Missbrauchsvorwürfe Jetzt lässt der Bischof den Freiburger Priester fallen

tafi

5.2.2020

Der Freiburger Bischof Charles Morerod soll jahrelang ein Dossier über sexuellen Missbrauch eines seiner Pfarrer ignoriert haben.
Der Freiburger Bischof Charles Morerod soll jahrelang ein Dossier über sexuellen Missbrauch eines seiner Pfarrer ignoriert haben.
KEYSTONE/Olivier Maire

Die Vorwürfe wegen sexueller Belästigung stehen schon lange im Raum, jetzt wird ein Freiburger Priester vorläufig von allen Kirchenämtern entbunden. Ein früherer Ministrant äussert sich recht deutlich.

Bereits seit 2011 liegen dem Bischof der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg, Charles Morerod, Akten zu einem mutmasslichen sexuellen Übergriff eines Priesters vor. Jahrelang wurde der Fall vertuscht, im Zuge anderer Ermittlungen wurden sie jetzt öffentlich. Der Bischof suspendierte den Priester daraufhin «bis zur Feststellung des Sachverhalts» gestern von seinem Kirchenamt.

Die Mitteilung der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg dazu ist denkbar knapp. Im Zuge von kirchlichen Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs gegen den Pfarrer Paul Frochaux habe man von einer neuen Anschuldigung erfahren, die 20 Jahre zurückliegt. Die Untersuchung würde ausgeweitet, der Pfarrer vom Westschweizer Bischof Charles Morerod persönlich seiner Kirchenämter enthoben.

Was nicht im Communiqué steht: Morerod liegt schon seit 2011 ein Dossier über die «neuen» Anschuldigungen vor. So berichtet es der «Tages-Anzeiger» in seiner aktuellen Ausgabe. Die Sanktionen gegen Frochaux seien erst nach der ersten öffentlichen Aussage des mutmasslichen Opfers verhängt worden. Am Montag hätte der «Tages-Anzeiger» und die «Rundschau» den Bischof mit den Ergebnissen einer Recherche konfrontiert.

Pfarrer findet es «nicht so schlimm»

Frochaux soll 1998 einen damals 17-jährigen Ministranten sexuell missbraucht haben. «Ich hatte das Gefühl, vergewaltigt worden zu sein», sagt der heute 39-Jährige in der Zeitung über einen Vorfall im Walliser Chalet des Pfarrers, bei dem es zu nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen gekommen sein soll.



Der Fall war den Kirchenoberen im Westschweizer Bistum seit Jahrzehnten bekannt, schon 2001 habe es eine Aussprache gegeben, an der auch der Stellvertreter des Bischofs teilnahm. Dabei sei, so schreibt der «Tages-Anzeiger», die Angelegenheit von Frochaux als «nicht so schlimm» erachtet worden. Der Pfarrer habe die Fakten zwar anerkannt und sich halbwegs entschuldigt, seinem mutmasslichen Opfer aber im gleichen Atemzug vorgeworfen, ihn provoziert zu haben.

2011 habe die Opferkommission dem neu ernannten Bischof Charles Morerod das Dossier über die Vorwürfe gegen Frochaux übergeben. Sanktionen folgten nicht, stattdessen wurde Frochaux 2012 zum Priester der Kathedrale Freiburg ernannt. Auch die Priesterausbildung fiel in seinen Verantwortungsbereich.

Weitere Missbrauchsvorwürfe

Die Kirchenvertreter hätten viel unternommen, «um die Affäre zu vertuschen», schreibt der «Tages-Anzeiger». Als im Dezember des vergangenen Jahres Missbrauchsvorwürfe eines anderen Pfarrers bekannt wurden, habe Frochaux alles bestritten und wurde dabei von Remy Bérchier sekundiert, der 2001 als Generalvikar die Aussprache mit dem Ministranten geleitet hatte: «Es gab keinerlei Übergriff auf den Jungen und keinerlei verwerfliches Vorkommnis», äusserte er sich in den Medien.



Erst im Zuge der Recherche zu diesem Fall wolle Bischof Morerod das Dossier über die Ereignisse aus dem Jahr 1998 gefunden haben, und auch nur eine Seite davon. Die Aussagen des mutmasslichen Opfers hätten ihn überrascht, so der «Tages-Anzeiger» – obwohl ihm das entsprechende Dossier seit fast zehn Jahren vorliegt.

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