Die ganz grosse Konfrontation zwischen den USA und der EU ist vorerst abgesagt. Hat US-Präsident Donald Trump im Handelsstreit kalte Füsse bekommen? Oder gab es vielleicht doch Zugeständnisse? Und was macht nun China?
Von diesem Freitag an erheben die USA Schutzzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Die EU und einige andere Staaten wurden allerdings kurzfristig doch noch ausgenommen. Somit werden auf weit mehr als die Hälfte aller Stahlimporte in die USA derzeit keine erhöhten Zölle erhoben. Die Befreiung ist jedoch nur bis 1. Mai befristet. Dagegen wehren sich die EU-Staaten.
Welche Länder werden von diesem Freitag an zur Kasse gebeten?
Die Zölle gelten weiterhin für alle Länder, mit Ausnahme von Kanada, Mexiko, Australien, Argentinien, Südkorea sowie den 28-EU-Ländern. Allerdings können in den USA ansässige Unternehmen wiederum Ausnahmen beantragen, wenn die für ihre Produktion benötigten Stahlprodukte entweder gar nicht, nicht in ausreichender Menge oder nicht in ausreichender Qualität in den USA hergestellt werden. Hunderttausende Anträge auf solche Sondergenehmigungen werden erwartet. Der von Trump anfangs öffentlichkeitswirksam zur Schau gestellte Effekt für die heimische Stahlindustrie und deren Arbeitsplätze dürfte somit minimal ausfallen.
Gab es auch in den USA Widerstand gegen die Zölle?
Ja - und er war und ist vehement. Viele Ökonomen argumentieren, die Zölle schadeten der eigenen Wirtschaft. Stahl- und Aluminiumprodukte, die Rohstoffe etwa zur Herstellung von Autos oder auch Getränkedosen, würden teurer, wenn kein Billigstahl mehr zur Verfügung steht. Dies senke die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Hersteller. Andere Branchen fürchten die Wirkung von Vergeltungszöllen. Selbst die sonst sehr zurückhaltende US-Notenbank äusserte sich zur Handelspolitik - eine Rarität.
Warum wurde die EU-Staaten in letzter Minute von den Zöllen ausgenommen?
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nennt das geeinte Auftreten der EU und «starke Argumente» als mögliche Gründe. Die Verhandlungsführerin der EU hatte in ihren Krisengesprächen mit US-Regierungsvertretern zuletzt immer wieder darauf verwiesen, dass vor allem von China verursachte Überkapazitäten Ursache der Probleme seien. Zudem drohte sie mit EU-Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Whiskey, Motorräder und Jeans und warnte vor den möglicherweise verheerenden Konsequenzen eines Handelskriegs. Die Zölle seien nicht mit nationalen Sicherheitsinteressen zu erklären. Die Zölle seien zudem nicht mit nationalen Sicherheitsinteressen zu erklären.
Sind auch andere Gründe denkbar?
Theoretisch schon. In den Gesprächen sollen die USA zunächst Bedingungen für eine Ausnahmeregelung gestellt haben. Die Europäer sollten ihre Exporte in die USA auf dem Niveau des Jahres 2017 einfrieren, stärker gegen Dumpingstahl aus China vorgehen und mehr für Rüstung ausgeben, hiess es. Malmström weist jedoch Gerüchte über mögliche Zugeständnisse der Europäer vehement zurück. «Es gibt keinen geheimen Deal mit den Amerikanern», sagte sie am Donnerstag im EU-Parlament. Die EU verhandele nicht unter «Druck oder Drohungen».
Wie geht es jetzt weiter?
Die EU und die USA haben sich auf die Einrichtung von Arbeitsgruppen geeinigt, in denen über die Streitthemen, aber auch über ein mögliches gemeinsames Vorgehen in Bereichen wie Investitionsschutz und Überkapazitäten gesprochen werden soll. Details sind allerdings noch unklar. Als Zeitrahmen wird von US-Seite zunächst Ende April genannt. Danach könnten die Zölle auf Dauer ausgesetzt bleiben, oder aber auch nachträglich in Kraft treten.
