2024 verabschiedet. Trotz Kritik hält er an den neuen Auflagen für ausländische Streaming-Plattformen und TV-Sender fest.

Im Visier hat er Netflix, Disney und andere Online-Anbieter von Filmen sowie ausländische Fernsehsender mit Schweizer Werbefenstern: Der Bundesrat will sie verpflichten, 4 Prozent ihrer Bruttoeinnahmen in der Schweiz in das unabhängige Schweizer Filmschaffen zu investieren. Alternativ sollen sie eine Ersatzabgabe leisten können.

Dazu sind die meisten Schweizer TV-Sender schon heute verpflichtet. «Wir wollen eine Gleichbehandlung erreichen», erklärte Kulturminister Alain Berset vor den Bundeshausmedien. Zudem würden damit mehr Mittel für den Schweizer Film zur Verfügung stehen. Der Bund schätzt die Höhe der Investitionen respektive Ersatzabgaben auf 50 bis 60 Millionen Franken pro Jahr.

Keine Netzsperre

Gleichzeitig will der Bundesrat eine Quote für europäische Filme einführen. Wie in der EU sollen 30 Prozent des Filmkatalogs von Videoplattformen europäischen Filmen vorbehalten sein. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Durchsetzung dieser Vorschrift ausserhalb Europas nicht einfach ist, wie er in der Botschaft ans Parlament schreibt.

Isabelle Chassot, Direktorin des Bundesamts für Kultur (BAK), zeigte sich aber zuversichtlich, das Geld eintreiben zu können. Die ausländischen Anbieter dürften von den neuen Auflagen nicht überrascht sein, sagte sie. In Deutschland oder Frankreich gelte bereits eine Investitionspflicht. Netzsperren sind laut Chassot aber nicht vorgesehen, um die Schweizer Regeln im Ausland durchzusetzen.

Unterstützung für ZFF bleibt

Wegen der schwierigen Durchsetzbarkeit sind die neuen Auflagen in der Vernehmlassung auf Kritik gestossen. SVP, FDP, der Gewerbeverband und die Telekom-Branche halten die Investitionspflicht sogar für verfassungswidrig. Nach einer erneuten Prüfung ist der Bundesrat zu einem anderen Schluss gekommen, weshalb er daran festhält.

Hingegen hat er nach der Vernehmlassung beschlossen, dass Organisationen im Besitz gewinnorientierter Unternehmen weiterhin Filmkulturförderung erhalten sollen. Sie müssen dafür aber gewisse Transparenz- und Kontrollvorgaben einhalten.

Zunächst wollte der Bundesrat die Unterstützung ganz streichen. Es dürfe nicht sein, dass der Bund Subventionen zahle ohne zu wissen, wie das Geld verwendet werde, sagte Berset. Im Visier hat der Bundesrat vor allem das Zurich Film Festival (ZFF).

Höhere Kulturausgaben

Der Bund seinerseits will 934,5 Millionen Franken in die Kultur investieren – wegen einer Korrektur bei der Teuerung ist die Zahl nominal etwas tiefer als in der Vernehmlassung vorgeschlagen. Die zusätzlich vorgesehenen Mittel belaufen sich aber nach wie vor auf 34,7 Millionen Franken.

Am meisten Mittel fliessen in den Film. Der Zahlungsrahmen beläuft sich für vier Jahre auf 209,1 Millionen Franken. Das Geld fliesst in die Bereiche Filmförderung und Filmkultur, zudem ist weiterhin eine Finanzhilfe für die Cinémathèque Suisse vorgesehen.

Der Zahlungsrahmen Pro Helvetia, beläuft sich auf 180,4 Millionen Franken. Mehr Geld als bisher fliesst in Personalkosten und die höhere Miete für den Geschäftssitz der Stiftung. Die Mittel für Design und interaktive Medien werden um 1,3 Millionen Franken aufgestockt, jene für Kreation und Innovation an den Schnittstellen von Kunst, Technologie und Wissenschaft um 2 Millionen Franken. Weitere Schwerpunkte sind Kunstvermittlung oder nationaler und internationaler Kulturaustausch.

Mehr Geld für Sprachaustausch

Der Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des Bundesamts für Kultur beläuft sich auf 145 Millionen Franken. Darunter fallen die Förderung von Museen und Sammlungen oder Beiträge an Halteplätze für Sinti und Jenische. Die Mittel für Musiklager und Musikkurse für Kinder und Jugendliche werden wegen der grossen Nachfrage um durchschnittlich 2,1 Millionen Franken pro Jahr aufgestockt. Die Bundesmillion für die Berner Hauptstadt-Kultur wird gestrichen.

Für Sprachen und Verständigung will der Bundesrat total 68,8 Millionen Franken ausgeben. Das umfasst auch die Mittel für den Austausch zwischen den Sprachregionen. In diesen Bereich fliessen knapp 10 Millionen Franken der zusätzlichen Mittel. Total sind für «Verständigungsmassnahmen» über vier Jahre hinweg 37,7 Millionen Franken eingeplant.

Mehr Geld für Schweizerschulen

Der Rahmenkredit Baukultur beträgt 103,9 Millionen Franken. Der grösste Teil davon fliesst in den Erhalt schützenswerter Objekte und in Archäologie. Der Zahlungsrahmen für Schweizerschulen im Ausland wird um 0,7 Millionen Franken pro Jahr erhöht. Hintergrund ist die definitive Anerkennung der Schweizerschule Peking. Insgesamt beläuft sich der Zahlungsrahmen auf knapp 90 Millionen Franken.

Die Mittel für das Schweizerische Nationalmuseum sollen um 5 Millionen Franken auf 134,5 Millionen Franken erhöht werden. Damit werden frühere Kürzungen teilweise rückgängig gemacht und Teuerungs- und Lohnmassnahmen gedeckt.

Die Kulturbotschaft legt die strategische Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes in der Förderperiode 2021-2024 fest. Sie präsentiert die Ziele, die wichtigsten Massnahmen und die Finanzierung sämtlicher Förderbereiche des Bundesamtes für Kultur, von Pro Helvetia und des Schweizerischen Nationalmuseums.

Grundsätzlich setzt der Bundesrat auf Kontinuität. Die drei Handlungsachsen der laufenden Periode – kulturelle Teilhabe, gesellschaftlicher Zusammenhalt, Kreation und Innovation – werden beibehalten. Das ist nach Angaben des Bundesrats in der Vernehmlassung gut angekommen.

Zurück zur Startseite