Bidens Europa-Tour Differenzen zu Russland und China bleiben

Von Jonathan Lemire und Aamer Madhani, AP

18.6.2021 - 00:00

US-Präsident Joe Biden und sein russischer Kollege Wladimir Putin während ihres Gipfeltreffens am Mittwoch in der Villa La Grange in Genf.
US-Präsident Joe Biden und sein russischer Kollege Wladimir Putin während ihres Gipfeltreffens am Mittwoch in der Villa La Grange in Genf.
KEYSTONE AP Photo/Patrick Semansky

Stossseufzer der Erleichterung von den europäischen Verbündeten, ein zum Duell hochstilisiertes Treffen mit Putin ohne grossen Durchbruch: Bidens erste Auslandsreise war kein politischer Paukenschlag, zumindest aber brachte sie die Verlässlichkeit zurück – vorerst.

18.6.2021 - 00:00

Auf dem Rückflug in der Air Force One nach Washington gaben sich US-Präsident Joe Biden und sein Team zufrieden. Man habe in Europa erreicht, was man erreichen wollte, sagten Bidens Mitarbeiter. Auch wenn das Gipfeltreffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin nicht der ganz grosse Wurf war, auch wenn nicht alle Nato-Partner China so hart angehen wollen wie der US-Präsident, so war es doch eine Rückkehr zu verlässlicher Diplomatie. Und das ist nach den vier turbulenten Jahren unter Trump für alle eine Erleichterung – auch für Putin.

«Präsident Biden ist ein erfahrener Staatsmann», sagte Putin. «Er ist sehr anders als Präsident Trump.»

Anders war auch, dass die Staats- und Regierungschefs nach zahllosen Videokonferenzen endlich wieder physisch zusammenkommen konnten. Gerade für einen Politiker wie Biden, der in direkter Begegnung andere gerne anfasst, auf die Schultern klopft, war das ein nicht zu unterschätzender Faktor in der wiederbelebten transatlantischen Freundschaft.

Zwischen immer mal wieder auch ein bisschen unbeholfenen Ellbogen-Grüssen auf den Treffen mit G7, Nato und der EU-Spitze wurde Biden nicht müde zu betonen, dass Amerika zurück sei, als stabiler und verlässlicher Partner.



Professioneller Auftritt von Biden

Jeden Abend spielte Biden mit seinen engsten Vertrauten wie Aussenminister Antony Blinken und seinem Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan noch einmal alle Treffen des Tages durch und bereitete sich auf die des nächsten Tages vor. Dazwischen war nur kurz Zeit für ein paar Ruhepausen für den 78-jährigen Präsidenten. Bis auf ein paar wenige verbale Ausrutscher war das vor allem eines – professionell.

Aber spätestens das Treffen mit Putin in Genf zeigte, dass die Erwartungen auch nicht zu hoch sein sollten. Die US-Fernsehsender inszenierten den Gipfel beinahe wie ein Western-Duell, widmeten ihm grosszügig Sendezeit. Dass am Ende nicht viel mehr rumkam, als die Rücksendung der Diplomaten in das jeweils andere Land, und das Bekenntnis, weiter im Gespräch zu bleiben, war beileibe kein Durchbruch.



Putins Rhetorik blieb die gleiche, er weigerte sich weiter, Verantwortung für die Beeinflussung von Wahlen in den USA oder für Cyberangriffe zu übernehmen. Am Ende räumte Biden ein, er könne nicht sagen, ob Putin sein Verhalten ändern werde, trotz neuer Drohungen.

Erleichterung bei europäischen Verbündeten

Auch bei den Treffen der Staats- und Regierungschefs sieben führender Industrienationen (G7) und der Nato gab es bei aller Erleichterung über den neuen Mann im Weissen Haus Differenzen, wie denn jetzt mit Russland und mit China umgegangen werden soll. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel etwa betonte, man dürfe die Bedrohung durch China nicht negieren, sollte sie aber auch nicht überbewerten.

Joe Biden und der französische Präsident Emmanuel Macron während des G7-Gipfels.
Joe Biden und der französische Präsident Emmanuel Macron während des G7-Gipfels.
Patrick Semansky/AP/dpa

Biden hingegen sieht die wirtschaftliche und politische Auseinandersetzung mit Peking als bestimmendes Thema des 21. Jahrhunderts. Und dann ist da in den europäischen Hauptstädten noch die Sorge, ob mit Biden vielleicht die alte US-Aussenpolitik nur eine kurze Renaissance feiert, aber dass Trumps «America First»-Politik bald in Washington wieder den Ton angeben könnte und dann möglicherweise auf längere Zeit.

Von Jonathan Lemire und Aamer Madhani, AP