Die Weltmacht China wird jetzt zu einer Art Blitzableiter. Wie reagiert Peking?
Trump hat nicht nur Stahlzölle gegen China angekündigt, sondern will auch andere Massnahmen im Volumen von etwa 60 Milliarden US-Dollar gegen die zweitgrösste Volkswirtschaft verhängen. Peking antwortete darauf am Freitag mit Plänen für Vergeltungszölle im Umfang von zunächst 3 Milliarden Dollar. Insgesamt könnten 128 Produkte, darunter Schweinefleisch, Stahlrohre, Früchte und Wein mit Zöllen belegt werden. «Unter keinen Umständen wird China sich zurücklehnen. Wir sind bereit, unsere legitimen Interessen zu verteidigen», teilte Chinas Handelsministerium mit. Während sich die Lage zwischen Brüssel und Washington entspannt, nimmt der Handelskonflikt der zwei grössten Volkswirtschaften USA und China damit erst richtig Fahrt auf.
Auch das gehört zu Donald Trumps Führungsstil: Der US-Präsident entlässt oder vergrault einen Mitarbeiter nach dem anderen. Eine Auswahl.
10. September 2019: Der Nationale Sicherheitsberater John Bolton wird entlassen. Bolton betont, er habe seinen Rücktritt angeboten, Trump erklärt, er habe ihn zum Rücktritt aufgefordert.
31. August 2019: Madeleine Westerhout, die persönliche Assistentin Trumps, räumt überraschend ihren Posten. Sie habe mit Reportern über seine Familie gesprochen, sagt der Präsident.
28. Juli 2019: Trump kündigt an, dass der Geheimdienstkoordinator Dan Coats seinen Posten am 15. August verlassen wird. Wenige Tage später teilt er mit, dass auch die stellvertretende Geheimdienstkoordinatorin Sue Gordon ihren Posten abgeben wird.
12. Juli 2019: Über die Affäre Epstein gestolpert: US-Arbeitsminister Alexander Acosta (rechts) bei der Bekanntgabe seines Rücktritts durch Präsident Donald Trump.
18. Juni 2019: Der geschäftsführende Verteidigungsminister Patrick Shanahan gibt bekannt, dass er das Amt nicht dauerhaft leiten will. Hintergrund waren offenbar Berichte über Gewalt in seiner Familie.
13. Juni 2019: Trump twittert, dass seine Pressesprecherin Sarah Sanders zum Monatsende ihr Amt aufgeben wird.
8. April 2019: Das Weisse Haus verkündet, dass auch der Direktor des Secret Service, Randolph Alles, abtreten wird – der Chef jener Behörde also, die unter anderem für den Schutz hochrangiger Politiker zuständig ist und dem Heimatschutzministerium untersteht.
7. April 2019: Die Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen verlässt die Regierung. Trump soll unzufrieden mit ihrem Einsatz für Grenzsicherung gewesen sein.
20. Dezember 2018: Ein Bild, das Bände spricht: US-Verteidgungsminister James Mattis schaut ziemlich resigniert drein. Am 20. Dezember 2018 reichte er seinen Rücktritt ein, weil er Trumps unberechenbare Aussenpolitik nicht mehr mittragen wollte. Ein Nachfolger soll spätestens Ende Februar 2019 vereidigt werden.
15. Dezember 2018: Mitte Dezember 2018 kam für Innenminister Ryan Zinke das Aus. Er war im März 2017 vom Senat im Amt bestätigt worden und gehört damit zu den Ministern, die sich sehr lange unter Trump haben halten können.
