TV-Duell Trump: «Wir brauchen kein Geld, wir haben jede Menge»

SDA/sob

23.10.2020

Bei der eineinhalbstündigen Debatte zwischen US-Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden galten neue Regeln, nachdem das erste TV-Duell vor allem wegen Trumps Unterbrechungen ins Chaos abgeglitten war. Während des zweiminütigen Eingangsstatements eines Kandidaten zu Beginn eines Themenkomplexes blieb das Mikrofon des Gegenkandidaten abgeschaltet.
Bei der eineinhalbstündigen Debatte zwischen US-Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden galten neue Regeln, nachdem das erste TV-Duell vor allem wegen Trumps Unterbrechungen ins Chaos abgeglitten war. Während des zweiminütigen Eingangsstatements eines Kandidaten zu Beginn eines Themenkomplexes blieb das Mikrofon des Gegenkandidaten abgeschaltet.
Keystone

Zwölf Tage vor der Wahl sind US-Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden zu ihrem zweiten und letzten TV-Duell zusammengekommen. Es verlief zivilisierter als das erste, wohl auch weil die Mikrofone zeitweise stummgeschaltet wurden.

Der US-Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, hat Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit umstrittenen Auslandsgeschäften seines Sohnes Hunter Biden entschieden zurückgewiesen. «Ich habe niemals in meinem Leben einen Penny von einer ausländischen Quelle angenommen», sagte Biden am Donnerstagabend (Ortszeit) in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee beim zweiten und letzten TV-Duell mit US-Präsident Donald Trump.

Trump warf Biden vor: «Ich mache kein Geld mit China, Sie schon. Ich mache kein Geld mit der Ukraine, Sie schon.» Trump hat in den vergangenen Tagen seine Korruptionsvorwürfe gegen die Biden-Familie verschärft und Justizminister William Barr zu Ermittlungen aufgefordert.

Wo sind die Steuererklärungen?

Das Trump-Lager wirft Hunter Biden vor, dieser habe Profit aus dem Amt seines Vaters als Vizepräsident unter Barack Obama schlagen wollen. Trumps Wahlkampfteam beschuldigt Joe Biden, entgegen seiner Aussage von den Auslandsgeschäften seines Sohnes unter anderem mit China und der Ukraine gewusst zu haben.

Ex-Vizepräsident Biden verwies darauf, dass er seine Steuererklärungen der vergangenen 22 Jahre offengelegt habe. «Aber Sie haben kein einziges Jahr ihrer Steuererklärungen herausgegeben», sagte Biden zu Trump. «Was haben Sie zu verbergen?»

Trump sagte erneut, er wolle seine Steuererklärungen veröffentlichen, sobald eine Buchprüfung der Steuerbehörde IRS abgeschlossen sei. «Er sagt das seit vier Jahren», erwiderte Biden. «Zeigen Sie sie uns einfach. Hören Sie auf, Spiele zu spielen.»

Trump liegt bei Spenden weit zurück

Geld spielte über weite Strecken des TV-Duells eine grosse Rolle. Trump behauptete angesichts der niedrigen Einnahmen seines Wahlkampfteams, dass er nicht mehr Geld brauche. «Ich könnte Eure Rekorde wegpusten, wie es niemand für möglich halten würde», sagte er mit Blick auf die Monat für Monat hohen Spendeneinnahmen der Demokraten. «Wir brauchen keine Geld. Wir haben jede Menge Geld.»

Trumps Wahlkampfteam beendete den September mit 63 Millionen Dollar in der Kasse, während Biden auf gut 177 Millionen kam. Trump hielt Biden vor, er bekomme grosse Summen von Wall-Street-Unternehmen. Biden konterte, die durchschnittliche Spende für seinen Wahlkampf liege bei 43 Dollar.



Zentrale Themen der Debatte waren aber der Kampf gegen die Corona-Krise, Hilfen für Unternehmen und Verbraucher, die Gesundheitsversorgung der Amerikaner und Rassismus.

Nach einer Stunde verlor Trump die Geduld

Die Debatte verlief gesitteter als das erste Duell Ende September. Die Kandidaten liessen einander ausreden und folgten weitgehend den Fragen der Moderatorin Kristen Welker. Ihre Missbiligung füreinander drückten sie eher mit einem Grinsen oder einem Kopfschütteln aus.

Nach rund einer Stunde bröckelte allerdings die Geduld des 74-jährigen Präsidenten. Er liess sich mehrfach nicht von der Moderatorin stoppen, wenn sie ihn zur aktuellen Frage zurückbringen oder zum nächsten Thema übergehen wollte.

Leben und Sterben mit Corona

Deutlich in der Debatte wurden die unterschiedlichen Ansätze zum Weg aus der Corona-Krise. Trump, der sich selbst infiziert hatte und erkrankt war, betonte auch vor dem Hintergrund wieder steigender Fallzahlen, dass er auf keinen Fall weitere Lockdowns wolle. «Die Medizin darf nicht schlimmer als das Problem selbst sein», sagte der Präsident. Amerika lerne, mit dem Virus zu leben.

Das löste eine scharfe Reaktion des 77-jährigen Bidens aus: «Die Leute lernen, damit zu sterben!» Auf den Vorwurf, er übernehme keine Verantwortung für die Krise entgegnete Trump: «Ich übernehme die volle Verantwortung. Es ist nicht meine Schuld, dass es hierher bekommen ist. Es ist nicht Joes Schuld. Es ist Chinas Schuld.»

Buhlen um Stimmen der Schwarzen

Der bei Schwarzen populäre Biden bekräftigte, dass es in Amerika in den Institutionen verankerten Rassismus gebe. Trump bezeichnete er als den rassistischsten Präsidenten. «Er giesst in jedes einzelne rassistische Feuer Öl.»

Der Präsident wiederholte seine Behauptung, dass niemand mehr als er für schwarze Amerikaner getan habe – mit Ausnahme von Präsident Abraham Lincoln mit der Abschaffung der Sklaverei. «Ich bin die am wenigsten rassistische Person in diesem Raum», sagte er – direkt neben der Moderatorin, der Afroamerikanerin Kristen Welker.

Beim Thema Aussenpolitik betonte Trump abermals, dass es in seiner Amtszeit entgegen Warnungen seines Vorgängers Barack Obama keinen Krieg mit Nordkorea gegeben habe. Biden entgegnete: «Wir hatten ein gutes Verhältnis zu Hitler, bevor er in Europa einfiel.» Trump hielt ihm vor, in seinen acht Jahren als Vizepräsident eine zu schwache Aussenpolitik betrieben zu haben.

«Windräder töten alle Vögel»

Biden reagierte mehrfach mit ungläubigem Lachen, unter anderem als Trump davon sprach, dass Windräder «alle Vögel töten». Der Herausforderer betonte: «Der Klimawandel, die Erderwärmung sind die nächste existenzielle Bedrohung für die Menschheit.» Er werde deshalb dem Klimaabkommnen von Paris wieder Beitreten, aus dem die USA unter Trump ausgetreten waren.



Das erste TV-Duell der beiden Kandidaten Ende September war im Chaos versunken. Vor allem Trump fiel Biden immer wieder ins Wort und liess ihn nicht ausreden. Biden bezeichnete Trump im Gegenzug unter anderem als «Rassisten», «Lügner», «Putins Welpen» und «den schlechtesten Präsidenten, den Amerika je hatte».

Eine ursprünglich für Anfang Oktober geplante zweite Debatte platzte nach der Covid-19-Erkrankung des Präsidenten. Die Wahl findet am 3. November statt.

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