8. Dezember 2018: Trump kündigt den Anfang Dezember den Abgang von Stabschef John Kelly an. Kelly ist bereits der zweite Stabschef in Trumps Amtszeit als US-Präsident, der seinen Hut nehmen musste. Trumps Wunschkandidat für die Kelly-Nachfolge, Nick Ayers, kündigt eine Tag später seinen Rückzug aus dem Weissen Haus an.
7. November 2018: Nur einen Tag nach den Kongresswahlen in den USA musste US-Justizminister Jeff Sessions seinen Posten räumen. Trump hatte ihn immer wieder kritisiert. Hintergrund ist, dass sich Sessions wegen Befangenheit aus den Russland-Ermittlungen rausgehalten hatte.
9. Oktober 2018: Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, kündigt überraschend ihren Rücktritt von dem einfkussreichen Posten an.
21. August 2018: Lange war Michael Cohen als «Ausputzer» von Donald Trump bekannt - als der Anwalt, der seinem Mandanten alle Probleme aus dem Weg räumte. Er räumte vor Gericht ein, unter anderem gegen Gesetze verstossen zu haben, die Wahlkampffinanzierungen regeln. Vom jahrelangen Verbündeten ist der Anwalt zu einer möglichen Bedrohung für Trump geworden.
22. März 2018: John Dowd (Archivbild), Trumps führender Anwalt für die Russland-Ermittlungen, tritt zurück.
13. März 2018: Trump verkündet auf Twitter, dass Aussenminister Rex Tillerson (l.) seinen Posten räumen müsse. Spekulationen gab es schon länger.
6. März 2018: Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn kündigt seinen Rückzug an. Er war gegen von Trump angedrohte Strafzölle.
28. Februar 2018: Der Abgang von Kommunikations-Chefin Hope Hicks kommt für Donald Trump zur Unzeit.
18. August 2017: Trumps Chefstratege und früherer Wahlkampfchef Steve Bannon verlässt das Weisse Haus.
28. Juli 2017: Trumps Stabschef Reince Priebus verlässt seinen Posten. Er sagt, freiwillig. Andere sagen, Trump habe ihn gefeuert.
21. Juli 2017: Nach turbulenten sechs Monaten im Weissen Haus tritt der umstrittene US-Präsidentensprecher Sean Spicer zurück.
9. Mai 2017: Trump entlässt den FBI-Chef James Comey, eine folgenreiche Sensation. Die Russland-Affäre nimmt an Fahrt auf.
13. Februar 2017: Nach nur 23 Tagen im Amt tritt Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn zurück. Er ist in die Russland-Affäre über eine etwaige Wahlbeeinflussung verstrickt.
30. Januar 2017: Sie ist das erste Opfer der Trump-Regierung: Bereits wenige nach Trumps Vereidigung muss Justizministerin Sally Yates gehen, nachdem sie sich kritisch über das Einreiseverbot für Bürger aus sieben überwiegend muslimischen Ländern geäussert hatte. Auf Facebook schrieb Trump damals, Yates habe «das Justizministerium verraten».
EU droht USA mit Zöllen auf Harley-Davidson und Jack Daniels
EU droht USA mit Zöllen auf Harley-Davidson und Jack Daniels
Gibt es bald einen Handelskrieg zwischen der EU und den Vereinigten Staaten?
Möglich ist das, wenn die geplanten Zölle auf Stahl und Aluminium auch europäische Unternehmen treffen. Dann will die EU mit Gegenzöllen auf Produkte aus den USA reagieren (Symbolbild).
Betroffen sollen dann vor allem Produkte sein, die für die Wahlkreise von Unterstützern des Präsidenten wirtschaftlich interessant sind, wie zum Beispiel Harley-Davidson mit Sitz in Wisconsin (Symbolbild).
Objekt möglicher Gegenzölle: Bourbon Whiskey von Jack Daniels. (Archiv)
Der US-Handelsminister hatte sich bei Präsident Donald Trump für eine Reduktion der Stahl- und Aluminiumimporte in die USA ausgesprochen (Archivbild).
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